Bei den US-Zwischenwahlen am Dienstag fürchten die Demokraten einen Triumph der Republikaner. Aus gutem Grund. Traditionelle Links-Parteien haben zunehmend den Draht zur Arbeiterklasse und zu den Mittelschichten verloren. Das gilt auch für die Demokraten in den USA, obwohl gerade von dort traditionell ihre Wähler gekommen sind, unterstreicht der Politikwissenschaftler Ralph Schöllhammer (Webster University).

Joe Bidens Team überschätzt Themen wie Anti-Rassismus

Joe Biden und sein Wahlkampfteam unterschätzten die Bedeutung von Patriotismus und Religion bei ihren Wählern, hält der Politologe in einem Beitrag für das Magazin „Der Pragmaticus“ fest. „Religion und Patriotismus – Werte, die besonders von vielen Republikanern hochgehalten werden – ziehen zunehmend Minderheiten (darunter viele Latinos) an“, erläutert Schöllhammer, der auch regelmäßig Studio-Gast bei eXXpressTV ist.

Fühlen sich von den Eliten im Stich gelassen: die Unterstützer von Trump.Michael B. Thomas/Getty Images

Gleichzeitig würde die progressive Linke rund um Biden Themen wie Antirassismus systematisch überbewerten. Es finde „eine Entfremdung klassischer demokratischer Wählergruppen von ihrer Partei statt. Der Grund: deren elitäre Abgehobenheit, die weder Arbeiterklasse noch Minderheiten repräsentiert.“

Ralph Schöllhammer ist regelmäßiger TV-Gast im eXXpress-Studio.eXXpressTV

Republikaner punkten zunehmend bei ethnischen Minderheiten

Entgegen den Erwartungen habe gerade der „Trumpismus“ die Republikanische Partei für Minderheiten geöffnet. „Während das Rassismus-Thema in den USA noch immer wichtig ist, nimmt innerhalb vieler ethnischer Communitys die Ansicht zu, dass das Interesse der Demokraten nur wahltaktisch ist, aber sich zu selten in tatsächlicher Politik niederschlägt. In den Minderheitenvierteln der Großstädte hat die Kriminalität massiv zugenommen“, analysiert Schöllhammer.

Es sind nicht nur alte weiße Männer, die der Trumpismus anspricht.APA/AFP/STEPHEN ZENNER

Die Konsequenz: „Besonders in den wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsschichten – in denen auch ethnische Minderheiten am stärksten vertreten sind – wirkt der Kurs Bidens elitär“. Die Republikaner können gerade bei Afroamerikanern und Latinos an Popularität zulegen. „Obwohl die Republikaner landesweit bei Schwarzen und Hispanics immer noch weit zurückliegen, geht der Trend in ihre Richtung, wie selbst die ‚New York Times‘ zugeben musste.

Popularitätswerte von Joe Biden im Sinken

Bei den Latinos konnte Trump zwischen 2016 und 2020 acht Prozentpunkte dazugewinnen, „und die spanisch sprechende Community engagiert sich auch immer mehr innerhalb der konservativen Partei.“ Europäische Kommentatoren, die von einem „weißen christlichem Nationalismus“ sprechen, übersähen, „dass vor allem Religion und Patriotismus bei vielen Minderheiten wichtige Werte sind.

Entsprechend schlecht sind die Popularitätswerte von US-Präsident Joseph R. Biden. Mit einer Zustimmungsrate von 55 Prozent ist er ins Amt gestartet, mittlerweile aber auf nur mehr knapp 40 Prozent zurückgefallen.

Alle Umfragen sehen Bidens Abstieg.FiveThirtyEight

Das alles werde sich bei den kommenden Midterm-Wahlen in den USA niederschlagen. Sie seien auch wichtig für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024.