Der Wiener Rechnungsabschluss für das Jahr 2020 weicht in einem historischem Ausmaß vom ursprünglichen Budgetvoranschlag ab. Statt dem erwarteten ausgeglichenen Haushalt wird die Coronapandemie für ein Defizit von 1,1 Mrd. Euro sorgen – bei einem Budgetvolumen von 14,9 Mrd. Euro. Das berichtete Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Montag im Gespräch mit der APA. Immerhin: Zuletzt war ein noch größeres Minus prognostiziert worden.

“Das Defizit ist um 200 Mio. Euro geringer als ursprünglich prophezeit”, erläuterte der Ressortchef. Möglich gemacht hätte dies ein “effizienter” Budgetvollzug. So sei etwa magistratsintern auf Investitionen verzichtet worden bzw. diese verschoben worden, wenn es sich nicht um nachfragewirksame Ausgaben gehandelt hätte. Trotzdem bleibt unter dem Strich ein Einbruch, der 2020 als einzigartiges Krisenjahr ausweist. Die Auswirkungen seien fünf Mal stärker als jene der Finanzkrise 2008/2009, hieß es. “Und auch damals haben uns die Folgen noch jahrelang beschäftigt”, verwies Hanke auf die, wie er befand, weiter herausfordernde Situation in den kommenden Jahren.

Massiver Rückgang der Steuereinnahmen durch Corona

Das Jahr 2020 war in Sachen Stadtfinanzen vor allem von einem massiven Rückgang bei den Steuereinnahmen geprägt. Die Bruttowertschöpfung Wiens brach um 6,2 Prozent ein. Für das Wachstumsminus ist vor allem ein Einbruch bei den Dienstleistungen verantwortlich, also im Tourismus oder in der Kultur- und Freizeitwirtschaft. Zugleich gingen die Ertragsanteile des Bundes stark zurück. Hier betrugen die Steuerausfälle für Wien rund 780 Millionen Euro. Auch Wien selbst habe Gebühren – wie etwa jene für die Parkraumbewirtschaftung – ausgesetzt, betonte Hanke.

Geringeren Einnahmen standen höhere Ausgaben gegenüber. Wien hat laut eigenen Angaben rund 50 Corona-Hilfsmaßnahmen auf Schiene gebracht. Deren Volumen wurde mit 600 Millionen Euro angegeben. Als wichtige Unterstützung bezeichnete Hanke hier das kommunale Investitionspaket für die heimischen Gemeinden.

Planänderung beim Schuldenstand

Dass 1,1 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen werden mussten, änderte auch die Pläne in Sachen Schuldenstand. Der ist nun doch deutlich gewachsen – mit Stand Dezember 2020 auf 7,8 Milliarden Euro. Noch 2019 habe er durch das damals erzielte Nulldefizit auf 6,7 Milliarden Euro gesenkt werden können, erinnerte der Stadtrat an die wirtschaftlich günstigen Jahre vor dem großen Corona-Einbruch.

Dass in den Boom-Zeiten Rücklagen gebildet wurden, hat laut Hanke bei der Krisenbewältigung geholfen. Beendet ist diese noch nicht, warnte er. Die nächsten zwei, drei Jahren werden laut dem Stadtrat noch schwierig. Darum wurden erneut Rücklagen angelegt, der entsprechende Topf wurde von 1,8 auf 1,9 Milliarden Euro vergrößert. In den kommenden Jahren wird laut Hanke vor allem die Unterstützung des Arbeitsmarktes im Fokus stehen. Hier habe Wien bereits maßgebliche Initiativen, etwa im Lehrlingsbereich, gesetzt, versicherte er.

Hanke: "Haben den Stresstest Pandemie gut gemeistert"

Wien habe den “Stresstest” Pandemie bisher gut gemeistert, zeigte sich Hanke überzeugt. Der Großteil der Ausgaben – knapp 50 Prozent des Gesamtbudgets – sei in jenen Bereichen gelegen, die während der Coronakrise besonders bedeutsam waren: 2,5 Milliarden Euro flossen in die Gesundheit, 2,2 Milliarden Euro in Sozialmaßnahmen und 2,7 Milliarden Euro in die Bildung. Debattiert und abgesegnet wird der Rechnungsabschluss am 28. und 29. Juni im Gemeinderat.

Für die Wiener ÖVP kommt das Budgetdefizit nicht überraschend. Dieses zeige die finanziellen Verwerfungen in Folge der Pandemie, betonte Finanzsprecher Manfred Juraczka und die nicht amtsführende Stadträtin Isabelle Jungnickel. Allerdings müssten nun die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, um den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort wieder aus der Krise herauszumanövrieren. Bisher habe der “Wiener Weg” immer darin bestanden, sich in Hochkonjunkturzeiten an sprudelnden Einnahmen zu erfreuen und in schlechteren Zeiten über neue Einnahmequellen nachzudenken, beklagte die ÖVP.

In den vergangenen Jahren nur ein einziges Mal "bescheidenen" Überschuss erwirtschaftet

Im vergangenen Jahrzehnt sei nur in einem Jahr ein bescheidener Überschuss erzielt worden: “Darüber hinaus versickerten Steuergelder durch Verschwendung, durch Misswirtschaft und durch mangelnden Reformwillen”, hieß es in einer Aussendung. Nötig seien etwa professionelleres Baumanagement bei Großprojekten oder Strukturreformen im Pensions- und Gesundheitsbereich. (APA/red)

FPÖ-Nepp: "Das gleicht einer Bankrotterklärung"

Für Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp gleicht der Rechnungsabschluss 2020 einer Bankrotterklärung, es sieht “eine in Zahlen gegossene Politik des Missmanagements während der Corona-Krise. Dieser verbriefte Schuldenberg, der auf die schwarz-grünen Fehlentscheidungen auf Bundesebene und der rot-pinken Verschwendungssucht auf Landesebene zurückzuführen ist, sollte als Entlassungsbrief für alle Verantwortungsträger verstanden werden”. Es würden noch viele Generationen daran “kiefeln müssen”, so Nepp in einer Aussendung. (APA/red)