Die wachsenden Spannungen des Westens mit Russland und China werfen ein Schlaglicht auf die Schwachstellen der Wirtschaft dieser beiden Staaten. Denn der internationale Handel wird in der Regel nicht in Rubel oder Yuan, sondern in US-Dollar abgewickelt. Den Regierungen in Moskau und Peking ist diese Abhängigkeit von der Weltleitwährung nicht nur aus politischen Gründen ein Dorn im Auge.

USA können Staaten den Zugang zum Finanzsystem verwehren

Sie laufen darüber hinaus Gefahr, durch die USA von internationalen Finanzströmen abgeschnitten zu werden. Dies würde ihren Volkswirtschaften schaden. Die Bedeutung des Dollar gibt den USA einen überdurchschnittlichen Einfluss auf das weltweite Finanzsystem. Sanktionen gegen ausländische Unternehmen können weitreichende Konsequenzen haben, da die Vereinigten Staaten die weltgrößte Volkswirtschaft und Heimat einiger der weltweit größten Konzerne sind.

Dank des Dollar und der Bedeutung der US-Banken für die weltweiten Finanzströme haben die USA zum Beispiel großen Einfluss auf Swift. Diese in Belgien beheimatete Organisation stellt Tausenden Geldhäusern ein Netzwerk für Finanztransaktionen zur Verfügung. Theoretisch können die USA ihren Einfluss nutzen, um anderen Staaten den Zugang zum weltweiten Finanzsystem zu verwehren.

Hongkongs Regierungschefin konnte kein Konto eröffnen

So beklagte sich Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam im vergangenen Jahr, dass sie kein Konto eröffnen könne, weil die USA sie wegen des Streits um striktere Sicherheitsgesetze in der ehemaligen britischen Kronkolonie mit Sanktionen belegt habe. Sie müsse daher größere Bargeldmengen daheim lagern. Dabei ist Hongkong ein internationales Finanzzentrum.

Auch den Europäern bereitet die Dollar-Abhängigkeit der Weltwirtschaft Probleme. Sie versuchten etwa mit der Tauschbörse Instex, den Handel mit dem Iran aufrechtzuerhalten, nachdem die Islamische Republik im Zuge der einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump mit verschärften Sanktionen belegt worden war.

Peking strebt Handel in Yuan an und eine Alternative zu Swift

Um die Dollar-Abhängigkeit zu reduzieren, versucht China seinen internationalen Handel verstärkt in Yuan abzurechnen. Dazu hat es mit mehreren Partnerländern, unter anderem Russland, Abkommen für Devisen-Tauschgeschäfte geschlossen. Die Regierung in Peking trommelt außerdem für ihre Alternative zu Swift, genannt CIPS. Darüber wurden 2019 Geschäfte im Volumen von umgerechnet 17,5 Milliarden Euro pro Tag abgewickelt. Der Löwenanteil des chinesischen Außenhandels läuft aber weiterhin in Dollar über das Swift-Netzwerk.

Unterdessen reduziert die Regierung in Peking ihre Bestände an US-Staatsanleihen. Dem Washingtoner Finanzministerium zufolge fiel das Volumen im Oktober 2020 auf rund eine Billion Dollar, den niedrigsten Stand seit Jänner 2017. China ist nach Japan der zweitgrößte Gläubiger der USA.

Geschäfte zwischen Russland und China ohne Dollar

Russland versucht seit Jahren, seine Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren. Es verstärkte diese Bemühungen nach der vom Westen verurteilten Annexion der Krim 2014. Ähnlich wie China stellte auch die Regierung in Moskau eine Swift-Alternative auf die Beine – SPFS. Außerdem etablierte sie das Kartenzahlungssystem MIR.

Gleichzeitig versuchen Russland und China, bei bilateralen Geschäften verstärkt auf die Abrechnung in Dollar zu verzichten. In den ersten drei Quartalen 2020 wurden der russischen Notenbank zufolge 61 Prozent aller Geschäfte mit dem Nachbarn in der Weltleitwährung abgerechnet. Im Jahr 2013 habe die Quote noch bei 90 Prozent gelegen.

Parallel dazu teilte der russische Staatsfonds im Februar mit, nun auch in Yuan und japanische Yen zu investieren. Damit solle das Portfolio stärker diversifiziert werden.

Nur zwei Prozent der Zentralbank-Devisenreserven in Yuan

Dem Internationalen Währungsfonds zufolge werden 56 Prozent aller Zentralbank-Devisenreserven in Dollar gehalten. Mit 19 Prozent folge der Euro auf Platz zwei. Die Quote für Yuan-Reserven liege gerade einmal bei zwei Prozent. Allerdings gehen die Experten der Bank Morgan Stanley davon aus, dass dieser Wert bis 2030 auf zehn Prozent steigt.

Aus Furcht vor einem Ausschluss Chinas von Dollar-Geschäften verstärkt die Regierung in Peking ihre Bemühungen zur Internationalisierung des Yuan. So rief die People’s Bank of China (PBoC) Geldhäuder unlängst dazu auf, den Handel in Yuan auszubauen und bei Direktinvestitionen im Ausland verstärkt auf lokale Währungen zu setzen. Außerdem verstärkt China seine Anstrengungen beim Aufbau einer eigenen digitalen Währung. (APA/Red)