Mitglieder des Kreml-kritischen Kollektivs hatten am Rande der Olympischen Winterspiele in Sotschi ein neues Lied gespielt, als sie von Kosaken angegriffen wurden, die sie schubsten, auspeitschten und ihnen Pfefferspray ins Gesicht sprühten, wie der EGMR am Dienstag in der Urteilsbegründung mitteilten.

Die Pussy-Riot-Mitglieder hätten sich bei der Polizei über die Gewalt beschwert, es sei jedoch “nie ein Strafverfahren eingeleitet” worden, bemängelte der Straßburger Gerichtshof. Die Kosaken, die bei den Winterspielen die Polizei unterstützt hatten, werden laut EGMR bei solchen Einsätzen vom russischen Staat finanziert und streng kontrolliert. Daher sei der russische Staat auch für die ungerechtfertigte Gewalt und die “erniedringende Behandlung” sowie die verursachten Schmerzen und Verletzungen der Band-Mitglieder verantwortlich.

Russland muss gemäß des Urteils den fünf Klägerinnen und Kläger von Pussy Riot daher jeweils 15.000 Euro Schmerzensgeld und 7200 Euro für Kosten und Auslagen zahlen. Russland wurde 2022 wegen seines Angriffkriegs auf die Ukraine aus dem Europarat ausgeschlossen, ist aber weiterhin verpflichtet, Urteile des EGMR im Zusammenhang mit Handlungen oder Versäumnisse vor dem 16. September 2022 umzusetzen.

Die Punkgruppe ist bekannt für spontane Aktionen und Protestsongs, mit denen sie die russische Führung von Kremlchef Wladimir Putin kritisieren, sowie ihre bunten Sturmhauben. Sie pocht regelmäßig auf die Einhaltung der Menschenrechte in Russland, den Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert sie scharf. Für ihre Arbeit ist die Gruppe mehrmals ausgezeichnet worden, in diesem Jahr in den USA mit dem Woody-Guthrie-Preis.

Erst im August des Vorjahres hat die Punk-Protest-Band in einem Interview mit dem „Tageszeiger“ eindringlich vor Wladimir Putin gewarnt: “Glaubt ja nicht, dass Putin bei der Ukraine haltmacht. Wenn ihr Putin lässt, marschiert er bis nach Berlin. Es gibt genügend Pläne für ein neues großrussisches Reich. Wollt ihr das riskieren?”

Pussy Riot war mit einer Protestaktion 2012 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale bekannt geworden. Dort führte die Gruppe ein “Punk-Gebet” auf, in dem sie Kreml-Chef Wladimir Putin offen kritisierte. Mehrere Bandmitglieder wurden anschließend zu Haftstrafen verurteilt. Inzwischen lebt die Band im Exil.