Es ist eine hochumstrittener Entscheidung Washingtons, und sie stößt auch innerhalb der NATO auf Kritik. Die USA haben grünes Licht für die Zusendung von Streumunition an die Ukraine gegeben – der eXXpress berichtete.

Nun folgt die Antwort aus Moskau. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärt unverhohlen: Sollte Kiew tatsächlich Streumunition von Washington erhalten, bleibe Russland nichts anderes übrig, als ebenfalls Streumunition einzusetzen. Russland sehe sich gezwungen „ähnliche“ Waffen einzusetzen, sagte Schoigu, sollten die USA an die Ukraine Streumunition liefern.

Verteidigungsminister Sergej Schoigu (2.v.r.) beim Besuch einer Militärfabrik in Tatarstan, WestrusslandAPA/AFP/Russisches Verteidigungsministerium/Vadim Savitsky

Reisner: Beide Seiten haben diese Munitionssorte bereits eingesetzt

Den USA zufolge hat Russland schon bisher Streumunition verwendet. Demgegenüber behauptet Schoigu: Russland besitze Streubomben, habe bisher aber davon Abstand genommen, sie einzusetzen.

Bundesheer-Experte Oberst Markus Reisner unterstreicht auf n-tv: „Beide Seiten haben bereits seit Beginn des Krieges diese Munitionssorte eingesetzt.“ So habe Russland unter anderem den Mehrfachraketenwerfer BM-27, besser bekannt als Uragan, in Kharkiv verwendet. Er stammt aus der Sowjetzeit und befindet sich sowohl im Arsenal der Russen als auch der Ukrainer. „Auch die Ukraine hat begonnen, solche Munition einzusetzen“, sagt Reisner. „Warum? Weil sie sich halt besonders eignen für Truppenkonzentrationen, wo man auf einer großen Fläche eine Wirkung erzielen kann. Das ist auch die Absicht hier.“ Die Ukraine – so die Hoffnung – könnte damit die stark befestigten Verteidigungslinien der Russen durchbrechen.

Oberst Reisner: Streubomben wurden bereits eingesetzt.Bundesheer/Kurt Kreibich

Viele Blindgänger gefährden später Zivilisten

Nun könnte diese Munitionssorte aber noch häufiger und intensiver zum Einsatz kommen. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper – sogenannte Submunition – verstreuen oder freigeben. Hochproblematisch ist der Einsatz aber vor allem aus einem Grund: Ein erheblicher Prozentsatz der Sprengkörper detoniert nicht, sondern verbleibt als Blindgänger vor Ort. Damit gefährdet er nach Ende eines Gefechts auch Zivilisten.

Österreich ist wie mehr als 100 weitere Staaten einem Vertrag zur Ächtung von Streumunition beigetreten – dem sogenannten Oslo-Übereinkommen. Die USA haben das Abkommen ebenso wie die Ukraine und Russland nicht unterzeichnet.

Biden: Es gibt zu wenig Munition

Biden Entscheidung zum Einsatz von Streubomben stößt bei einigen NATO-Partnern auf Kritik. Der britische Premierminister Rishi Sunak unterstrich: Großbritannien habe jene Konvention, die Streumunition verbietet, ebenfalls unterzeichnet. Er rät daher von ihrem Einsatz ab. Auch Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles meldete sich zu Wort: Sie sage zwar Ja zur Verteidigung der Ukraine, aber Nein zu Streubomben.

Präsident Biden rechtfertigt die Entscheidung mit Munitionsmangel.APA/REUTERS/Leah Millis

Auch Joe Biden selbst machte aus seiner Zerrissenheit kein Geheimnis: auch selbst kein Hehl. “Es war eine sehr schwierige Entscheidung für mich”, sagte der US-Präsident in einem CNN-Interview am Sonntag: “Es hat eine Weile gedauert, bis ich überzeugt war.”

Doch nun wird Washington der Ukraine umstrittene Streumunition liefern. Der Grund ist ebenfalls brisant: „Der Ukraine geht die Munition aus.“ Und nicht nur ihr. „Dies ist ein Krieg, der mit Munition zu tun hat. Und die Munition geht ihnen aus, und wir haben nur noch wenig davon“, sagte US-Präsident Joe Biden in einem CNN-Interview