Mit dem Migrationspakt wollte die EU ihre verfehlte Migrationspolitik auch den osteuropäischen Mitgliedsstaaten aufzwingen. Quoten hätten festlegen sollen, wie viele Migranten in Ungarn, Polen und anderen Länder aufgenommen werden müssen. Bisher „weigern sich die Osteuropäer standhaft“, an diesem Patk teilzunehmen, sagt Politologe Ralph Schöllhammer (Webster University). Nun könnten sie sich aber damit durchsetzen. Die Ereignisse der vergangenen zwei Wochen und die neue Debatte über Migration zeige es.

Ralph Schöllhammer ist regelmäßig Kommentator auf eXXpressTV

In Polen und Ungarn fühlt man sich mit Kippa noch sicher

Schöllhammer, der auch regelmäßiger Gast auf eXXpressTV ist, unterstreicht in einem Kommentar auf „Brussels Signal“: „Im Gegensatz zu ihren postnationalen und postmodernen westlichen Nachbarn hüten die Länder, die einst zum sowjetischen Einflussbereich gehörten, eifersüchtig ihre nationale und kulturelle Identität.“ Für westliche Eliten sei dies „ein reaktionärer Nationalismus vergangener Zeiten“ gewesen. Doch nun kam es ausgerechnet „in westeuropäischen Großstädten zu massiven pro-palästinensischen und in vielen Fällen auch pro-Hamas-Protesten, die im Osten jedoch auffallend ausblieben“.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban lehnt den EU-Migrationspakt ab – am Ende womöglich doch mit Erfolg.REUTERS/Bernadett Szabo

Was für ein Widerspruch. Die EU bezeichnet den Holocaust als Gründungsereignis ihrer Geschichte, sagt der Politologe. Gleichzeitig wächst hier ein importierter Antisemitismus, der auf Europas Straßen barbarische Terror-Akte bejubelt. „Fühlen Sie sich als Jude in Brüssel, Berlin, London oder Paris sicher?“, fragt Schöllhammer. „Lediglich in vermeintlich ‚rassistischen‘ Ländern wie Polen, Ungarn und einigen anderen wird das Tragen einer Kippa nicht als Aufforderung zur öffentlichen Misshandlung angesehen.“

Nach Jahren der Massenmigration: Wie sicher fühlt man sich noch mit einer Kippa in Berlin, Paris oder Brüssel?

„Es fängt bei den Juden an, aber es hört nie bei ihnen auf“

Deshalb werden die Ereignisse der vergangenen zwei Wochen nicht folgenlos bleiben, ist der Politologe überzeugt: „Niemand nimmt dich ernst, wenn du ständig über den letzten Holocaust sprichst und gleichzeitig deine Grenzen für diejenigen öffnest, die bereit sind, den nächsten zu begehen.“ Darauf würden Warschau und Budapest auch hinweisen.

Anti-Israel-Sprechchöre sogar vor dem Stephansdom – und die Polizei kann es nicht verhindern.

Wichtig ist aber vor allem eins: „Es fängt vielleicht bei den Juden an, aber dort hört es nie auf.“ Die jüngsten Terroranschläge zeigen es: In Brüssel hat ein abgelehnter Asylwerber aus Tunesien zwei schwedische Touristen erschossen. In Frankreich hat ein tschetschenischer Islamist einen Lehrer erstochen. Einmal mehr zeigten die Fälle, wie verfehlt die Migrationspolitik der EU ist: „Beide Angreifer waren den belgischen und deutschen Behörden bekannt, doch wenn jemand einmal in Europa ankommt, verlässt er das Land nie wieder.“

Migrationsdebatte verschiebt sich: Berlin, Brüssel, Paris in Erklärungsnot

Somit entpuppe sich der „Migrationspakt“, auf den die EU alle Mitgliedsstaaten einschwören möchte, „als trojanisches Pferd zur Umsetzung verfehlter westlicher Migrationspolitik im Osten“.

Für Ralph Schöllhammer steht fest: „Die Idee der Europäischen Kommission für einen Migrationspakt, der oft nicht von einer Politik der offenen Grenzen zu unterscheiden ist, wird enden. Es ist noch nicht vollständig sichtbar, aber die vergangenen Tage haben den moralischen Standpunkt in der Migrationsdebatte verschoben. Deutschland, Belgien, Schweden oder Frankreich können nun nicht mehr behaupten, sie hätten eine bessere Einwanderungspolitik als beispielsweise Polen oder Ungarn.“