Die NATO hat den Rückzug ihrer Mission aus Afghanistan gestartet. “Dieser Abzug hat begonnen”, sagte ein NATO-Vertreter am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Die NATO war mit ihrem Einsatz “Resolute Support” zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte bisher noch mit rund 9600 NATO-Soldaten am Hindukusch, darunter rund 1100 deutsche Bundeswehrsoldaten.

Das österreichische Bundesheer ist mit 16 Soldaten an der NATO-geführten Ausbildungsmission RSM (Resolute Support Mission) in Afghanistan beteiligt. Die Planungen für den Abzug der österreichischen Soldaten laufen “in enger Abstimmung mit unserem Bündnispartner Deutschland”, hatte Verteidigungsministeriums-Sprecher Michael Bauer unlängst auf APA-Anfrage erklärt.

Die Gewalt in Afghanistan nimmt bereits zu

In Afghanistan meldet die Regierung eine deutliche Zunahme der Gewalt seit Bekanntgabe der NATO-Truppenabzugspläne vor zwei Wochen. Hochrangige Regierungsvertreter sprachen am Donnerstag von Hunderten von Toten im Zuge von verstärkten Angriffen der radikalislamischen Taliban. Diese versuchten nun ihre Macht zu demonstrieren und Geländegewinne zu erzielen.

Sicherheitskreisen zufolge wurden bei Gefechten in den vergangenen 15 Tagen etwa 120 afghanische Sicherheitskräfte getötet sowie 65 Zivilisten und mehr als 300 Taliban-Kämpfer. “Wir befinden uns schon mitten in der jährlichen Frühlingsoffensive der Taliban”, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter. Ein Taliban-Sprecher wies die Darstellung der Regierung in Kabul zurück, dass die Attacken der Extremisten zu Opfern in der Zivilbevölkerung geführt hätten. Diese seien vielmehr auf das Vorgehen der Streitkräfte zurückzuführen.

Deutschland sichert weitere Unterstützung zu

Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat Afghanistan bei einem Überraschungsbesuch in Kabul Unterstützung auch für die Zeit nach dem NATO-Truppenabzug zugesagt. “Deutschland bleibt ein verlässlicher Partner an der Seite der Menschen in Afghanistan”, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag nach seiner Ankunft. Einen Rückfall “in alte Zeiten wollen wir unbedingt verhindern.” Laut “Spiegel” befürchtet man in Berlin jedoch eine Verschlechterung der Sicherheitslage am Hindukusch.

Aus einem vertraulichen Bericht geht laut dem deutschen Nachrichtenmagazin hervor, dass die deutsche Regierung mit “einer weiteren, erheblichen Verschlechterung der Sicherheitslage” in Afghanistan rechnet, sollte “keine Einigung mit den Taliban über Art, Umfang und verlängerte Dauer der Präsenz internationaler Streitkräfte” erzielt werden. Der Bericht soll das Ergebnis einer gemeinsamen Delegation von Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium sein, die Anfang März vier Tage lang die Lage in Kabul sondierte. “Internationale Organisationen könnten wieder Ziel von Hochwertanschlägen werden”, heißt es dort. (APA/red)