Teuer, intransparent und ineffizient: Das ist vielfach die heimische Verwaltung, kritisiert der Ökonom Lukas Sustala im Gespräch mit dem eXXpress. Gerade die Corona-Pandemie habe das offen gelegt. Das Beispiel Dänemarks zeige: Eine digitale Verwaltung ermögliche “smarte Lösungen” abseits von “Holzhammer-Lockdowns”. Sustala leitet seit knapp einem Jahr die Parteiakademie der Neos, kurz: Neos Lab.

Im internationalen Vergleich war der Lockdown hart

Die Mängel zeigten sich speziell daran, “wie desaströs wir in die zweite Welle geschlittert sind. Trotz gut ausgebautem Gesundheitssystem und großem Verwaltungsapparat haben wir im internationalen Vergleich eine sehr lange Zeit im harten Lockdown verbracht.”

Tatsächlich haben die Österreicher im Corona-Jahr ihre Mobilität stark eingeschränkt. Das belegen die diesbezüglichen Daten zu öffentlichem Verkehr, Arbeitsplätzen sowie Handel und Freizeit: Schweizer und Dänen mussten weit weniger Einschränkungen erdulden. Beide Länder sind auch beim Impfen sehr rasch und beide haben eine modernere Verwaltung.

"Wer nichts weiß, muss alles schließen"

Bereits vor der Impfung hat sich Sustala zufolge eines besonders gezeigt: “Effektives TTI (Testen, Tracing, Isolating) sind wichtig, um Geschäfts- oder Schulschließungen zeitlich oder regional möglichst zu begrenzen.” Nur müsse man dazu auch in der Lage sein, das Infektionsgeschehen genau mit Daten zu beobachten. Erst das ermögliche “die smarteren Lösungen statt den Holzhammer-Lockdowns. Infektionsgeschehen dort verhindern, wo es wirklich passiert und nicht mit einer breiten Schließung auch noch enorme Kollateralschäden verursachen.”

Bis zuletzt gab es in Österreich “eine unklare Datenlage zur Verfügbarkeit von Intensivkapazitäten. In der Pandemie gilt: Wer nichts weiß, muss alles schließen.” Wie hilfreich eine moderne, digitale Verwaltung ist, zeige vor allem Ost-Asien, allerdings könne sich Österreich auch an europäischen Ländern orientieren.

Dänemark: Forscher können mit Daten rasch arbeiten

Auch die öffentliche Hand kann mit Daten smart umgehen, das zeige etwa Dänemark, sagt Sustala: “Das hat man nicht nur am frühen Einsatz breiter Tests gesehen, sondern auch daran, dass das Land mit weniger harten Lockdown-Maßnahmen durch die Pandemie gekommen ist.”

Österreich habe zwar Digitalisierungsschritte gesetzt – siehe Finanzonline –, aber: “In Dänemark gibt es eine klare Datenstrategie, Forscher können mit den Daten rasch arbeiten und die Verwaltung kann mithilfe der Erkenntnisse effektiver agieren. So könnte man zum Beispiel die Wirtschaftshilfen treffsicherer, die Daten zu Intensivbetten oder dem Impffortschritt endlich nachvollziehbar gestalten.”

Contact Tracing: "System wurde schnell überfordert"

Die Wichtigkeit einer digitalen Verwaltung für das Contact Tracing zeige sich am Beispiel Finnlands. “Dort hat man relativ rasch evaluiert, wie viele Mitarbeiter sie für ein funktionierende Kontaktnachverfolgung brauchen. Bei uns wurde das System hingegen extrem schnell überfordert. Und vor allem in asiatischen Ländern wurden digitale Werkzeuge dafür effektiv genutzt, wie Erhebungen zeigen. Da haben die europäischen Länder insgesamt keine gute Figur gemacht. Aber es ist kein Wunder, dass etwa Dänemark schneller bei der Einführung des Corona-Passes ist, was natürlich die Wahrscheinlichkeit von Lockdowns senkt.”

Defizite in Verwaltung durch Steuergeld zugedeckt

“Die Pandemie hat schonungslos offengelegt, dass wir Defizite in der Verwaltung in guten Konjunkturzeiten einfach mit viel Steuergeld zugedeckt haben”, unterstreicht Sustala. Die Verwaltung in Österreich brauche einen “Effizienz-Turbo”, vor jetzt, wo wegen der Pandemie die Steuereinnahmen  deutlich wegbrechen und Ausgaben für Förderungen und Subventionen explodiert sind.

Nach wie vor tappe die Politik im Dunkeln: “Wie treffsicher das alles ist, wissen wir nicht, weil die Verwaltung und die unterschiedlichen Ebenen gerne intransparent agieren. Studien legen aber nahe, dass wir schon vor der Covid-19-Pandemie viel Geld in die Hand genommen haben, für teils eher durchwachsene Resultate. Die Potenziale für Effizienzsteigerungen in der Verwaltung sind milliardenschwer.”

Digitale Schulbildung: Finnland hat eigene App

Die Wichtigkeit einer Umstellung zeige sich auch im Bildungssektor. Zwar habe sich in der Pandemie hier einiges bewegt. “Wir sind aber noch immer meilenwert davon entfernt, wie in Finnland ein landesweites App zu haben, um Aufgaben, Lernfortschritte und Kommunikationsmöglichkeiten anzubieten. Lerndefizite in der Pandemie werden durch besonders lange Schließ-Zeiten, wenig digitale Weiterbildung für Lehrer und kaum strategischen Ausbau digitaler Infrastruktur in Österreich größer sein als anderswo.”

Es sei müßig über “die vertane Chance” einer gemeinsamen europaweiten Corona-App zu diskutieren. Sustala drängt auf eine rasche Umsetzung des geplanten grünen Passes – “nicht nur um im Sommer Öffnungen zu ermöglichen, sondern auch um im Herbst 2021 jedenfalls weitreichende Schließungen und Holzammer-Lockdowns zu verhindern.”

Intransparenz vor allem im Gesundheitswesen

"Im Gesundheitswesen sind die Finanzströme schon lange vor Corona undurchsichtig und überkomplex gewesen, die Grafik des Rechnungshofberichts etwa belegt."

Abseits von Corona-Zeiten gehörten zu den größten Defiziten der öffentlichen Verwaltung Intransparenz und unklare Verantwortlichkeiten. “Im Gesundheitswesen etwa sind die Finanzströme schon lange vor Corona undurchsichtig und überkomplex gewesen.” Oft tragen unklare Kompetenzverteilungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden dazu bei, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Im manchen Fällen werden deswegen Dinge doppelt und dreifach gemacht, in anderen Fällen bleiben sie liegen. Versuche wie die Transparenzdatenbank, um Transparenz in das öffentliche Handeln zu bekommen, werden mit Zähnen und Klauen abgewehrt, was die Kosten und damit die Steuerlast unnötig hoch hält.