War es eine tatsächlich nötige Ermittlungstätigkeit der Justiz – oder doch “ein politisches Attentat” am Ex-Kanzler und an seinen engsten Mitarbeitern, nach dem Vorbild und nach ähnlichem Drehbuch wie die Ibiza-Video-Staatsaffäre?

Dieser Video-Coup – oder vielmehr die Hysterie, die damit erzeugt worden ist – stürzte bereits im Mai 2019 eine bürgerlich-rechte Bundesregierung und kostete FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Vizekanzler-Job und uns allen aufgrund des dann folgenden monatelangen Entscheidungsstillstands und aufgrund der zusätzlichen Wahlen viel Geld.

Bei den Recherchen zum Fall “Beinschab-Umfragen”, in dem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz als Beschuldigten führt, fallen dazu jetzt einige Fakten auf, die irritieren. Diese Recherche-Ergebnisse der eu-infothek.com und des eXXpress sollten so wie auch die Beschwerde der Rechtsschutzbeauftragten für Justizministerin Alma Zadic (Grüne) Anlass genug sein, eine interne Prüfung der jüngsten Handlungen der WKStA zu veranlassen.

Irritierende Fakten im Polit-Krimi

Wer mit wem lebt: Ein Naheverhältnis des in den Ermittlungen gegen Sebastian Kurz aktiven Oberstaatsanwalts A. zur Wirtschaftsexpertin B., die sämtliche Chats aus dem Mobiltelefon des Ex-ÖBAG-Vorstands Thomas Schmid sichten und für den Ermittlungsakt auswählen soll, ist nun offenkundig. Die Lebenspartnerschaft ist erwiesen, beide wohnen an der selben Adresse in einem kleinen Ort in Niederösterreich. Es gibt auch Belege auf sozialen Medien.

Anwälte halten es für “nicht lebensnah”, dass Expertin B. möglichst viele Chat-Passagen auswählt, die die Beschuldigten entlasten würden: Immerhin würde – für die junge Frau gilt die Unschuldsvermutung – ein derartiges Vorgehen die Erfolgsaussichten der Behörde ihres Partners stark bremsen. Allein diese Compliance-Problematik müsste für Zadic ein Grund sein, aktiv zu werden.

1500 Meter Luftlinie zwischen Staatsanwalt und Klenk

Wer wo wohnt: Nur 1500 Meter Luftlinie und 2,29 Kilometer auf der Gemeindestraße entfernt vom Oberstaatsanwalt und der Wirtschaftsexpertin lebt “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk in einer kleinen niederösterreichischen Gemeinde. Klenk war bereits massiv in die Vorbereitung zur Verbreitung des Ibiza-Videos im Mai 2019 involviert.

Was bei den Recherchen zu Klenk und seiner Rolle in der medialen Verbreitung des aktuellen Polit-Krimis um Ex-Kanzler Kurz besonders irritiert: Der “Falter”-Miteigentümer behauptet auf Twitter, dass nicht Oberstaatsanwalt A., sondern dessen Kollege P. “der zuständige Staatsanwalt für die Chats” sei.

Jetzt liegt dem eXXpress aber die ungeschwärzte Hausdurchsuchungsanordnung mit der Nummer 1683 vor. Für alle ist auf dem Deckblatt nachzulesen, wer Sachbearbeiter in der Chat-Affäre ist: Oberstaatsanwalt A. UND Oberstaatsanwalt P. sowie Staatsanwalt K. Sollte die Öffentlichkeit vielleicht sogar bewusst getäuscht werden?

Wer wo arbeitet: Die Wirtschaftsexpertin B., die nun mit Oberstaatsanwalt A. zusammenlebt, hat ihr Büro noch immer offiziell an jener Wiener Adresse, an der sich auch die Firma ihres Ex-Ehemanns befindet. Der Ex-Gatte jener Frau, die sämtliches digitales Material aus dem Mobiltelefon von Thomas Schmid auswerten soll, leitet dort eine “Agentur für digitale Kommunikation”.

Damit stellt sich die nächste Frage an Alma Zadic: Ist für die Ministerin auszuschließen, dass möglicherweise streng geheime Regierungs-Interna über diese Büro-Connection an nicht befugte Personen gelangen?

"Falter"-Chef verschickte brisante Chats per WhatsApp

Wer was verschickt: Wie sorglos schon bisher mit brisantem Datenmaterial umgegangen wird, zeigte der vom Salzburger Plagiatsjäger Stefan Weber, von der eu-infothek.com und vom eXXpress jüngst aufgedeckte Fall. “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk verteilte ungeschwärzte Files mit den hochbrisanten Chats aus dem Polit-Krimi sogar über den ungesicherten Nachrichtendienst WhatsApp.

Alma Zadic hätte also dringenden Handlungsbedarf, die interne Revision zu aktivieren. Jedes weitere Zögern, eine komplette Aufarbeitung aller im Raum stehenden Vorwürfe zu beginnen, belastet das Ansehen der Ministerin und der gesamten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Schrieb auf Twitter zu den Sachbearbeitern in der Causa Kurz: "Falter"-Chef Klenk
Der Tweet, in dem Klenk meinte, Oberstaatsanwalt P. sei der Sachbearbeiter, nicht Oberstaatsanwalt A.
Und hier der Beleg, dass sowohl Oberstaatsanwalt P. und auch A. als Sachbearbeiter im Chat-Krimi genannt werden.