Im EU-Parlament tobte jüngst ein Streit: Konservative und rechtspopulistische Parteien wollten mit den Milliarden des EU-Haushaltes erstmals auch den Außengrenzschutz finanzieren. Die linken Fraktionen – Grüne, Sozialdemokratie, Linke – legten sich quer. Das stieß auch im konservativen Lager auf Kritik angesichts der sich anbahnenden Flüchtlingswelle.

In den ersten beiden Monaten dieses Jahres stellten in den EU-Staaten insgesamt 173.089 Migranten einen Asylantrag. Besonders hoch war die Zahl im Jänner mit 91.964 Anträgen, davon 84.608 Erstanträge.

Schon im Jahr 2022 erlebte die EU den höchsten Andrang seit 2016

Einige Politiker versuchen zu besänftigen: Die Zahlen seien gegenüber den Vormonaten im Herbst gesunken. Doch diese „Beruhigungstabletten“ führen in die Irre. Vergleicht man nämlich die Anträge mit dem Vorjahreszeitraum – Jänner und Februar 2022 – so bedeuten sie einen Anstieg von 45.976. Mit anderen Worten: In den ersten beiden Monaten wurden um beinahe 50.000 Asylanträge mehr gestellt als zu Beginn des Jahres 2022. Das ist aus mehreren Gründen schwerwiegend.

Im vergangenen Jahr wurden in Summe rund 881.220 erstmalige Asylanträge gestellt – und das war bereits der höchste Wert seit 2016. Das heißt: Heuer wurde ein besonders hoher Wert überboten. Darüber hinaus ist in jedem der beiden vergangenen Jahre die Zahl der Anträge noch weiter angestiegen, bis sie im Herbst ihren Höhepunkt erreichte. Zum Jänner hin sind die Zahlen dann wieder gesunken. Dass sie auch Ende 2022 zurückgegangen sind, ist also nichts Besonderes und sagt nichts aus über dieses Jahr.

Noch deutlicher ist dieses Muster bei den Erstanträgen, in denen allein sich der Zustrom von Migranten widerspiegelt

Sämtliche Migranten werden von Schleppern in Tunesien nach Italien transportiert

Vor allem auf dem Mittelmeer spitzt sich die Lage zu. Bis Mitte April sind mehr als 33.000 Migranten in Italien angekommen – vier Mal so viele wie im Vorjahr. Der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zufolge könnten die Flüchtlingszahlen des gesamten Vorjahres bereits bis zum Sommer erreicht werden.

Mittlerweile ist nicht mehr Libyen das Haupttransferland, sondern Tunesien: 57 Prozent der Abfahrten nach Italien erfolgen von dort. Die meisten Asylwerber kommen aus Afrika südlich der Sahara. Zuerst reisen sie via Flugzeug nach Tunesien, dann versuchen sie mit Hilfe von Schleppern in die EU zu gelangen.

Die EU stoppt den Zustrom zurzeit nicht

Brüssel schaut dem bisher tatenlos zu. Eine Vereinbarung mit Tunesien zwecks Beendigung dieser Visumspolitik wurde bisher nicht geschlossen. Ein umgehender Rücktransport der Migranten findet nicht statt. Die von der italienischen Küstenwache aufgelesenen Migranten können weiterhin Asylanträge stellen.

Seit dem Krisenjahr 2015 findet die EU keine Antwort auf die Asyl-Problematik. Es fehlt ein sicherer Außengrenzschutz, die Asyl-Verfahren in den einzelnen EU-Staaten dauern teilweise viel zu lang. Viele Migranten mit negativem Asyl-Bescheid werden nicht abgeschoben.

Dänemark fährt einen konsequent restriktiven Kurs

Einzelne Staaten wehren sich aber mit einem restriktiven Kurs gegen eine überbordende Zuwanderung von Asylwerbern, darunter Ungarn, seit kürzerem auch Schweden und seit vielen Jahren schon Dänemark.

Nun will Kopenhagen die ohnehin schon restriktiven Voraussetzungen zum Erlangen der Staatsbürgerschaft weiter verschärfen. So sollen Antragsteller bis zur Verleihungszeremonie im Land wohnen. „Bis zum Handschlag bei der feierlichen Verleihung muss man in Dänemark leben“, erklärte Integrationsminister Kaare Dybvad Bek am Donnerstag. „Das versteht sich von selbst.“ Bisher ist eingebürgerten Zuwanderern ein Umzug ins Ausland erlaubt.