Abschiebungen nach Syrien: Härte gegen 40.000 Betroffene entfacht Debatte
Die geplanten Asylaberkennungsverfahren für syrische Flüchtlinge sorgen in Österreich für intensive Debatten. Nachdem die ersten Betroffenen Post vom Innenministerium erhalten haben, stellt sich die Frage, ob Abschiebungen nach Syrien angesichts der unsicheren Lage überhaupt möglich und vertretbar sind.
Jugendforscher Bernhard Heinzelmeier äußerte sich als Gast bei exxpress live skeptisch über die aktuelle Lage in Syrien: „In Syrien wurde eine laizistische Diktatur durch ein klerikal-faschistisches System ersetzt. Den Menschen ist es wohl egal, ob sie in den Folterkellern von Assad sterben oder in denen der Islamisten.“ Heinzelmeier verweist auf den neuen Justizminister der Übergangsregierung, der Frauen das Richteramt untersagt hat. „Wir steuern auf ein System wie in Afghanistan zu – Frauenrechte und Demokratie gibt es dort nicht“, fügt er hinzu.
Politikwissenschaftler Ralph Schöllhammer sieht in der Diskussion bei exxpress live die geplanten Überprüfungen als berechtigt an, mahnt jedoch zur Vorsicht: „Die rechtliche Bewertung von Asylgründen ist korrekt. Aber die große Frage bleibt, ob tatsächlich abgeschoben werden kann. Die Situation in Syrien ist zu instabil, und es gibt noch keine klaren Kontakte zur Übergangsregierung.“
Zwischen Gruppen differenzieren
Auch die humanitäre Dimension wurde angesprochen. Laut Heinzelmeier sei es entscheidend, zwischen Gruppen zu differenzieren: „Aleviten, Christen oder Kurden könnten auf den Abschlusslisten des neuen Regimes stehen und wären weiterhin bedroht. Eine pauschale Aberkennung des Asylstatus wäre verantwortungslos.“
Die Abschiebungen könnten politisch motiviert sein. „Es ist offensichtlich, dass man die Syrer jetzt als Zielgruppe für PR-Maßnahmen missbraucht, um Härte zu demonstrieren“, so Heinzelmeier. Schöllhammer sieht den Prozess als Teil einer größeren Debatte: „Wir können nicht alles über soziale, finanzielle und organisatorische Grenzen hinweg tolerieren. Aber das allein kann kein Grund sein, jemanden abzuschieben.“
Syrer größte Gruppe in der Mindestsicherung
Rund 40.000 Syrer könnten in Österreich von einer Aberkennung des Asylstatus betroffen sein. Heinzelmeier betont: „Syrer stellen in Österreich die größte Gruppe in der Mindestsicherung. Es ist nicht gelungen, sie ausreichend in den Arbeitsmarkt zu integrieren – das ist ein strukturelles Versäumnis.“
Die Möglichkeit von Rückkehrprämien wurde ebenfalls angesprochen. Während diese in Ländern wie Schweden oder Dänemark bereits etabliert sind, sehen Experten darin nur begrenzte Wirksamkeit. „Das mag für einige ein Anreiz sein, aber der Großteil der Menschen wird dadurch nicht überzeugt, in ein instabiles Land zurückzukehren“, so Schöllhammer.
Die Diskussion gibt es hier zum Nachschauen:
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