Kurz vor der US-Präsidentenwahl am 5. November bekräftigen immer mehr Prominente ihre Unterstützung für ihren bevorzugten Kandidaten, Wahlempfehlungen für Kamala Harris und Donald Trump werden gefragt oder ungefragt abgegeben. Umso mehr verwundert nun die Entscheidung der renommierten „Washington Post“, keine Wahlempfehlung abzugeben.

Wie der Herausgeber William Lewis am Freitag in einem Leitartikel verkündete, werde die “Washington Post” anders als bei vorhergegangenen Wahlen dieses Mal keine Empfehlung aussprechen. Die Leser seien laut Lewis mündig genug, sich eine eigene Meinung zubinden; die Washington Post müsse unabhängig bleiben.

Bezos/X/Jeff Bezos/X

Eine Ansicht, die auch hierzulande wünschenswert wäre, doch laut einem weiteren Text behaupten zwei Mitarbeiter, die bereits festgelegte Unterstützung für Kamala Harris wurde von Amazon-Gründer Jeff Bezos, der 2013 die “Washington Post” um 250 Millionen Dollar kaufte, höchstpersönlich abgedreht.

Ruft man sich die Streitereien zwischen Bezos und Trump in den vergangenen Jahren – Trump bezeichnete die “Washington Post” wiederholt abfällig als „Amazon Washington Post“ – in Erinnerung, mag dieser Schritt verwundern. Doch bereits nach dem Attentat auf Donald Trump im Juli 2024 twitterte Bezos: “Unser ehemaliger Präsident zeigte heute Abend enorme Anmut und Mut unter buchstäblichem Beschuss. So dankbar für seine Sicherheit und so traurig für die Opfer und ihre Familien.”

Jeff Bezos Verlobte Lauren Sanchez (2.v.l.) feierte gemeinsam mit Ivanka Trump (rechts) den Geburtstag von Kim Kardashian (2.v.r.).Instagram/Instagram

Insider vermuten nun, dass Jeff Bezos Verlobte Lauren Sanchez hinter dem Pro-Trump-Kurs stecken könnte. Bezos zukünftige Ehefrau trat im Juni in der TV-Show von Kim Kardashian auf und feierte gemeinsam mit Trump-Tochter Ivanka den Geburtstag des TV-Stars. Die beiden Frauen gelten als befreundet, eine Unterstützung für Donald Trump von Lauren Sanchez wäre also sehr gut möglich.

Jeff Bezos dürfte mit seinem Eingriff in die Wahlempfehlung für Kamala Harris zwar seiner Verlobten einen Gefallen getan haben, die Kritik des Zeitungsstabs ist ihm jedoch sicher. Der ehemalige Chefredakteur der »Washington Post« Marty Baron meldete sich bereits auf X zu Wort und bezeichnete die enthaltene Wahlempfehlung für Harris als »Feigheit der Zeitung, der die Demokratie zum Opfer fällt«.

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Ob tatsächlich die Enthaltung einer Wahlempfehlung zu einer Opferung der Demokratie führt, sei allerdings dahin gestellt. Fakt ist, dass die “Washington Post” in der Vergangenheit meist Wahlempfehlungen für die demokratischen Kandidaten ausgesprochen hat. Leser für mündig zu erklären und ihnen zuzutrauen, sich ihre eigene Meinung zu bilden, ist sicher alles andere als der Untergang der Demokratie.