Daten belegen: Gewalt gegen Christen nimmt immer mehr zu
Geköpfte Statuen, beschmierte Kirchenmauern, aber auch körperliche Attacken gegen Christen häufen sich immer mehr, wie neue Daten bestätigen. Welche europäischen Staaten besonders betroffen sind und von wem die Hassverbrechen ausgehen.
Verstörende Szenen spielten sich vergangenes Wochenende im größten Kloster der Schweiz ab. In Gegenwart vieler betender Pilger schändete ein 17-jähriger Asylbewerber die Schwarze Madonna der Benediktinerabtei Einsiedeln im Kanton Schwyz. In einem viral gegangenen Video sieht man, wie der Afghane der 117 Zentimeter hohen Lindenholzstatue aus dem 15. Jahrhundert den Umhang und das Kleid herunterreißt, die Krone von ihrem Kopf nimmt und sich selbst aufsetzt. Die Marienstatue wurde dabei leicht beschädigt.
Laut einer Augenzeugin ist es den anwesenden Priestern gelungen, den Jugendlichen festzuhalten und davon abzuhalten, noch mehr Schaden anzurichten. Kurz nach dem Vorfall sei die Polizei eingetroffen und habe den Täter abgeführt. Der 17-Jährige wurde in eine medizinische Einrichtung gebracht, da er geistig verwirrt gewesen sein soll. Nähere Informationen seien noch nicht bekannt.
Es gibt ein Video, wie ein afghanischer Asylbewerber die schwarze Madonna im Kloster Einsiedeln entweiht und sich deren Krone auf den Kopf setzt. Das öffentlich-rechtliche #SRF verschweigt diesen Anschlag seit Tagen. #Schweiz pic.twitter.com/mMaRFAav2S
— storymakers (@mz_storymakers) November 18, 2024
So viele Hassverbrechen gab es 2023
Vorfälle wie diese in dem Schweizer Wallfahrtsort sind leider keine Seltenheit mehr in Europa. Hassverbrechen und Gewalt gegen Christen und kirchliche Einrichtungen sind auf dem Vormarsch auf dem Alten Kontinent. Das veranschaulicht der neue Bericht für das Jahr 2023 der Nichtregierungsorganisation „Observatory on Intolerance and Discrimination against Christians in Europe“ (OIDAC Europe), der am „Tag der Toleranz“ veröffentlicht wurde.
Die Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung von Christen Europa mit Sitz in Wien dokumentiert seit fast 15 Jahren antichristliche Hassverbrechen. Für das Jahr 2023 wurden 2444 antichristliche Hassverbrechen wie zerstörte Heiligenstatuen, eingeschlagene Kirchenfenster oder Graffitis an Kirchenmauern dokumentiert.
Die Daten stammen aus 35 europäischen Ländern und setzen sich aus Polizeinformationen sowie aus denen von NGOs zusammen. 232 Fälle davon sind Attacken gegen Christen, wie Belästigung, Bedrohung und körperliche Gewalt. Laut dem jährlich publizierten „Hate Crime Data Report“ des OSZE-Menschenrechtsbüros (ODIHR), meldeten zehn europäische Staaten für das Jahr 2023 1230 antichristliche Hassverbrechen. 2022 waren es noch 1029.
Deutschland ist trauriger Spitzenreiter
Besorgniserregend sind die Zahlen für Deutschland: Gegenüber 2022 sind in der Bundesrepublik für das Jahr 2023 mehr als doppelt so viele (ein Plus von 105 Prozent) Hassverbrechen gegen Christen polizeilich erfasst worden. Das sind 277 Straftaten. Allerdings werden in Deutschland nur politisch motivierte Hassverbrechen erfasst, was bedeutet, dass viele antichristliche Vorfälle, wie Verbrennungen von Bibeln oder Brandanschläge auf Kirchen – also Fälle ohne eindeutige politische Motive –, nicht in die offizielle Statistik einfließen. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein.
OIDAC Europe schätzt, dass es um die 2000 Straftaten gibt. Am meisten Hassverbrechen gegen Christen gibt es in Frankreich (950), gefolgt vom Vereinigten Königreich (702). An dritter Stelle kommt Deutschland. Nimmt man die geschätzten Zahlen von OIDAC Europe für Deutschland, ist die Bundesrepublik trauriger Spitzenreiter.
Auch Österreich ist betroffen
In Österreich werden Hassverbrechen gegen bestimmt Gesellschaftsgruppen, also auch gegen Christen, gesondert gefasst. Hier wurden 2023 polizeilich 150 Fälle aufgezeichnet. Das sind etwas weniger als im Jahr 2022 – da waren es 167. „Das ist allerdings auf die Bevölkerungszahl umgelegt ein sehr hohes Niveau. Österreich ist europaweit ganz vorne mit dabei“, mahnt die Geschäftsführerin von OIDAC Europe, Anja Hoffmann, gegenüber Exxpress.
Staaten, in denen sehr wenige Fälle von antichristlichen Hassverbrechen gemeldet wurden, sind Griechenland, die Slowakei oder Estland.
Die OSZE definiert Hassverbrechen als Straftat mit vorurteilsbasierter Motivation. Daran orientiert sich auch OIDAC Europa bei ihrer Dokumentation. „Es muss sich um eine strafrechtlich relevante Tat handeln, zum Beispiel Verhetzung. Eine öffentliche Beleidigung oder ein Zeitungsartikel, der Vorurteile gegenüber dem Christentum enthält, ist keine Straftat“, erklärt Hoffmann.
„Der radikale Islam spielt eine relativ große Rolle“
Als Zweites müsse klar sein, dass ein eindeutiges antichristliches Motiv hinter der Straftat steht. Dazu zählten Schmierereien auf Kirchen, auch wenn Täter nicht gefasst werden konnten, denn: Laut OSZE haben religiöse Gebäude einen wichtigen symbolischen Charakter für die jeweilige Religionsgemeinschaft. Angesprochen auf den Schweizer Vorfall der geschändeten Madonnen-Statue, sagt Hoffmann: „Nach der OSZE-Definition ist das eindeutig ein antichristliches Hassverbrechen“.
Doch warum sind antichristliche Hassverbrechen in Deutschland und Frankreich dermaßen angestiegen in den vergangenen Jahren? „In Frankreich spielt der radikale Islam eine relativ große Rolle, was Vandalismus-Attacken angeht“, erklärt Hoffmann. Sie verweist auf einen Fall im Frühjahr 2024, bei dem auf einem katholischen Friedhof im Süden Frankreichs 58 Gräber von muslimischen Angreifern beschädigt und mit Slogans wie „Frankreich gehört Allah“ oder „Unterwerft euch dem Islam“ beschmiert wurden. Zu den Motiven der Täter geben die Polizeibehörden jedoch in den meisten Fällen keine Details an.
«La France est déjà à Allah», «Isa brisera la croix», «Soumettez-vous à Allah»… Une cinquantaine de tombes profanées par des tags à caractère islamique ont été découvertes lundi dans le cimetière de Clermont-d'Excideuil, en Dordogne. →https://t.co/L4igsFbDwy pic.twitter.com/8mdlvDlM7B
— Le Figaro (@Le_Figaro) March 12, 2024
Säkularisierung auch ein Grund für Hass gegen Christen
In den von OIDAC Europa dokumentierten Fällen konnte nur bei einem kleinen Teil, bei 69 Fällen, ein Motiv ausgemacht werden. 21 davon haben demnach einen radikal-islamistischen Hintergrund, 14 einen antireligiösen, 13 einen radikal-linken und 12 andere politische.
Auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung spiele eine Rolle bei der Zunahme von antichristlichen Hassverbrechen. „Man sieht im Zuge der Migrationskrise in Europa und der zunehmenden Polarisierung, vor allem seit dem 7. Oktober 2023, dass christliche Gebäude oder auch Christen persönlich vermehrt angeführt waren, weil sie als feindlich gesehen werden“, meint die OIDAC-Europe-Geschäftsführerin. In Deutschland gebe es auch das Problem an Schulen, dass radikalisierte muslimische Schüler Druck auf ihre christlichen Mitschüler ausüben würden.
Als dritten Grund nennt Hoffmann eine recht starke Säkularisierung in manchen Staaten. Es gebe Fälle in Frankreich oder Spanien, wo religiöse Symbole wie Statuen aus dem öffentlichen Raum, selbst von Kirchplätzen, verbannt werden. „Die Begründung lautet: Das ist staatliches Gebiet, deshalb darf sich da überhaupt keine religiöse Statue befinden“, sagt sie.
Mobbing wegen Bekenntnis zu Familie aus Mutter, Vater, Kind
Wie könnten Kirchen besser vor Vandalismus geschützt werden? Zum einen könnten sie vermehrt mit lokalen Behörden zusammenarbeiten und sich sicherheitstechnisch besser aufstellen. „Doch das ist eher Symptombehandlung“, meint Hoffmann. Sie plädiert für eine Sensibilisierung für das Thema in der Bevölkerung. OIDAC Europe fordert außerdem einen EU-Koordinator für antichristlichen Hass einzusetzen. Für antimuslimische und antijüdische Vorfälle gibt es bereits einen EU-Koordinator.
„Es ist eigentlich überfällig, dass so eine Stelle auch für Christen eingerichtet wird, weil das Problem leider wächst und deshalb ernst genommen werden sollte“, merkt Hoffmann an. Wichtig sei auch eine vermehrte Ursachenforschung, weil über die Täter und die Ursachen von intolerantem Verhalten gegen Christen wenig bekannt sei.
Die NGO dokumentiert nicht nur Hassverbrechen gegen Christen, sondern auch antichristliche Diskriminierung. Da geht es zum Beispiel um einen christlichen Angestellten, der an Sonntagen keine Arbeitsschichten übernehmen will, weil er den Gottesdienst besuchen möchte. Dafür mobbte sie der Arbeitgeber aus dem Job heraus. Ein anderer Fall handelt von einer Frau, die von ihrem Arbeitgeber entlassen wurde, weil sie sich öffentlich zur ausschließlichen Ehe zwischen Mann und Frau bekannte. In weiteren Fall erklärte ein Arbeitgeber seinen christlichen Mitarbeitern in einem Brief, dass die Gleichstellungs- und Diversitätspolitik der Firma Vorrang vor religiösen Überzeugungen habe.
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