
Flutgefahr nach Gletscherabbruch: Schweiz droht neue Katastrophe
Nach dem massiven Gletscher- und Felssturz im Lötschental staut ein meterhoher Damm die Lonza – eine gefährliche Flutwelle droht. Häuser sind bereits überflutet, zwei Gemeinden wurden evakuiert. Die Behörden warnen vor einem möglichen Dammbruch mit verheerenden Folgen.
Im Schweizer Lötschental droht nach dem gigantischen Gletscherabbruch nun eine Flutwelle. Das Flüsschen Lonza ist durch die meterhohen Fels- und Eismassen, die am Mittwoch von Berg stürzten, wie durch Damm gestaut. Die wenigen Häuser, die im Dorf Blatten nicht verschüttet wurden, seien bereits überflutet, berichten die Behörden.
Der Geologe Flavio Anselmetti von der Universität Bern beschreibt die Kettenreaktion, die im schlimmsten Fall nun droht. Die Fels- und Eismassen hätten sich zu einem sehr hohen Damm aufgetürmt, und dahinter staue sich die Lonza. “Das Schlimmste wäre, dass sich Wasser aufstaut bis zur Krone des Bergsturzdammes”, sagte Anselmetti dem Schweizer Radiosender SRF. Der Fluss könne sich dann in das Gestein-Eis-Gemisch einschneiden: “Was drohen könnte, wäre, dass der Damm durch dieses Einschneiden instabil wird, dass Teile dieses Dammes mitgerissen werden, dass er kollabiert und dann könnten sehr starke Flutwellen oder Murgänge von diesem Seeausbruch für die Gemeinden, die im unteren Tal liegen, drohen.”
Einwohner von zwei flussnahen Gemeinden evakuiert
Die Behörden haben vorsichtshalber bereits Einwohner der Gemeinden Wiler und Kippel, die in Flussnähe leben, in Sicherheit gebracht. Es handelt sich um 16 Personen. Das Gestein- und Eisgemisch liegt meterhoch auf einer Länge von zwei Kilometern und einer Breite von 200 Metern.
Das Dorf Blatten war angesichts des drohenden Felsabbruchs vergangene Woche geräumt worden. Ein 64 Jahre alter Mann, der sich trotzdem in der Gegend aufhielt, wird noch vermisst. Der Gletscherabbruch hat die schlimmsten Erwartungen der Behörden noch übertroffen.
Am Mittwochnachmittag, 28. Mai 2025, ist oberhalb Blatten (Lötschental) ein grosser Teil des Birch-Gletschers abgebrochen und hat einen massiven Erdrutsch ausgelöst. Seither wird eine Person vermisst. Eine Such- und Rettungsaktion ist im Gange.https://t.co/NfIMTPrf7d pic.twitter.com/0XdLeK1jVA
— Polizei Wallis (@PolizeiWallis) May 28, 2025
Erschütterungen in gesamter Schweiz spürbar
Die damit verbundenen Erschütterungen waren landesweit zu spüren. Nach Angaben des Erdbebendienstes an der ETH Zürich vom Donnerstag war es eine der größten je aufgezeichneten Massenbewegungen. Schon die kleineren Felsstürze vom Kleinen Nesthorn in den Tagen vor dem Gletscherabbruch waren vom seismischen Netzwerk registriert worden.
Wie der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich mitteilte, war die erste dieser kleineren Erschütterungen am frühen Morgen des 19. Mai erfasst worden. An jenem Tag waren die rund 300 Bewohner von Blatten aus Sicherheitsgründen evakuiert worden. Beim großen Gletscherabbruch am Mittwoch um 15.24 Uhr wurden Erschütterungen der Stärke 3,1 aufgezeichnet.
Die Messung beruht auf der maximal gemessenen Amplitude der Bodenbewegung. Landesweit wurden diese Bewegungen von den Stationen des SED deutlich aufgezeichnet. Gemessen an der Stärke der Erschütterungen sei der Gletscherabbruch bei Blatten vergleichbar mit dem Bergsturz am Piz Cengalo oberhalb von Bondo im Jahr 2017 gewesen, hieß es.
Durch das Abbröckeln des Kleinen Nesthorns hatten sich in den vergangenen Tagen rund neun Millionen Tonnen Schuttmaterial auf dem Gletscher abgelagert und Druck auf die Eismassen ausgeübt. Wegen der Gefahrenlage war Blatten in der Ferienregion Lötschental bereits vorige Woche ganz geräumt worden. Rund 300 Einwohner waren innerhalb kurzer Zeit evakuiert worden. Viele ihrer Häuser sind nun zerstört, begraben unter einer dicken Schuttmasse.
Historisch beispielloser Gletschersturz
Nach Schätzung des kantonalen Chefs für Naturgefahren stürzte der Schutt vom Kleinen Nesthorn ganz oder zum großen Teil mit dem Abbruch des Birchgletschers zu Tal. Drei Millionen Kubikmeter Gesteinsmaterial dürften am Mittwochnachmittag gegen 15.30 Uhr zusammen mit dem Gletscher auf Blatten niedergegangen sein, sagte Raphaël Mayoraz, ein Naturgefahren-Experte des Kantons Wallis, am Mittwochabend vor Medienvertretern.
Der Gletscherabbruch und der Murenabgang seien historisch “beispiellos”. Der Schuttkegel sei 50 bis 200 Meter dick. Mit dem Schlimmsten hätten die zuständigen Behörden immer gerechnet und nun sei es eingetreten. Mit dem Murenabgang sollte das meiste des Materials heruntergekommen sein, so Mayoraz.
Der öffentlich-rechtliche Sender SRF zeigte Aufnahmen von einer riesigen Staubwolke, die sich mit den Schuttmassen den Berg hinab wälzte. Laut dem Schweizerischen Erdbebendienst wurde die Erde mit einer Stärke von 3,1 erschüttert. Zuvor waren bereits in der Nacht zum Dienstag größere Mengen an Eis, Fels, Schnee und Wasser talwärts gestürzt.
"Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz"
“Das Unvorstellbare ist heute eingetreten, wir haben praktisch das sichtbare Dorf verloren”, sagte Gemeindepräsident Matthias Bellwald in einer Pressekonferenz am Mittwochabend in der Nachbargemeinde Ferden. Er sei froh, dass man alle Einwohner aus Blatten habe evakuieren und Sicherheit bringen können.
“Das gibt uns die Kraft, das zu machen, was vor uns liegt. Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz. Auch wenn das Dorf unter einem großen Schuttkegel liegt, wissen wir, wo unsere Häuser und unsere Kirche wieder stehen müssen”, rief der sichtlich betroffene Gemeindepräsident zum Wiederaufbau auf.
Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter drückte den Bewohnern von Blatten ihr Mitgefühl aus. “Es ist schlimm, wenn man seine Heimat verliert”, schrieb sie auf der Plattform X. Umweltminister Albert Rösti und Verteidigungsminister Martin Pfister reisten sofort in das Katastrophengebiet und sagten der betroffenen Gemeinde die Unterstützung der Schweizer Regierung zu.
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Kommentare
Grauenhaft,wenn man in wenigen Augenblicken ALLES verloren hat !!!!!
Einen noch größeren Felssturz hat es in längst vergangener Zeit in Miralago im Val Poschiavo gegeben. Dadurch ist der heute viel besuchte Lago Poschiavo entstanden. Der Fehler ist der Glaube, dass sich Naturereignisse aus lange vergangenen Zeiten nicht wiederholen können oder gar mit der CO²-Steuer verhindern lassen. Gegen Blödheit ist halt kein Kraut gewachsen.
Der Schweizer Franken fällt bereits beachtich angesichts der enormen Kosten dieser Umweltschädigungen vielleicht genauso so wie die neuen ruschissen Staatsanleihen ?
Die gesamte Schweiz ist in Gəfahr????
Ja, weil die Schweihz is ja ganz klein – so wie Dornbirn, glaub ich . Ham wir in der Schuhle gelernt…
Einfach blöd, wenn man sich über das Unglück von anderen lustig macht.
wie z.b. dieser kastrat vom songcontest, oder
Was hat der ESC hiermit zu tun.