Der Andrang im Großen Saal des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist groß – so groß, dass sich das Höchstgericht dazu entschieden hat, die üblichen Touristenströme im Justizpalast einzudämmen. “Der Justizpalast ist heute für Besichtigungen gesperrt”, hieß es am Morgen auf einem Schild beim Eingang.

Ein Verfahren mit enormer Sprengkraft

Es ist ein besonderer Tag, selbst für ein Höchstgericht: Um 10 Uhr hat das Verfahren zur Causa BUWOG rund um die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften begonnen. Auch die Verfahrensstränge Terminal Tower Linz und Telekom stehen auf der Agenda. Das letztinstanzliche Verfahren könnte einen Schlussstrich unter die größte Korruptionscausa der Zweiten Republik ziehen. Neben zahlreichen Medienvertretern hatten sich im Vorfeld auch viele Privatpersonen angemeldet, die diese Verhandlung verfolgen wollen.

Grasser (r.) mit Anwalt Manfred Ainedter (l.). APA/HELMUT FOHRINGER

20 Jahre! Scharfe Kritik an Verfahrensdauer

Strafrechtsexperte Robert Kert kritisierte in der “ZiB 2” am Mittwoch die enorme Dauer des Verfahrens und bezeichnete sie als “für alle Beteiligten unzumutbar”. Die österreichische Strafprozessordnung sei so gestaltet, dass jedes Detail ermittelt werden müsse, was zu unerträglichen Verzögerungen führe. Als Vergleich zog Armin Wolf das Wirecard-Verfahren in Deutschland heran, wo es von den ersten Ermittlungen bis zur Anklage nur gut zwei Jahre gedauert habe – während es in der Causa BUWOG acht Jahre waren. Kert forderte daher Vereinfachungen in der Verfahrensordnung, damit sich derartige Prozesse künftig nicht endlos in die Länge ziehen.

Grasser und Co.: Es geht um alles

Für die Angeklagten rund um den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser, die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie den einstigen Vorstandschef der Immofinanz, Karl Petrikovics, steht viel auf dem Spiel. Von einem Schöffensenat am Straflandesgericht Wien wurde Grasser im Dezember 2020 nach einer drei Jahre dauernden Hauptverhandlung zu acht Jahren, Meischberger zu sieben und Hochegger zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Senat unter Vorsitz von Richterin Marion Hohenecker sah Grasser der Untreue, der illegalen Geschenkannahme und der Beweismittelfälschung schuldig.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Anwälte haben Rechtsmittel eingelegt. Der OGH-Richtersenat hat vier Verhandlungstage anberaumt – bis spätestens Dienstag soll eine Entscheidung fallen.

Auch für Walter Meischberger (l.) steht viel auf dem Spiel.APA/HANS PUNZ

Wie alles begann: Die BUWOG-Privatisierung

Die Affäre reicht weit zurück. In der Ära von Kanzler Wolfgang Schüssel, der sich dem Motto “Mehr privat, weniger Staat” verschrieben hatte, wurde 2004 unter der Ägide von Finanzminister Grasser der Verkauf von 62.000 Bundeswohnungen abgewickelt. Die Wohnbaugesellschaften, darunter auch die BUWOG, gingen an das sogenannte Österreich-Konsortium, bestehend aus Raiffeisenlandesbank OÖ, Wiener Städtischer und Immofinanz. Es bot 961 Millionen Euro und überbot die Zweitbieterin CA Immo um nur eine Million. Diese lag in der ersten Bieterrunde noch vorn, wurde jedoch in der zweiten, zunächst ungeplanten Runde überholt.

Ein Zufallsfund bringt alles ins Rollen

Die Ermittlungen begannen 2009 nach einem Zufallsfund im Rahmen der Causa Immofinanz. Damals entdeckten Ermittler Geldströme in Höhe von 9,6 Millionen Euro nach Zypern, die sich als Provision für den BUWOG-Deal entpuppten. 2017 brachte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dann ihre Anklageschrift ein.

Eine Seilschaft rund um Grasser soll einen “Tatplan für parteiliche Entscheidungen” bei Privatisierungen entworfen und sich bereichert haben. Die Provision hätten sich Hochegger, Meischberger und Grasser aufgeteilt; der Tipp Grassers über die Angebotshöhe der CA Immo soll über Meischberger an das Österreich-Konsortium gelangt sein. Die Angeklagten wiesen diese Vorwürfe stets zurück, Hochegger legte vor Gericht ein Teilgeständnis ab.

Die Spannung steigt: Gibt es eine spektakuläre Wende?

Heute stehen die Rechtsmittel im Mittelpunkt. Die Verteidiger haben ihre Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen vorgetragen. Auch eine Berichterstatterin der Generalprokuratur kam zu Wort – sie empfahl, das Urteil in den Kernfragen zu bestätigen, sprach sich jedoch für eine Aufhebung der Verurteilung Grassers wegen Beweismittelfälschung aus. Die Entscheidung könnte bereits am Freitag oder Montag fallen.

Für Aufsehen sorgte eine Entscheidung des OGH kurz vor dem Prozessbeginn. Das Höchstgericht übermittelte Grassers Verteidigern einen fünf Jahre alten Einstellungsbeschluss des Wiener Straflandesgerichts zur Kenntnisnahme. In diesem Beschluss wurde eine zentrale Anklage gegen Grasser verworfen: Der Vorwurf, er habe durch den Paketverkauf der Bundeswohnungen den Erlös für die Republik geschmälert und damit einen Schaden von 35 Millionen Euro verursacht, wurde als unbegründet eingestuft. Sollte dieser bereits eingestellte Vorwurf dennoch in das erstinstanzliche Urteil eingeflossen sein, wäre das ein klarer Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot – mit weitreichenden Folgen.

OGH am Zug: Urteil oder Neubeginn?

Die Möglichkeit einer spektakulären Wende steht im Raum. Falls der OGH zu dem Schluss kommt, dass das Urteil auf unzulässigen Prämissen basiert, könnte es aufgehoben werden. Dann würde der gesamte Prozess neu aufgerollt werden müssen. Falls nicht, könnte Grasser bald seine Haft antreten müssen. Es wird sich entscheiden, ob dieses Mammutverfahren tatsächlich zu einem Ende kommt – oder ob die Causa BUWOG ein weiteres Kapitel erhält.

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Kommentare

  • Benno sagt:

    – Ich finde, 20 J reichen. Ein Wirtschaftsprüfer muss sich in max 2-3 Monaten (Zwischenprüfungen im Herbst u Sommer) ein Urteil zwecks Bestätigungsvermerk machen und hat auch keine 20 J Zeit .. Auffallend – Grasser hatte mit einem wirren Prüfer der FMA/OENB zu tun (https://www.derstandard.at/story/1269449517508/kaerntner-skandalbank-zeugenschwund-bei-hypo-u-ausschuss) und kündigte eine Reform der Bankaufsicht an. Der ist echt aggro auf Grasser. Immer mit einem Rechtsanwalt die 20 J zu verbringen, Grasser ist nur mehr fertig, und es reicht. Kein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater braucht 20 Jahre für einen Prüfbericht. Es reicht, Grasser hat genug “gelitten”, ob er bei allen Vorwürfen (und viele Verfahren wurden auch immer wieder eingestellt dann wieder ein anderes neu eröffnet, eingestellt, da keine Basis) schuldig war.. 20 Jahre sind mehr als er an Strafe erhalten hätte. Wenn das noch weitergeht.. das ist nicht human, was der durchmachen musste

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    1. Bürgerkleister sagt:

      Grüne und Links Linke trachten allen Anderdenkenden nach Ihrer Zukunft – – das ist deren Konzept des Machterhaltes und sie sitzen in den Gerichten ganz weit oben!

  • Benno sagt:

    Ich finde, 20 J reichen. Ein Wirtschaftsprüfer muss sich in max 2-3 Monaten (Zwischenprüfungen im Herbst u Sommer) ein Urteil zwecks Bestätigungsvermerk machen und hat auch keine 20 J Zeit .. Auffallend – Grasser hatte mit einem wirren Prüfer der FMA/OENB zu tun (https://www.derstandard.at/story/1269449517508/kaerntner-skandalbank-zeugenschwund-bei-hypo-u-ausschuss) und kündigte eine Reform der Bankaufsicht an. Der ist echt aggro auf Grasser. Immer mit einem Rechtsanwalt die 20 J zu verbringen, Grasser ist nur mehr fertig, und es reicht. Kein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater braucht 20 Jahre für einen Prüfbericht. Es reicht, Grasser hat genug “gelitten”, ob er bei allen Vorwürfen (und viele Verfahren wurden auch immer wieder eingestellt dann wieder ein anderes neu eröffnet, eingestellt, da keine Basis) schuldig war.. 20 Jahre sind mehr als er an Strafe erhalten hätte. Wenn das noch weitergeht.. das ist nicht human, was der durchmachen musste

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  • Gültig „gegen“ Grün, ÖVP, SPÖ und NEOS wählen und Freundschaft mit Russland! 🤩 ÖXIT und der Weg wird frei für den Weltfrieden. ☮️ sagt:

    Wo soll man Grasser einordnen?

    Tatsache ist, dass er sich als Ex-Finanzminister durch eine Selbstanzeige, der Verfolgung, der Steuerhinterziehung entzogen hatte. Wobei es auch Bereiche gab, die der Verjährung unterlagen.

    Jetzt kann sich jeder selbst ein Bild machen.

    ———

    »»»Achtung««« Hier treibt ein linker Spinner sein Unwesen. Er verbreitet unter fremde Profilnamen seine Linkspropaganda und spammt mit Kommentarkopien die Kommentarfunktion voll.

    Der „Linksfanatiker“ will hier die Kommentarfunktion stören.

    Den Profilnamenfälscher lache ich nur noch aus. 🤣️

    0× „kritischer Fehler“

  • GF 99 sagt:

    Schon seltsam diese Richterin mit ihren Schuldsprüchen.

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  • Dr.P sagt:

    In Wirklichkeit handelte es sich hier um einen “Polit-Prozess”. Rot/Grün wollten ein Exempel statuieren, um zu zeigen, was die Justiz alles kann, wenn man die SPÖ aus der Regierung ausschließt. Tatsächlich kamen dann wieder die roten Bundeskanzler Gusenbauer, Faymann sowie Kern. Als der türkise Sebastian Kurz kam, wurden wieder, aber brutalere Exempel statuiert, etwa gleichzusetzten mit den radikalen Jakobiner in Frankreich ab 1792 und folgende Jahre. Jetzt ist die ÖVP eingeknickt und hat einen Marxisten zum Vize-Kanzler gemacht. Wird es jetzt wieder ruhiger in Österreich werden ?

  • Ostwind sagt:

    Werner Faymann kommt aus dem LACHEN nicht mehr raus!!! Wie gut es doch ist auf der richtigen Seite die Verbrechen durchzuführen! Freundschaft SPÖ & GRÜNE!!

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    1. mb sagt:

      Sie meinen die Medienbestechungsaffäre in Wien . Die wurde von der grünroten WKSTK eingestellt. Auf die Begründung warten wir bis heute.

  • Lebertran Pepi sagt:

    Nicht die angeblichen 9.6 Millionen sind der
    Skandal,sondern der damalige Verkaufspreis der 63000 Wohnungen ist der eigentliche
    Skandal,hier wurde Volksvermögen zum Schleuderpreis verramscht!…

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  • Schade... sagt:

    …dass auf dieser Scheibenkleister-Seite jedes und alles zensuriert wird.
    Es ist fast kein gerader Satz mehr möglich. Damit ist das keine Kommunikation mehr, sondern KI-gesteuertes Gestammel. Adieu !!

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  • MEISCHI sagt:

    Der schaut aber auch schon ein bissl herutergerockt aus.
    Was waren das damals für fesche Burschen.
    “As Time Goes By”………………

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  • FiBu sagt:

    Ein Grund für die langen Ermittlungen könnte auch sein, dass im Gegensatz zu Wirecard, die Suppe am Anfang zu dünn war und erst eingekocht (re duziert) werden musste bis ausreichend begründetet Vorwürfe übrigblieben.
    Ob dies der Rechtssprechung gedient hat oder nicht bleibt offen.

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    1. Pearl sagt:

      Alleine schon die Immobilien des Volkes zu verschleudern und sich dann auch noch daran zu bereichern gehört nun einmal bestraft, die Farbe der Partei ist mir da egal.
      Damals haben sie ja alles verschleudert nur um kein Defizit zu haben, aber das ging nach hinten los und heute bräuchten wir dringend diese Immobilien.
      Na ja auf Airbnb wird man ja fündig.
      Haftstrafe halt ich für mehr als angebracht.

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