Harvard: Forscher aus Österreich wegen Epstein-Draht beschränkt
Renommierte US-Universität hält an österreichischem Biomathematiker Martin Nowak fest. Wegen seines Kontakts zum verurteilten Kinderschänder Epstein darf er aber nur unter Einschränkungen arbeiten.
Der an der Harvard University tätige österreichische Biomathematiker Martin Nowak wird weiter an der US-Eliteuni arbeiten – jedoch unter Einschränkungen. Nowaks häufige Kontakte zum Unternehmer Jeffrey Epstein, der wegen Sexualverbrechen verurteilt wurde und in der Zwischenzeit gestorben ist, hatten im vergangenen Jahr zur Beurlaubung des Forschers geführt. Er bedauere, Teil der Verbindung zwischen der Uni und Epstein gewesen zu sei, sagte Nowak nun in einer Stellungnahme.
Epstein spendete großzügig an Nowaks Forschungsprojekt
Der einschlägig vorbestrafte amerikanische Geschäftsmann Epstein soll Dutzende Minderjährige missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben. 2008 war er in dieser Sache einem Bundesverfahren entgangen, indem er eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft einging. Epstein bekannte sich damals teilweise schuldig und bekam eine milde Haftstrafe. 2019 wurde er in New York erneut angeklagt und nahm sich kurz darauf in einer Gefängniszelle das Leben.
Insgesamt hat die Harvard University in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) laut einem im Mai 2020 veröffentlichten Bericht, der die Verbindungen zwischen der Hochschule und Epstein analysierte, vor Epsteins Verurteilung im Jahr 2008 knapp 9,2 Millionen Dollar (7,81 Mio. Euro) an Spenden erhalten. Die größte Zuwendung ging demnach 2003 an das von Nowak geleitete “Programm für evolutionäre Dynamik” (PED), für dessen Etablierung der Mäzen 6,5 Mio. Dollar (5,52 Mio. Euro) beisteuerte. Nach 2008 habe die Eliteuni keine Zuwendungen von Epstein mehr akzeptiert.
Verstoß gegen mehrere Regeln der Uni und der Fakultät
Der Unternehmer war laut dem Bericht jedoch weiterhin häufiger Gast am PED. Zwischen 2010 und 2018 sei es zu rund 40 Besuchen gekommen. Epstein konnte dort auch ein Büro nutzen. Die Treffen fanden demnach keineswegs im Geheimen statt und endeten erst als PED-Wissenschafter Nowak gegenüber ihre Bedenken äußerten. Um zu untersuchen, ob Nowak gegen die Compliance-Regelungen der Uni verstoßen hat, wurde der US-amerikanisch-österreichische Harvard-Professor im vergangenen Mai beurlaubt, wie “Der Standard” und das Uni-nahe “Harvard Magazine” zuletzt online berichteten.
Laut der Dekanin der “Faculty of Arts and Sciences”, Claudine Gay, habe die Untersuchung, an der Nowak sich beteiligt hatte, ergeben, dass dieser gegen mehrere Regeln der Fakultät und der Universität verstoßen habe. Dies betreffe etwa Vorgaben zum professionellen Verhalten, zum Zugang zum Campus oder zum Umgang mit Anfragen zum Sponsoring, heißt es im “Harvard Magazine”.
Martin Nowak arbeitet wieder, aber stark eingeschränkt
In Reaktion darauf werde Nowaks “Programm für evolutionäre Dynamik” alsbald eingestellt und die Arbeit des renommierten Forschers dem Mathematik-Department eingegliedert. Zudem dürfe Nowak für zunächst zwei Jahre nicht als Leiter neu eingeworbener Forschungsprojekte fungieren. Bei bestehenden derartigen Projekten soll ein Ko-Leiter begezogen werden. Der Wissenschafter dürfe überdies u.a. keine neuen Abschlussarbeiten betreuen oder neue Wissenschafter engagieren. In der Lehre werde er sich auf Studenten niedrigerer Jahrgänge konzentrieren. Nach zwei Jahren werde die Fakultät laut dem Bericht über die Fortführung der Restriktionen entscheiden.
In einer der APA übermittelten Stellungnahme betont Nowak, dass ihn die Vorkommnisse des vergangenen Jahres sehr zum Nachdenken gebracht haben: “Obwohl ich immer jedem dankbar war, der meine Forschung unterstützt hat, bedauere ich die von mir mitgepflegte Verbindung zwischen Harvard und Epstein, und den Schaden, den sie verursacht hat.” Er werde seine “Lehren aus dieser Zeit ziehen”, so der Wissenschafter, der sich nun “demütig” wieder an seine Arbeit in dieser “inspirierenden intellektuellen Gemeinschaft” machen werde. Für Nowaks rechtliche Vertreterin in dem Verfahren, Ellen J. Zucker, ist es eine “ermüdende Wahrheit in organisatorischen Dynamiken, dass Einzelpersonen und nicht Institutionen zu oft alleine die Verantwortung übernehmen müssen, wenn Dinge schief laufen”. Nach Monaten der Untersuchungen könne der Wissenschafter nun “an seine Stelle zurückkehren und seine wichtigen Forschungen weiterführen”. (APA/Red)
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