NS-Vergangenheit von Dirigenten-Legende Karajan wird durchleuchtet
Die Rolle des Dirigenten Herbert von Karajan während der NS-Zeit und sein Umgang damit nach 1945 wird wissenschaftlich noch genauer durchleuchtet. Das Eliette und Herbert von Karajan Institut in Salzburg hat den deutschen Historiker Michael Wolffsohn mit einer umfassenden Studie beauftragt.
Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2026 veröffentlicht werden, teilte das Karajan Institut am Montag in einer Aussendung mit. Die Biografie des Dirigenten, der die Salzburger Festspiele über Jahrzehnte geprägt hat, ist bis heute nicht unumstritten.
Karajan gehört zu jenen 13 Namenspaten von Salzburger Straßen oder Plätzen, denen eine so gravierende Verstrickung mit dem NS-Regime zur Last gelegt wird, dass eine Historikerkommission nach dreijähriger Forschung der Stadtpolitik eine Umbenennung nahelegte. In der Mozartstadt ist ein zentraler Platz im Festspielbezirk nach dem 1989 verstorbenen Orchesterleiter benannt, der lange in Anif bei Salzburg gelebt hat.
Schlüsseldokumente werden veröffentlicht
“Herbert von Karajan ist eine der prägenden Persönlichkeiten der Musikgeschichte, doch seine Biografie ist nicht unumstritten. Mit dieser Studie will ich anhand vorliegender und neuer Quellen ein faktenbasiertes Bild zeichnen. Ein besonderer Schwerpunkt der Studie wird auf der internationalen Rezeption von Karajans Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg liegen. Transparenz ist dabei oberstes Gebot: Alle Schlüsseldokumente werden veröffentlicht, damit jede Behauptung überprüfbar bleibt”, kündigte Wolffsohn in der Aussendung an. Für seine Forschung ersucht der Wissenschafter Weggefährten Karajans sowie deren Angehörige und Nachfahren, schriftliche Zeugnisse über den Menschen Herbert von Karajan an die E-Mail-Adresse wolffsohn-studie@web.de zu senden und sich für Zeitzeugen-Interviews zur Verfügung zu stellen.
Karajans Töchter Arabel und Isabel Karajan kündigten an, jedes wissenschaftlich fundierte Ergebnis zu akzeptieren. Auch der neu installierte Aufsichtsrat des Instituts unterstützt die Auftragserteilung an Wolffsohn. (APA/red)
Das Eliette und Herbert von Karajan Institut wurde 2005 von Karajans Witwe Eliette gegründet. Es verwaltet den musikalischen Nachlass des Dirigenten und führt das Karajan Archiv. Weitere Aufgabe ist es, “mit modernsten Mitteln und im Sinne der Pflege und Fortführung von Karajans Erbe, neue Technologien in der Musik zu fördern und zu etablieren. Dauernder Fortschritt – ganz im Zeichen der Vision des Maestros – steht dabei im Zentrum”, heißt es in der Pressemappe des Instituts.
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