Der Fall hatte für Entsetzen gesorgt. Bei einem frühmorgendlichen Spaziergang an der Tiroler Ache soll Florin A. von einem Unbekannten von hinten mit einer Flasche bewusstlos geschlagen und ausgeraubt worden sein. Während er hilflos am Boden lag, kletterte sein durch einen Gendefekt gehandikapter Sohn Leon (6) aus seinem Buggy und stürzte in den Fluss. Das Kind ertrank.

So die erste Version des Unglücks, die mit fortschreitenden Ermittlungen jedoch zerbröselte. Sechs Monate nach dem Unglück wurde der Vater unter dringendem Mordverdacht in U-Haft genommen, viele Indizien sprachen inzwischen dafür, dass der Überfall nur erfunden war. Die Prosecco-Flasche, mit der er niedergeschlagen worden sein soll, hatte er zuvor selbst im Kinderwagen mitgeführt, auf seinem Handy hatte er den Begriff “Ohnmacht” gegoogelt.

Verteidigung: Schlampige Ermittlungen, fehlende Objektivität

Florian A. bestritt von Anfang an vehement, etwas mit dem Tod seines Buben zu tun gehabt zu haben. Er tut dies auch weiterhin. Und er wird auch vor den acht Geschworenen in Innsbruck seine Unschuld beteuern.

Auf die Laienrichter kommt im Fall Leon eine besonders heikle Aufgabe zu. Denn nach wie vor gibt es kein Motiv. Warum sollte der Vater das Kind getötet haben, das er nach Aussagen aller Bekannten der Familie abgöttisch liebte? Um das er sich besonders kümmerte – trotz oder wegen der Behinderung des Buben.

“Absurd” nennt die Verteidigung deshalb die Vorwürfe in der Anklage. Sie bemängelt fehlende Objektivität bei den Ermittlungen und eine schlampige Spurensicherung vor Ort. Mit einem Großaufgebot an Zeugen wollen die Anwälte die Geschworenen davon überzeugen, dass der Vater keinen Grund für ein Tötungsdelikt hatte.

“Im Zweifel für den Angeklagten” lautet ein Rechtsgrundsatz. Sollten die Gutachter in dem spektakulären Prozess nicht alle Zweifel an der Schuld des Vaters beseitigen können, könnte Florian A. den Innsbrucker Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Leons Tod bliebe wohl für immer ungesühnt.