Wegen Teilnahme an Demos: Lehrer wird entlassen und muss 24.000 Euro blechen
Ein Salzburger Lehrer wurde suspendiert, weil er unter anderem Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen sowie für das traditionelle Familienbild besuchte. In erster Instanz wurde er freigesprochen, doch nun muss er 24.000 Euro Anwaltskosten begleichen – und bekam ein befristetes Berufsverbot. Exxpress hat mit ihm gesprochen.
Ein Mittelschullehrer aus Salzburg wurde gefeuert und für zwei Jahre vom Schuldienst suspendiert. Der Grund: Vor seiner Zeit als Lehrer nahm der Österreicher mit albanischem Migrationshintergrund an Demonstrationen gegen Covid-19-Maßnahmen, Protesten der Identitären Bewegung (IB) und einem „Marsch für die Familie“, welcher sich für ein traditionelles Familienbild, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, einsetzt. Im Juli 2023 erhielt Nelsi Pelinku, der seinen Namen mittlerweile geändert hatte, um keine beruflichen Nachteile zu haben, das Kündigungsschreiben von der Bildungsdirektion Salzburg.
Dazu kam es folgendermaßen: Am 17. Dezember 2022 wurden Fotos des heute 33-Jährigen auf einer von der linksextremen Antifa betriebenen Homepage gepostet. Darauf ist zu sehen, wie er die besagten Demonstrationen besucht. Zugleich ruft die Antifa in dem Text unter den Bildern indirekt zu der Entlassung des Lehrers auf.
DÖW-Bericht: Lehrer sei „Rechtsextremist“
Nachdem die Schuldirektorin von der Website erfahren hatte, beauftragte sie die staatlich finanzierte Stiftung „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands“ (DÖW), einen Bericht über Pelinku anzufertigen und ein Urteil darüber abzugeben, ob er öffentlich „faschistisches, antisemitisches oder rassistisches Gedankengut oder sonst eine verfassungsfeindliche Einstellung“ vertrete. Das geht aus dem Bericht, welcher exxpress vorliegt, hervor.
Der DÖW-Bericht behauptet, dass der „Marsch für die Familie“ und ein Protest gegen eine „Drag Queen Story Hour“, an der Pelinku teilnahm, eine „offen homophobe Agenda“ haben. In dem Bericht heißt es auch, der katholische Lehrer sei ein „Rechtsextremist“, weil er an mehreren von der Identitären Bewegung organisierten Anti-Einwanderungs-Kundgebungen teilgenommen habe.
Das DÖW erklärte jedoch auch, dass keine von Pelinkus Handlungen gegen die Meinungs- oder Redefreiheit in Österreich verstoßen.
Ein Grund: Der Lehrer habe behauptet, Sonnenstrahlen machen „schwul“
Nach der Stellungnahme des DÖW wurde Pelinku einige Monate später gekündigt. In dem Kündigungsschreiben, das exxpress vorliegt, nennt die Salzburger Bildungsdirektion als Gründe für die Entlassung unter anderem, dass Pelinku einige der an der Schule angewandten Unterrichtsmethoden, wie etwa das Format „Teamteaching“, kritisiert habe. Als weiterer Grund wurde angegeben, dass der Lehrer die Pressefreiheit auf den Demonstrationen verletzt habe, da er „durch gezieltes Hochhalten eines Regenschirms die Berichterstattung über öffentliche Kundgebungen (…) behindert“ habe.
In dem Entlassungsschreiben wurde ferner behauptet, der Lehrer habe einer Gruppe von Schülern suggeriert, dass Sonnenstrahlen sie „schwul“ machen könnten. Pelinku sagt gegenüber exxpress, dass dies eine Lüge sei, und die Schüler, die diese Behauptungen aufgestellt hatten, vor Gericht nach der Verhandlung widersprüchliche Aussagen machten. Die Behauptung wurde daher vom Richter als nicht glaubwürdig eingestuft.
Weiter heißt es, der Lehrer habe ein Flugblatt des LGBTQ-Verband „HOSI“ im Konferenzzimmer zerrissen, das in der Schule auslag. „Das war ein Fehler“, gibt er Lehrer gegenüber exxpress zu. „Ich habe mich zwei Tage später bei der Direktorin dafür entschuldigt“, sagt er. Pelinku denkt, dass er auch ohne diesen Fauxpas entlassen werden würde.
Meinungsfreiheit: Das Gericht gab dem Lehrer in 1. Instanz recht
Im Jänner 2024 verklagte der Lehrer das Bundesland Salzburg wegen ungerechtfertigter Kündigung. In seinem Urteil vom 11. Juli 2024 stellte das Arbeits- und Sozialgericht Salzburg fest, dass der Lehrer gemäß seiner Rechte der in der Europäischen Menschenrechtskonvention und im österreichischen Verfassungsrecht verankerten Rede- und Versammlungsfreiheit handelte und dass keine schwerwiegende Verletzung seiner Pflichten als Lehrer vorlag. Daher befand das Gericht, dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt war.
Bildungsdirektion legte Berufung ein
Doch die Bildungsdirektion Salzburg legte gegen die Entscheidung Berufung ein, der das Gericht in zweiter Instanz wegen sogenannten „konkludenten Verzicht auf Recht“ stattgab. Nach seiner Entlassung bewarb sich Pelinku an zwei öffentlichen Schulen des Landes Salzburg und gab in seiner Bewerbung an, dass sein Dienstverhältnis an der Musikmittelschule am 31. August 2023 endet. Das Gericht befand, dass der Lehrer damit stillschweigend seine Entlassung als rechtmäßig akzeptiert hatte und damit sein Recht verwirkte, gegen eine unrechtmäßige Kündigung zu klagen.
Nachdem Pelinku den Fall verloren hat, muss er nun über 24.000 EUR an Gerichtskosten zahlen und darf zwei weitere Jahre nicht als Lehrer an öffentlichen Schulen in Österreich arbeiten.
„Lehrer-Sein ist meine Berufung“
„Wenn ich von dem Fall erzähle, wird mir bewusst, wie clownesk das Ganze ist. Wir leben in keiner echten Demokratie“, sagt der gläubige Katholik, der nun in einem anderen Job arbeitet, gegenüber exxpress. Es handle sich „glasklar“ um ein politisch motiviertes Urteil, das aufgrund seiner Weltanschauung getroffen wurde. Dabei habe er mit seinen Schülern nie über sein Weltbild gesprochen, meint er.
Pelinku möchte künftig sehr gerne wieder als Lehrer arbeiten. „Ich sehe das Lehrer-Sein als Berufung an und habe sehr gutes Feedback erhalten“, erklärt er. Als seine Kündigung publik wurde, habe er „dutzende“ von positiven und ermutigenden E-Mails von Eltern erhalten.
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