“Sie sind die Favoriten, allein schon aufgrund der Erfolge in den letzten Jahren”, sagte Ruttensteiner, der beim ÖFB lange als Sportdirektor arbeitete und den Verband 2017 verließ. Seither sei die österreichische Mannschaft noch besser geworden. “Der Unterschied zu 2017 ist vor allem die Erfahrung. Es sind viele Spieler bei Topclubs und in internationalen Bewerben. Es ist großes Potenzial da und es gibt eine gute Balance zwischen jungen und erfahrenen Spielern.”

Deshalb habe das ÖFB-Team auch bei der diesjährigen EURO um einiges besser abgeschnitten als 2016. Ob die Truppe von Franco Foda ihre Klasse auch beim nächsten Großevent unter Beweis stellen kann, erscheint fraglich – sechs Partien vor Schluss liegt Dänemark mit fünf Punkten Vorsprung und der deutlich besseren Tordifferenz voran, nur der Erste qualifiziert sich direkt für das Turnier 2022 in Katar.

“Ich würde nicht sagen, dass Platz eins unrealistisch ist. Ich traue Österreich durchaus zu, in Dänemark zu gewinnen und glaube auch, dass Dänemark noch einmal unentschieden spielen wird. Aber natürlich sind die Dänen in der viel besseren Position”, meinte Ruttensteiner.

Gruppenrang zwei wäre eine Sensation

Trotz des guten Zuspruchs des 57-Jährigen dürfte Platz eins für Österreich außer Reichweite sein. Andererseits wurde durch den Nations-League-Gruppensieg das Ticket fürs WM-Play-off so gut wie sicher gelöst, daher könnte das ÖFB-Team die Herbst-Partien relativ gelassen angehen. “Aber viele Punkte abzugeben, würde die ganze Aufwärtsentwicklung zurückwerfen. Wenn sie nur Gruppendritter werden, würde das schon Spuren hinterlassen”, vermutete Ruttensteiner.

Derzeit ist Österreich Gruppendritter – hinter den punktegleichen zweitplatzierten Israelis. Sollte dies bis zum Schluss so bleiben, wäre Ruttensteiner überglücklich. “Der zweite Platz wäre eine Sensation. Auch der dritte Platz wäre ein Erfolg, weil wir vor einer der drei sehr guten Nationalmannschaften Dänemarks, Österreichs und Schottlands wären. Der vierte Platz ist der, wo uns jeder sieht, Rang fünf oder sechs wäre ein Misserfolg”, meinte der Oberösterreicher.

Ruttensteiner trat im Sommer des Vorjahres die Nachfolge von Andreas Herzog an, davor war er schon Sportdirektor des israelischen Verbandes. “Ich habe die Mannschaft auf Weltranglistenplatz 99 übernommen, jetzt sind wir 81. Es ist eine Entwicklung zu sehen, immer mehr Junge gehen ins Ausland.”

Achtung auf Zahavi

Die aktuellen Hoffnungsträger sind aber nach wie vor die Arrivierten. Dazu zählen etwa der mittlerweile beim spanischen Zweitligisten Real Valladolid tätige Ex-WAC-Goalgetter Shon Weissman, Eindhoven-Stürmer Eran Zahavi, der in der vergangenen EM-Quali gegen Österreich viermal traf, oder der frühere Salzburg- und nunmehrige Hoffenheim-Profi Munas Dabbur.

Letzterer sorgte in Israel im vergangenen Frühjahr während der Unruhen auf dem Tempelberg mit einem Instagram-Beitrag für Aufregung, in dem er unter anderem das Koran-Zitat “Gott wird sich an den Sündern rächen” postete. Bald darauf folgte eine Entschuldigung des Angehörigen der arabisch-muslimischen Minderheit, er wurde allerdings für die Juni-Länderspiele gegen Montenegro und Portugal freigestellt.

Diesmal ist Dabbur wieder dabei und traf prompt beim 4:0 auf den Färöern. “Die Situation ist geklärt”, betonte Ruttensteiner. Er wisse aber nicht, wie die Fans in Haifa den Stürmer empfangen werden. “Es kann sein, dass ein bisschen gebuht wird.” Sollte die Partie im Sammy Ofer Stadium allerdings so enden wie beim bisher letzten österreichischen Auftritt in der Arena von Haifa, wären die Misstöne wohl ziemlich leise – am 24. März 2019 gewann Israel in der EM-Qualifikation gegen das ÖFB-Team 4:2. (APA/red.)