Die Geigerin Alice Harnoncourt, Mitbegründerin und langjährige Konzertmeisterin des Concentus Musicus Wien, Witwe des 2016 verstorbenen Pioniers einer historischen musikalischen Aufführungspraxis Nikolaus Harnoncourt, ist heute, Mittwoch, 91-jährig gestorben. Das gab der Concentus Musicus Wien am Nachmittag bekannt.

24. November 2009: Dirigent Nikolaus Harnoncourt (r.) mit Ehefrau Alice während eines Pressegesprächs anlässlich der Proben zu Joseph Haydns "Il Mondo della Luna" im Theater an der Wien.APA/ROBERT JAEGER

Auf der Facebook-Seite des Ensembles war ein kurzes Statement zu lesen: “In großer Trauer, Dankbarkeit und Bewunderung müssen wir bekannt geben, dass unsere Alice Harnoncourt heute, 20. Juli 2022 in den frühen Morgenstunden im Kreise ihrer Familie friedlich von uns gegangen ist. Ihr einzigartiges Geigenspiel, ihr unermüdlicher Einsatz für die Musik und ihr großes Verständnis für uns Musikerinnen und Musiker werden wir in liebevoller Erinnerung bewahren.”

Glückliche Ehe und Leben im Dienst an der Musik

Als Alice Hoffelner am 26. September 1930 in Wien geboren, studierte sie Klavier und Geige in Wien und lernte im Rahmen ihres Studiums Nikolaus Harnoncourt kennen. Beide waren von der Alten Musik, dem Studium der ursprünglichen Aufführungspraxis von Renaissance- und Barockmusik und der Vorstellung eines Musizierens auf historischen Musikinstrumenten fasziniert. 1949 gründeten sie gemeinsam mit Eduard Melkus und Alfred Altenburger das Wiener Gamben-Quartett, 1953 den Concentus Musicus Wien, dessen Konzertmeisterin sie bis 1981 war und der das Verständnis der Alten Musik nicht nur revolutionierte, sondern auch wesentlich dazu beitrug, ihr ein breites Publikum zu gewinnen.

Alice Harnoncourt mit ihrem Eheman (r.) anläßlich der Verleihung des International Salzburg Association (ISA) "Wolfgang Schüssel-Preis" an Nikolaus Harnoncourt am 23. Juli 2015 in Wals-Siezenheim.APA/BARBARA GINDL

1953 heirateten Alice und Nikolaus Harnoncourt in Graz. Das Paar bekam vier Kinder: Elisabeth (geb. 1954), Philipp (geb. 1955), Eberhard (1957-1990) und Franz (geb. 1961). “Neben ihren Funktionen in der Familie ist sie die schier unerschöpfliche Kraft hinter sämtlichen künstlerischen Aktivitäten und die einzige Instanz, deren Meinung für ihn (Nikolaus Harnoncourt, Anm.) unverzichtbar ist”, beschrieb sie Harnoncourt-Biografin Monika Mertl in ihrem Buch “Vom Denken des Herzens”. Sie habe “eine Fülle von Macht”, die sie nie ausspiele. “Im persönlichen Umgang ist sie unkompliziert, lebhaft, mädchenhaft charmant, von anteilnehmender Freundlichkeit, Wünschen prinzipiell zugänglich. (…) Den Zielen, die ihr Mann für das gemeinsame Leben gesteckt hat, hat sie sich nicht untergeordnet, sondern angeschlossen.”

2011 erhielt das Ehepaar das “Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien”. “Das Ehepaar Harnoncourt lebt eine künstlerische Symbiose wie kein anderes”, sagte der damalige Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.