Seit einem Jahr liegt die FPÖ in den Umfragen auf Platz eins, zurzeit uneinholbar zwischen 29 und 32 Prozent. Unbeeindruckt davon zeigt sich der Europapolitiker Othmar Karas (ÖVP). In einem Interview stellt er sich dezidiert gegen jede Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen. Auf die Frage, ob es eine Abgrenzung zu Parteien wie der FPÖ brauche, antwortet er: „Definitiv!“

Die FPÖ unter Bundesparteiobmann Herbert Kickl (Bild) liegt in den Umfragen zurzeit auf Platz eins.APA/HELMUT FOHRINGER

Der Erste Vizepräsident des EU-Abgeordnetenhauses begründet seine Haltung vor allem mit der freiheitlichen Europapolitik: „Die Rechtspopulisten und Rechtsnationalisten wollen keine Lösungen, sie wollen kein starkes Europa. Deshalb kann keine Zusammenarbeit mit ihnen funktionieren.“ Karas will sich aus diesem Grund im kommenden Jahr auch in Österreichs Innenpolitik einmischen, etwa nach der kommenden Nationalratswahl: „Ich werde alles dafür tun, dass die FPÖ in der nächsten Regierung nicht vertreten ist. Mit einem extremen Pol kann keine Politik für die Zukunft gemacht werden.“

Die FPÖ und andere rechtspopulistische Parteien wollen Europa schwächen, sagt Karas.APA/EVA MANHART

EU-Wahl: Entscheidung zwischen liberaler Demokratie und nationalem Populismus

Einen hohen Stellenwert misst der langjährige EU-Parlamentsabgeordnete aber auch der bevorstehenden EU-Wahl im Juni bei: „Das wird eine gesellschaftspolitisch wichtige Wahl werden. Eine Wahl zwischen dem europäischen Projekt der Zusammenarbeit und der Stärkung der liberalen Demokratie auf der einen oder der Nationalisierung und der Stärkung des Populismus auf der anderen Seite“, sagt er gegenüber der „Presse“.

Othmar Karas sieht sich im Kampf gegen rechte Parteien und für die Stärkung der liberalen Demokratie.APA/EVA MANHART

Othmar Karas wird für seine Partei nicht mehr antreten, aber während des Wahlkampfs sehr wohl in Erscheinung treten. „Ich werde mich als Sprecher der institutionellen Kampagne für eine Stärkung der liberalen Demokratie einsetzen und dafür in allen Bundesländern unterwegs sein.“ Überdies wolle er „bis zum letzten Tag, dem 16. Juli, meine Funktion als Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments wahrnehmen.“

ÖVP habe „Instrumentarium der Rechtspopulisten übernommen“

Der ÖVP-Politiker ist seit 1999 Abgeordneter im Europäischen Parlament. Zuvor war er von 1983 bis 1990 Abgeordneter zum Nationalrat, und dann von 1995 bis 1999 ÖVP-Generalsekretär. Auf die Frage nach seinen Rezepten gegen ein Erstarken der FPÖ meint er: Die politischen Kräfte müssten „durch konstruktive politische Arbeit endlich wieder Vertrauen schaffen. Nur damit stärken wir die konstruktive Mitte.“ Es gelte „Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.“

Mit seiner eigenen Partei versteht sich Othmar Karas nicht mehr wirklich gut, vor allem wegen der „Positionierung Österreichs in Europa“. Karas: „Das ist nicht mehr jene Europapolitik, die ich jahrzehntelang mitgestaltet habe.“ Differenzen zu seiner Partei sieht er etwa bei der Migration. Er trete „gegen das Sterben im Mittelmeer, gegen illegale Pushbacks“ auf. Weshalb er deshalb als Linker gelte, versteht Othmar Karas nicht. Generell habe die ÖVP „das Instrumentarium der Rechtspopulisten übernommen“.

Debatte über EU-Finanzen schwäche Vertrauen in europäische Politik

Hausgemachte Fehler seien abgesehen vom „Umgang mit dem Migrationsthema“ auch das Veto zur Erweiterung des Schengenraums und die „Debatte zu den Finanzen der Europäischen Union“. So werde es „nicht gelingen, Vertrauen in die Politik und insbesondere in die europäische Politik bei der Bevölkerung zu schaffen“.

Man stehe nun „vor den größten Transformationsprozessen seit 1945“. Ohne näher ins Detail zu gehen, meinte der Europapolitiker: Angesichts dieser Veränderungen müsse man auf die Menschen zugehen, „für Lösungen werben und diese Lösungen erarbeiten“.