Westeuropäische Regierungen lieferten der Ukraine 60 Leopard 2A4 sowie 14 Leopard 2A6 – davon sind jetzt 6 Leopard 2A4 und auch zwei Stück der besseren Ausführung A6 zerstört oder beschädigt, mehrere dieser modernen Kampfpanzer des deutschen Herstellers Krauss-Maffei Wegmann in München-Allach wurden von den russischen Truppen erbeutet, wie aktuelle Drohnenvideos zeigen.

Diese Entwicklung sei für die westeuropäische Waffenindustrie und alle westeuropäischen Armee, die den Leopard 2 nutzen, “ziemlich katastrophal”, analysiert nun ein langjähriger Leopard-2A4-Kommandant des Bundesheeres und aktueller Kampfpanzer-Experte im Gespräch mit dem “eXXpress”.

Äußerlich kaum beschädigt: Ein von der ukrainischer Armee aufgegebener Leopard-2A6 auf dem Schlachtfeld.

Bisher geheimes Waffen-Know-how ist jetzt in Russland

“Die Russen werden die erbeuteten Leopard 2A6 jetzt total auseinandernehmen”, sagt der österreichische Top-Experte. Und die russischen Waffen-Spezialisten werden dann folgende extrem wichtige Bereiche des Leopard 2A6 genauestens untersuchen: Erstens die Bug-Panzerung sowie die Turm-Panzerung – der genaue Aufbau und die verwendeten Materialien seien der russischen Seite bisher nicht bekannt.

Zweitens die L/55-Glattrohr-Kanone vom Kalieber 120 x 570 mm, die von der Firma Rheinmetall hergestellt wird – damit soll herausgefunden werden, wie treffsicher das Geschützrohr im Ernstfall ist. Das bringt den russischen Truppen einen gewaltigen Wissenszuwachs, der am Schlachtfeld überlebenswichtig sein kann.

Und drittens: Die Zurückgelassene Wolfram-Pfeil-Munition, vermutlich des Typs DM 63. “Wenn der Leopard-2A6-Panzer zurückgelassen worden ist, dürfte auch die Munition erbeutet worden sein – das ist gar nicht gut”, meint der frühere Panzer-Offizier des Bundesheeres. Die russische Waffentechniker werden auch die Patronen auseinandernehmen, etwa auch die Pulvermischung genau analysieren, die Durchschlagskraft auf allen Entfernungen exakt bewerten.

Russische Spezialeinheiten inspizieren einen der 15 abgeschossenen Bradley-Schützenpanzer

Langjähriger Panzer-Offizier sieht schwere Fehler der ukrainischen Panzereinheiten

Neben all den schlechten News für alle westeuropäischen Militärs kommt noch eine nicht angenehme Nachricht für die Politiker in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und Italien dazu, sagt der Panzer-Experte: “Vermutlich wird die russische Regierung auch einen dieser Leopard 2A6 auf dem Roten Platz in Moskau in Rahmen einer großen Militärschau ausstellen – für die Propaganda war dies immer schon üblich.”

Seltsam findet der frühere Panzer-Offizier auch, dass die ukrainische Armee “ihre besten Kampfpanzer gleich zu Beginn einer Offensive einsetzt”: “Zum Erkunden der schwächeren Bereiche der russischen Verteidigungslinien müssen nicht wirklich Leopard-2A6-Kampfpanzer eingesetzt werden, die dann nur zu zweit und mit Infanterie-Begleitung in Regimentsstärke vorrücken. Das kann nicht gut gehen.”

Zwei Details, die noch auf den Drohnenvideo zu sehen sind, würden ebenso den geringen Ausbildungsstand der ukrainischen Leopard-Panzerbesatzungen belegen: Die Leopard  2A6 sind auf dem Schlachtfeld gar nicht getarnt, die besonders auffälligen eckigen Konturen sind von Drohnen oder Jagdbombern sofort erkennbar. Und die Panzer würden auch “zu dicht beisammen stehen und zu wenig in Bewegung sein”, meint der Panzer-Veteran: Das wären ebenfalls schwere Fehler, die der Gegner sofort ausnützen würde.

Ebenfalls zurückgelassen: Zahlreiche gefallene ukrainische Panzergrenadiere, die den Leopard-2A6-Vorstoß begleiteten.