Die Bundeswehr mit ihren Teilstreitkräften Heer, Marine und Luftwaffe war einst 500.000 Mann stark, gehörte zu den modernsten Armeen in Europa. Heute ist nur noch ein Schatten davon übrig geblieben. Die Truppe mehr als halbiert, die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft, Hunderte Standorte geschlossen. Das einstige Leitbild vom “Bürger in Uniform” ging verloren, die Armee und die Gesellschaft drifteten immer weiter auseinander.

Mit fatalen Folgen für die Nachwuchsgewinnung. Freiwillig meldete sich kaum noch einer für den Militärdienst. Langwierige, teils erfolglose Auslandseinsätze und der marode Zustand der Streitkräfte taten ein übriges, um das Image zu zerstören.

Boris Pistorius mit Klaudia Tanner.

Koalitionspartner für Pistorius-Idee

Der Krieg vor der Haustür in der Ukraine und die weltweit angespannte geopolitische Lage aber haben zu einem Umdenken geführt. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro will Deutschland seine Rumpftruppe wieder auf Vordermann bringen.

Doch dafür fehlen nach wie vor Soldaten, entsprechende Rekrutierungsprogramme liefen maximal durchwachsen. Einsätze wie einst in Afghanistan oder Mali, Verwendungen wie künftig an der NATO-Ostflanke in Litauen erscheinen jungen Menschen offenbar wenig attraktiv.

Verteidigungsminister Boris Pistorius bringt deshalb keine ganz neue, aber eine doch revolutionäre Idee ins Spiel: Er will die Bundeswehr auch für Ausländer öffnen. Beim Koalitionspartner FDP rennt er damit offene Türen ein. Die verteidigungspolitische Sprecherin Marie-Agnes Stark-Zimmermann: “Grundsätzlich müssen wir bei der Suche nach geeigneten jungen Menschen, die ihren Dienst in der Bundeswehr zu leisten bereit sind, deutlich europäischer denken“, sagte sie der Rheinischen Post.

Opposition: Gilt das nur für EU-Bürger?

Auch die Opposition signalisiert grundsätzlich Zustimmung, sieht aber Klärungsbedarf: “Gilt diese Möglichkeit nur für Bürgerinnen und Bürger von EU- oder NATO-Staaten oder auch noch darüber hinaus? Ist die vollständige Kenntnis der deutschen Sprache nötig?“

Es wird also dauern, bis die ersten Soldaten ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit dem schwarz-rot-goldenen Abzeichen am Uniformärmel aufmarschieren.