Dass es unter den Grünen auch Impfgegner gibt, ist kein Geheimnis. Vizekanzler Werner Kogler zeigte sich vom parteiinternen Widerstand bisher unbeeindruckt. Doch nun hat sich unter die unzähligen Beschwerden gegen das geplante Impfpflicht-Gesetz auf der Parlaments-Homepage eine 19 Seiten lange Stellungnahme eingereiht, die dem Grünen-Chef nicht wirklich gleichgültig sein kann. Sie stammt nämlich von keiner geringeren als seiner Vorgängerin Madeleine Petrovic, die von 1994 bis 1996 Bundessprecherin der Grünen war, und später bis 2015 Landessprecherin der Grünen in Niederösterreich.

Vieles von dem, was die einstige Spitzenpolitikerin dort schreibt, ist ein Schlag ins Gesicht der Regierung und somit auch in das des Vizekanzlers und des grünen Gesundheitsministers.

Corona-Impfung entspreche nicht dem gängigen Verständnis einer "sicheren Impfung"

“Immer noch wird allen empirischen Befunden zum Trotz lapidar behauptet, die Impfung wirke und sei sicher”, kritisiert die einstige grüne Frontfrau. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde unter einer “sicheren Impfung” aber eine Impfung verstanden, “die mit ganz seltenen Ausnahmen (etwa bei Personen mit einem schon vor der Impfung schwer beeinträchtigten Immunsystem) die geimpfte Person vor einer Infektion schützt und daher auch im Sinne der Allgemeinheit von Vorteil ist.” Dies sei bei der Corona-Impfung “eindeutig nicht der Fall.”

Die Lage sei sogar noch schlimmer. Hier stellt Petrovic eine gewagte Hypothese auf: “Es gibt empirische Indizien für eine Vergrößerung der Infektionsgefahr (durch Omikron) mit fortschreitender Zahl der Impfungen.” Gleichzeitig sei ein “nur lückenhaft angewendetes (passives) System der Meldung von Nebenwirkungen” schuld an der großen Unsicherheit und bewirke einen “wachsenden Verlust des Vertrauens in der Bevölkerung”.

Lange Liste an Kritikpunkten, auch an den bisherigen Maßnahmen

Zahlreiche weitere Kritikpunkte äußert Petrovic, wobei sie dabei gleichzeitig mit dem Corona-Management der Regierung hart ins Gericht geht, etwa:

Nicht einmal Dr. Drosten spreche von einer “Pandemie der Ungeimpften”.

Österreichs epidemiologische Datenlage ist höchst mangelhaft, wie bereits der Rechnungshof kritisiert hat.

Eine Impfstrategie, die die gesamte Bevölkerung immunisiert, provoziere Mutationen, und die bewirkten, dass die Impfung wieder wirkungslos werde.

Eine frühzeitige medikamentöse Behandlung der Covid-Patienten wurde vernachlässigt.

Die Auslastung der Spitäler allein reiche als Begründung für Eingriffe in Grundrechte nicht aus, “solange es keine verfassungsrechtlich garantierte bundesweite Mindestausstattung bzw. Mindestanzahl an Betten bzw. Intensivbetten gibt.”

“Gravierende Strafen … in der Art einer verwaltungsbehördlichen Rasterfahndung (ansonsten nur im gerichtlichen Strafrecht für besonders schwere Delikte zulässig!) gleich in Serie anzudrohen erscheint völlig unverhältnismäßig”.

“Die heftigen Proteste … können nur auf Basis von Transparenz und Zugang zu allen relevanten Informationen entschärft werden.” Der “Weg immer tiefer wirkender Spaltung und Konfrontation” müsse verlassen werden.

Es bestehe “mangelnde Transparenz der Verträge mit den Impfpflicht-Herstellern”.

Es drohten "Unsummen" zur Abwicklung der Verwaltungsstrafen

Große Probleme ortet Petrovic überdies im zivilrechtlichen Bereich. Es drohten jahrelange Verfahren, deren Abwicklung “Unsummen” kosten werden. Die Ex-Politikerin erwähnt die “Ausgaben für Personal (dem Vernehmen nach werden derzeit zusätzliche Leute für die Abwicklung der Verwaltungsstrafen gesucht) und Sachkosten. Ich meine, wir brauchen sehr, sehr viel Geld und Kraft, um die Schäden, die in Gesellschaft und Wirtschaft eingetreten sind, zumindest teilweise abzudecken und DORT sollten wir investieren.”

Nun gebe es nur mehr zwei Möglichkeiten, konstatiert Petrovic: “Entweder wird dieser Entwurf durchgeboxt und als rechtlich dubiose Grundlage für tausende Strafverfahren herangezogen oder wir versuchen in Gesprächen gemeinsam – spät aber doch – noch einmal praxisnahe Alternativen zur Impfpflicht im Interesse der Gesundheit, der Sicherheit und des Vertrauens der Bevölkerung auszuarbeiten.”