Der österreichweit sehr bekannte Plagiatsjäger Stefan Weber hält die Causa rund um die Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zwar für weitgehend geklärt – ohne Bachelorabschluss konnte sie  offensichtlich den Master an der London School of Economics (LSE) machen – allerdings wurde von den Grünen bis heute nicht die Masterarbeit Baerbocks vorgelegt, oder auch nur ihr Titel genannt, was er bemängelt. Gegenüber dem eXXpress unterstreicht Weber: “Natürlich würde ich es nach dieser Debatte sehr interessant finden, wenn Baerbock ihre Abschlussarbeit, sofern es eine überhaupt gibt, vorlegen sollte.”

Dass Baerbock einen Master ohne Abschlussarbeit gemacht hat, ist nicht auszuschließen. Gemäß heutigem Curriculum an der LSE ist in Baerbocks Studiengang eine “dissertation with 10.000 words” erforderlich, was in etwa 30 Seiten entspricht, wie bei einer Seminararbeit.

Wer öffentliche Ämter bekleidet, sollte seine wissenschaftlichen Arbeiten vorlegen müssen, erklärt Plagiatsjäger Stefan Weber

Falsche Angaben über Baerbocks Bachelor

Weber hat in der Vergangenheit schon die wissenschaftlichen Arbeiten sämtlicher Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unter die Lupe genommen – teils mit weitreichenden Folgen: Erst vor wenigen Monaten musste die österreichische Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) wegen Plagiaten in ihrer Dissertation und ihrer Diplomarbeit, sowie gravierender sprachlicher Mängel dort, ihren Hut nehmen. Medienkünstler Peter Weibel hat überhaupt keinen Doktor, wie Weber herausfand, und dem steirischen Landesrat Christian Buchmann (ÖVP) wurde sein Doktorgrad wegen einer zu 30 Prozent abgeschriebenen Dissertation aberkennt, woraufhin Buchmann zurücktrat.

Auf Twitter sprachen einige Verteidiger Baerbocks von Falschmeldungen gegen ihre Person. Dazu Stefan Weber: “Nicht ich, sondern die Süddeutsche Zeitung und die Grünen Brandenburgs haben in die Welt gesetzt, dass Baerbock einen Bachelor hat.”

Grüne Spitzenkandidatin hat mit CV anderes suggeriert

Dass Annalena Baerbocks biographische Angaben korrekt waren, würde Stefan Weber nicht ohne weiters unterstreichen: “Sie hätte in all ihren Lebensläufen immer beim Studium in Hamburg in Klammern angeben müssen: ‚nicht abgeschlossen‘ oder ‚Fortsetzung in London‘. So aber hat sie suggeriert, dass sie zuerst ein Erststudium gemacht hat – etwa mit Bachelor, Diplom oder Magister – und danach ein postgraduales Studium. Davon sind wir alle bis gestern ausgegangen.”

Weber macht einen Vergleich: “Wenn ich anfange, Publizistik in Wien zu studieren und dann das Studium in Salzburg abschließe – so war es ja de facto bei Baerbock – , dann schreibe ich auch nicht: Studium in Salzburg, Studium in Wien, sondern Studium in Salzburg und Wien.”

"Arbeiten für eine wissenschaftliche Öffentlichkeit"

Mit Blick auf die Irritationen rund um Baerbock meint er: “Mir ist aufgrund dieser Causa nochmals klarer geworden, dass es sinnvoll ist zu fordern, dass alle Leute, die öffentliche Ämter bekleiden, besonders die Politiker, alle wissenschaftlichen Arbeiten ab der Master-Ebene veröffentlichen.”

Gemäß dem österreichischen Universitätsgesetz besteht – anders als in Deutschland – eine Veröffentlichungspflicht für wissenschaftliche Arbeiten ab dem  Master. Das hält Weber auch für gut so: “Wir schreiben diese Arbeiten ja nicht nur für den Betreuer, oder damit wir sie über unser Nachtkästchen hängen. Die haben ja einen Sinn. Wir schreiben sie für eine wissenschaftliche Öffentlichkeit.”