Holger Münch, der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden, gilt nicht als Scharfmacher. Seine Worte wählt er mit Bedacht. An Deutlichkeit aber mangelt es nie. Münch spricht Klartext, vor allem wenn er erschreckende Zahlen wie jüngst präsentieren muss.

In Deutschland explodiert die Zahl an Gewalttaten. Im ersten Halbjahr ist sie um 17 Prozent im Vergleich zu 2022 angestiegen. Vor allem im öffentlichen Raum, auf Plätzen und Straßen, ist dies der Fall, wie die BKA-Zahlen verdeutlichen. Münch: „Der langfristige Abwärtstrend scheint beendet, der Anstieg der Gewaltkriminalität ist steil.“ Die Zahlen bildeten zwar nur das erste Halbjahr ab, ließen aber einen allgemeinen Trend erkennen.

Gewalttaten in Asylheimen um 244 Prozent angestiegen

Nach der Kriminalitätsstatistik lag der Anstieg der Zahl ausländischer Tatverdächtiger bei plus 23 Prozent, bei deutschen Verdächtigen waren es acht Prozent. Erklärbar sei dies durch den starken Zuzug von Migranten. Aufgrund der Bevölkerungsverteilung sei die große Mehrheit der Tatverdächtigen weiterhin Deutsche, betonte der BKA-Präsident. Aber: „Das ändert nichts daran, dass die Kriminalitätsbelastung bei ausländischen Tatverdächtigen höher ist“, so Münch. Bedeutet: Im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil ist die Kriminalitätsrate bei Ausländern höher.

Aufgeschlüsselt nach Tatorten gab es in Asylwerber-Unterkünften mit plus  244 Prozent den mit Abstand größten Anstieg von Gewaltfällen. BKA-Experten verweisen dabei auf ein bekanntes Phänomen, wenn Menschen in einem fremden Umfeld ankommen und dort nur vorübergehend seien. In Gegenden mit hohem, aber stabilem Migrantenanteil sei die Quote der Gewalttaten durch ausländische Tatverdächtige dagegen deutlicher geringer.

Auffällig sei außerdem der deutlich steigende Anteil jugendlicher Tatverdächtiger. Bei deutschen Jugendlichen und Kindern lag der Zuwachs bei zwölf Prozent, bei ausländischen Minderjährigen bei 37 Prozent.

Faktoren: Mobilität, Teuerung, Zuwanderung

Für die Zunahme der Gewaltkriminalität sieht das BKA drei Faktoren: Zum einen die nach Corona wieder gestiegene Mobilität der Menschen. Sind mehr davon unterwegs oder gehen aus – dadurch würden sich mehr Tatgelegenheiten ergeben. Zusätzlich wird erstmals seit Jahren die Inflation als großes Problem wahrgenommen. Nachweisbar ist der Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung und Kriminalität durch deutlich höhere Fallzahlen.

Die Zuwanderung tut ein Übriges: Da, wo viele Schutzsuchende mehrere Risikofaktoren aufweisen, die das Verüben von Gewaltkriminalität wahrscheinlicher machen”, steigen die Zahlen laut BKA. Zu diesen Faktoren gehört, sich in einem fremden Umfeld mit unsicherer Zukunft und unsicheren wirtschaftlichen Bedingungen wiederzufinden. Vor allem an Orten mit häufig wechselnden Personen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen.