„Den Europäern scheint ein demokratischer Präsident sympathischer zu sein“, sagt Politikwissenschaftler Ralph Schöllhammer (Webster University). Allerdings stelle gerade die so zentrale Energiepolitik von Joe Biden und den Demokraten für Europa ein gewaltiges Problem dar.

Zurzeit benötigen die europäischen Länder nämlich dringend mehr Gas, weshalb sie sich Flüssiggas aus den USA holen. Doch ausgerechnet Biden will das weniger fördern und mehr auf alternative Energiequellen setzen. „Wenn die USA weniger Gas anbieten und das, was sie haben, selber brauchen, werden wir in Europa ein massives Problem haben“, sagt der Top-Politologe in „10 vor 8“.

Abschneiden der Republikaner ist eine massive Überraschung

Das endgültige Ergebnis der Midterm-Wahlen kennen wir noch immer nicht, da alle Stimmen noch nicht ausgezählt sind. Das liege am US-Wahlsystem, erläutert Schöllhammer. Dort liegt die Verantwortung für das Auszählen der Stimmen einzig bei den Bundesstaaten. „Manche haben das gut im Griff, wie Georgia und Florida, woanders, etwa in Arizona, gibt es in bestimmten Wahlbezirken immer Probleme. Die Verantwortlichen sollten vielleicht einmal einen Testlauf machen“, meint Schöllhammer. „Man sollte beim Durchführen einer Wahl die Möglichkeit eines Zweifels so schnell wie möglich im Keim ersticken.“

Ralph Schöllhammer (r.) im eXXpress-Talk mit Maximilian SperreXXpressTV

Noch steht nicht fest, wer die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus haben wird – in zweiterem voraussichtlich die Republikaner. Doch der überragende Sieg der Republikaner blieb auf jeden Fall aus, und das war eine „massive Überraschung“, wie Schöllhammer unterstreicht. „Wir hatten gutes Datenmaterial. Wenn der regierende Präsident unter 44 Prozent an Zustimmung genießt, dann lässt das aufgrund der bisherigen Erfahrungswerte klare Rückschlüsse auf die Mehrheiten zu. Die Verluste hätten eigentlich viel massiver ausfallen müssen.“

Unterstützung für Ukraine wird voraussichtlich fortgesetzt

Hätten die Republikaner stärker abgeschnitten, wäre die militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine in den kommenden zwei Jahren vermutlich nicht in diesem Maße fortgesetzt worden. Nun werden sie wohl bestehen bleiben oder sogar noch verstärkt werden. „Das wäre unter republikanischer Mehrheit anders.“

Doch auch das könne für Europa noch problematisch werden, denn hier hatte man eigentlich auf einen kurzen Krieg gehofft. Sollte sich der Konflikt in die Länge ziehen, werde das zu einer Belastung für Europa und könnte auch zu Verstimmungen mit den USA führen. „Zwar geben die USA mehr in der Ukraine aus, aber Europa hat viel größere wirtschaftliche Probleme.“

Trump spricht nur mehr für sich

Ein Grund für das Wahlergebnis sei wohl die Personalauswahl. Die Kandidaten hätten eben einen Unterschied gemacht, und kein gutes Händchen dürfte hier Ex-Präsident Donald Trump gehabt haben, denn die von ihm gepushten Kandidaten waren vor allem Celebrities mit hohem Bekanntheitsgrad, aber geringer Politik-Kompetenz. Dass das wichtig ist, zeige auch der überragende Sieg der republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis in Florida, den einige für den wahren Sieger dieser Wahlnacht halten. Schöllhammer erinnert daran: Noch vor vier Jahren hat DeSantis mit 30.000 Stimmen Vorsprung gesiegt, nun hatte er um 1,5 Millionen Stimmen mehr. Er habe vor allem mit Kompetenz punkten können.

Ex-Präsident Donald Trump wurde zunehmend zu einem Problem für seine Partei, sagt Schöllhammer.Brandon Bell/Getty Images

Den Stern Donald Trumps sieht Ralph Schöllhammer zunehmend am Verglühen. „Die vier Jahre unter Trump waren meiner Meinung nach eigentlich gut. Doch nun wird der Ex-Präsident wirklich zu einem Problem“, sagt der Politologe. Als Stimme der Unterdrückten, die man nicht hören will, habe Trump einst die Wahlen gewonnen. „Nun spricht Trump nicht mehr für die Unterdrückten, sondern nur mehr für sich.“