„Ab sofort!“: So geht es weiter mit den offenen Asylanträgen von Syrern
Was lange Zeit als unmöglich galt, wurde nach dem jüngsten Sturz des Diktators al-Assad im Eiltempo beschlossen: Alle laufenden Verfahren syrischer Staatsbürger wurden von Gerhard Karner auf Eis gelegt. Doch das ist nicht die einzige Neuerung.
„Ab sofort werden offene Verfahren von syrischen Staatsbürgern gestoppt!“ Es ist eine Anordnung, die von ganz oben kommt: Bundeskanzler Karl Nehammer hat Montagvormittag Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) beauftragt, erstens alle laufenden syrischen Asylanträge auszusetzen und zweitens alle Asylgewährungen zu überprüfen. Davon sind in erster Instanz 7300 offene Verfahren betroffen. Auch der Familiennachzug wird ausgesetzt.
„In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten“, sagt Innenminister Gerhard Karner, wie ein Sprecher exxpress ausrichtet.
Fast 78 Prozent aller Asylanträgen wurde zugestimmt
Das Innenministerium beobachte und analysiere aktuell die neue Lage in Syrien nach dem Sturz des Diktators Bashar al-Assads. Die Situation im Land müsse jetzt ganz neu bewertet werden.
Derzeit leben rund 95.000 Syrer in Österreich, laut Statistik Austria. Die meisten positiven Asylbescheide seit 2012 erhalten Syrer. 53 Prozent aller Anerkennungen in diesem Zeitraum entfielen auf diese Gruppe. Fast 78 Prozent aller gestellten Anträge wurde positiv zugestimmt.
Noch im Mai 2023 sagte das Innenministerium klipp und klar, dass Abschiebungen nach Syrien nicht möglich seien, denn: Laut Menschenrechtskonvention darf man nicht in ein Land abschieben, in dem Menschen von Folter, Haft oder Tod bedroht sind. Doch ein knappes Jahr später drehte sich der Wind.
EU-Asylagentur: „Kein echtes Risiko für Zivilisten“
Erstmals im April dieses Jahres brachte Gerhard Karner die Frage auf, ob syrische Asylbewerber mit negativem Asylbescheid nicht doch abgeschoben werden könnten, zumindest in sichere Regionen innerhalb des vom Bürgerkrieg gebeulten Landes. Karner berief sich dabei auf den Jahresbericht der EU-Asylagentur (EUAA). Darin hieß es, dass in der syrischen Hauptstadt Damaskus „kein echtes Risiko für Zivilisten“ besteht.
Im Juni bekräftigte der Innenminister vor einem Treffen der EU-Innenminister seinen Wunsch, eine europaweite Rückführung von Straftätern aus Syrien und Afghanistan in die Wege zu leiten.
Abgewiesener Syrer klagte gegen Urteil – und verlor
Im Oktober flammte die Diskussion um Abschiebungen erneut auf. Auslöser war die rechtliche Klage eines 33-jährigen Syrers, der seinen im Jahr 2022 abgewiesenen Asylantrag nicht anerkennen wollte, wie die „Presse“ berichtete. Die Gründe für den negativen Asylbescheid waren unter anderem, dass er gut ausgebildet sei – er schloss 2017 ein Geologie-Studium an der Universität Damaskus ab und war anschließend in Russland, der Türkei und Griechenland auf Reisen. Dagegen ging der Syrer rechtlich vor – und verlor vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung. Es „sei nicht davon auszugehen“, dass der 33-Jährige in seiner Heimat in eine „existenzbedrohende Lage“ käme, begründete das BVwG.
Innenminister Karner begrüßte das Urteil. Es herrsche mittlerweile „große Einigkeit“ auf EU-Ebene, dass es Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan geben müsse, ließ er damals ausrichten.
Abschiebungen sowie Rückführungen könnten nun tatsächlich in die Tat umgesetzt werden. Allerdings steht vor der weiteren Entwicklung der Situation in Syrien ein großes Fragezeichen.
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