Angst vor Eskalation des Ukraine-Konflikts: 200 % mehr Wehrdienstverweigerer
“Stell Dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin”: Mit diesem Satz des US-Lyrikers Carl Sandburg (1878-1967) wetterte die Friedensbewegung in den 1980er Jahren gegen Aufrüstung. Bundeswehrsoldaten setzen diese Aufforderung nun um, da eine deutsche Regierung aktuell eine Kriegspartei militärisch unterstützt – sie verweigern den Wehrdienst, weil sie eine Eskalation des Konfliktes befürchten.
Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in der Bundeswehr steigt in Rekordhöhen. 657 Anträge sind im laufenden Jahr mittlerweile eingegangen, 209 waren es im gesamten Jahr zuvor. Die Zahl hat sich damit bis Ende August bereits mehr als verdreifacht.
Viele rechnen mit Krieg
Anträge auf Kriegsdienstverweigerung müssen beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr gestellt werden. Viele rechnen mit kriegerischen Auseinandersetzungen und begründen damit ihre Verweigerung, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Gleichzeitig nimmt die Zahl der Bewerber für die Streitkräfte ab, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr dem RND berichtet. Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges habe es kurzfristig eine erhöhte Zahl an Interessenten gegeben, erzählt die Sprecherin weiter. “Dementsprechend hatten sich die vereinbarten und durchgeführten Erstberatungstermine bei der Karriereberatung ebenfalls erhöht.” Mittlerweile hat sich der Trend ins Gegenteil umgekehrt.
Verteidigungsministerin will Wehrpflicht nicht wieder einführen
Deutschland hat die Allgemeine Wehrpflicht im Jahr 2011 ausgesetzt. Bis dahin waren Anträge auf Kriegsdienstverweigerung an der Tagesordnung und keineswegs immer erfolgreich.
Über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht will Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nicht nachdenken, trotz der veränderten Bedrohungslage. “Eine Wehrpflicht-Debatte hilft uns wenig in der aktuellen Situation”, sagte Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Es dauert seine Zeit, Soldaten auszubilden – unter einem Jahr macht das wenig Sinn.” Zudem gebe es weder genügend Kasernen, Ausbilder noch das Gerät für zehntausende Wehrpflichtige.
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