Außerordentliche Schüler: So viele Schüler sprechen nicht Deutsch als Erstsprache
Unter Schulanfängern hatten in Wien zu Beginn des Schuljahrs rund 45 Prozent einen außerordentlichen Status.
Der über viele Monate starke Familiennachzug vor allem syrischer Kinder nach Wien ab Anfang 2023 hat sich auch in der Zusammensetzung der Deutschförderklassen und -kurse niedergeschlagen. Von den rund 19.700 als “außerordentlich” eingestuften Kindern und Jugendlichen haben in allen Pflichtschulen (Volks-, Mittel- Sonder-, Polytechnische Schule) laut Auswertung der Bildungsdirektion für die APA ein Drittel Arabisch als Erstsprache. Unter Schulanfängern sind es 26 Prozent.
Über den Familiennachzug kamen eineinhalb Jahre lang jeden Monat 300 Kinder neu an Wiens Schulen, zuletzt sind die Zahlen wieder zurückgegangen. Weil es sich dabei zum Großteil um syrische Kinder und Jugendliche gehandelt hat, die etwa jahrelang in türkischen Aufnahmelager lebten und keine Schulerfahrung hatten, hat Wien im Frühjahr für diese Gruppe eigene Orientierungsklassen geschaffen. Dort lernen sie vor dem Wechsel ins reguläre System zwei Monate lang Deutsch mit einer Lehrkraft mit Sprachkenntnissen in der Herkunftssprache und einer mit dem Schwerpunkt Deutsch als Zweitsprache. Bei diesem Angebot werden außerdem ihre Eltern aufgeklärt, wie in Österreich der Schulbetrieb funktioniert.
Drittel der Ukrainer in Deutschförderklasse
Vergleichsweise gering fällt im Vergleich die Zahl außerordentlicher Schüler aus, die die Erstsprache Ukrainisch sprechen. Sowohl über alle Schulstufen als auch unter Schulanfängern sind es 5 Prozent. Zwar kommen laut Flüchtlingskoordinator Andreas Achrainer derzeit jeden Monat rund 2.000 Personen neu aus der Ukraine nach Österreich, in den Wiener Schulen ist laut Bildungsdirektion zumindest vorerst aber kein nennenswerter Anstieg ukrainischer Schülerinnen und Schüler bemerkbar. Mit Stand Oktober gab es 2.800 Kinder und Jugendliche an Wiener Pflichtschulen, ein Drittel davon hat außerordentlichen Status und bekommt Deutschförderung in einer separaten Klasse bzw. einem Kurs.
Mehrheit der "Außerordentlichen" in Österreich geboren
Knapp 13 Prozent jener Wiener Schüler, die im laufenden Schuljahr laut MIKA-D-Test wegen mangelnder Deutschkenntnisse dem Unterricht nicht folgen können und deshalb als “außerordentlich” eingestuft wurden, haben als erste von ihnen erlernte Sprache Türkisch angegeben. Unter den Schulanfängern (1. Klassen Volks- oder Sonderschule) haben laut Auswertung 16 Prozent der außerordentlichen Schüler die Erstsprache Türkisch. 7 Prozent aller Deutschförderklassenschüler bzw. 9 Prozent derjenigen in der 1. Schulstufe haben die Erstsprache Serbisch, jeweils 5 Prozent Rumänisch und 3 bzw. 2 Prozent Albanisch.
Unter Schulanfängern hatten in Wien zu Beginn des Schuljahrs rund 45 Prozent einen außerordentlichen Status. Für politische Diskussion hat dabei auch der Umstand gesorgt, dass die Mehrheit dieser Kinder laut einer Anfragebeantwortung durch Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) bereits in Österreich geboren wurde und sie im Schnitt mehr als zwei Jahre Kindergartenbesuch hinter sich hatten. Der “außerordentliche Status” bedeutet laut Kritikern aus Praxis und Forschung allerdings nicht, dass all diese Kinder zu schlecht Deutsch für den regulären Unterricht sprechen. Der MIKA-D-Test sei nämlich gar nicht dazu in der Lage, dies zu messen.
Maximal zwei Jahre
Als außerordentlicher Schüler bzw. außerordentliche Schülerin wird ein Kind dann eingestuft, wenn es zwar über die geistige Reife für die betreffende Schulstufe verfügt, aber dem Unterricht wegen mangelnder Deutschkenntnisse noch nicht folgen kann. Für maximal zwei Jahre werden daher außerordentliche Schüler in jenen Gegenständen, in denen wegen Deutschproblemen noch keine positive Beurteilung möglich ist, nicht benotet. Seit dem Schuljahr 2018/19 bekommen sie außerdem bis zu 20 Stunden Deutschunterricht in separaten Deutschförderklassen bzw., wenn sie schon etwas besser Deutsch sprechen, sechs Stunden im Deutschförderkurs. Laut einer Befragung setzt ein Drittel der Schulleitungen aber trotz der Vorgaben wie früher auf Deutschförderung in den regulären Klassen.
In der Bildungsdirektion betont man unterdessen auch die Wertschätzung für die Herkunftssprachen der Kinder und Jugendlichen. An fast 200 Schulen werde Erstsprachenunterricht in insgesamt 24 Sprachen angeboten, damit erreiche man rund 18.000 Schüler. (APA/red)
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