In der Arbeitsgruppe Bildung einigte man sich bereits: Eine „zwischen den Ländern kompatible, datenschutzkonforme Schüler-ID“, die eine „Verknüpfung mit der Bürger-ID“ ermöglicht, soll bald schon Realität sein. Bereits in der Vergangenheit waren entsprechende Vorhaben in verschiedenen Bundesländern gescheitert.

Nun drängt Niedersachsen als erstes Bundesland wieder auf eine Einführung, Kultusministerin Julia Willie Hamburg macht sich für eine baldige Einführung der Nummerierung stark und auch das rheinland-pfälzische Kultusministerium bestätigt auf eine NIUS-Anfrage: „An diesem Thema wird gearbeitet“. Hessen und Hamburg planen hingegen bislang nicht, ihre Schüler zu nummerieren.

NIUS fragte bei den Ländern außerdem nach: Welchen Nutzen erwarten Sie sich von der Erfassung der Schüler-Daten? Und: Welche Risiken sehen Sie?

Im Kultusministerium in Baden-Württemberg glaubt man: „Lehr- und Lernprozesse könnten effektiver beleuchtet und bezogen auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler weiterentwickelt werden.“ Ähnlich sieht man es auch in Rheinland-Pfalz: „Weil wir Kinder entlang der gesamten Bildungskette individuell und gezielt fördern wollen, brauchen wir eine entsprechende Datengrundlage.“ Auch aus Sachsen lautet die Antwort ähnlich: „Die Einführung von schulstatistischen Individualdaten bietet gegenüber dem Status quo den Vorteil der besseren Datenqualität. Die Bildungspolitik kann so wirkungsorientiert verbessert werden.“

In der Vergangenheit überwogen die Bedenken

Doch was bedeutet das konkret? Bringt eine systematische Speicherung und Auswertung von Informationen über den Werdegang von Kindern und Jugendlichen wirklich Erkenntnisse, die bisher nicht durch die Lehrkräfte, die täglich mit den Schülern zusammenarbeiten, gewonnen werden können?

Bereits 2007 bezweifelte der damalige stellvertretende Landesbeauftragte für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, Dr. Johann Bizer, im Zuge der Debatte um die Einführung einer Schüler-ID eben jenen Erkenntnisgewinn mit den Worten: „Im Ergebnis ist festzuhalten: Die Pläne und Regelungen zur Schüler-ID für Zwecke der Analyse von individuellen Bildungsverläufen sind verfassungsrechtlich hochproblematisch, weil sie für die Betroffenen erhebliche Risiken für ihre zukünftige Entwicklung bergen, ohne wirklich erforderlich zu sein. Qualitative Aussagen können von der empirischen Sozialforschung auch auf der Ebene von Stichproben getroffen werden.“

GETTYIMAGES/ferrantraite Creative

Heißt im Klartext: Die Bedenken, dass Schüler bereits früh in stigmatisierende Kategorien eingeteilt werden – und das bei gleichzeitig unklarem Nutzen der Maßnahme – überwogen damals.

Ähnlich äußert es ein Sprecher der Kultusministerkonferenz gegenüber NIUS: Die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen könne nur „durch die Lehrkräfte in der Schule ausgestaltet werden. Dies kann nur durch schulinternes Monitoring und eine direkte Interaktion zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler unter Einbeziehung der Erziehungsberechtigten geschehen.“

Davon zu trennen sei allerdings die „Schüler-ID als möglicher Identifikator für eine einzurichtende Bildungsverlaufsstatistik“, die man befürworte.

Behörde bezeichnet Datenerfassung als „Grundrechtseingriff“

Auf eine NIUS-Anfrage dazu, wie man das bislang noch wenig konkrete Projekt von Union und SPD aus datenschutzrechtlicher Sicht bewertet, antwortete ein Sprecher der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI): „Je mehr Daten erfasst werden, je sensibler diese Daten sind, je länger diese Daten gespeichert werden und je umfassender sie zu einer Profilbildung beitragen, desto tiefer ist der damit verbundene Grundrechtseingriff und desto höhere Anforderungen gelten für die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs.“

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass im Datenschutzrecht der Schutz Minderjähriger als besonders vulnerabler Personengruppe einen hohen Stellenwert habe. Trotzdem hält man eine Einführung grundsätzlich für datenschutzrechtlich zulässig „schon weil eine solche ID dabei helfen kann, bislang fehlende Datengrundlagen zu erhalten, um dringend notwendige Erkenntnisse für die Modernisierung des Bildungssystems zu gewinnen.“

Gefahr liegt in der Normalisierung der Erfassung privater Daten

Die Gefahr, die die Erfassung von persönlichen Daten – auch in anonymisierter Form – mit sich bringt, liegt wie so oft auch in der kontinuierlichen, scheibchenweisen Ausweitung der Bereitschaft der Bürger, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, zu „einer Nummer“ zu werden. Denn zunächst sollen wohl nur sehr wenige Daten der Kinder gesammelt werden. Lediglich „anonymisiert“, lediglich für Monitoring-Zwecke.

Nach der Einführung der elektronischen Patientenakte, die seit Anfang des Jahres Gesundheitsdaten in elektronischer Form von allen Menschen, die nicht zuvor widersprochen haben, speichert, ist die Schüler-ID das nächste Projekt, das eine Entwicklung hin zum gläsernen Bürger weiter antreiben könnte.

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Kommentare

  • Gretl sagt:

    Wie wärs.mit Stempeln wie.sollen die ihre Nummer lesen?????

  • Marlies sagt:

    Jeder der sich mit der NWO beschäftigt, muss feststellen, wir bewegen uns schnurstracks auf diesen Wahnsinn zu.

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  • Gültig „gegen“ Grün, ÖVP, SPÖ und NEOS wählen und Freundschaft mit Russland! 🤩 ÖXIT und der Weg wird frei für den Weltfrieden. ☮️ sagt:

    Ein weiterer Schritt in Richtung Totalüberwachung.

    Es werden uns die Grundrechte Stück für Stück genommen.

    ———

    »»»Achtung««« Hier treibt ein linker Spinner sein Unwesen. Er verbreitet unter fremde Profilnamen seine Linkspropaganda und spammt mit Kommentarkopien die Kommentarfunktion voll.

    Der „Linksfanatiker“ will hier die Kommentarfunktion stören.

    Den Profilnamenfälscher lache ich nur noch aus. 🤣️

    1× „kritischer Fehler“

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    1
  • outhouse sagt:

    Die Entwicklung der Menschheit
    von Erich Kästner (1932)

    Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
    Behaart und mit böser Visage.
    Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
    Und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
    Bis zur dreißigsten Etage.
    Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
    In zentral geheizten Räumen.
    Da sitzen sie nun am Telefon,
    Und es herrscht noch genau derselbe Ton
    Wie seinerzeit auf den Bäumen.
    Sie hören weit. Sie sehen fern.
    Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
    Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern
    Die Erde ist ein gebildeter Stern
    Mit sehr viel Wasserspülung.
    Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
    Sie jagen und züchten Mikroben.
    Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
    Sie jagen und züchten Mikroben.
    Und bleiben zwei Wochen oben.
    Was ihre Verdauung übrig lässt,
    Das verarbeiten sie zu Watte.
    Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
    Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
    Dass Cäsar Plattfüße hatte.
    So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
    Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
    Doch davon mal abgesehen und
    Bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
    Noch immer die alten Affen.

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  • Und wieder nummerieren "Linke" Menschen! sagt:

    Sie sind wieder da ..

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  • Uralt-Oma sagt:

    Also , viel trennt die Deutschen von ihren Vorfahren vor 90 Jahren nicht mehr : Zensur, Denunziation, Numerierung, Essensvorschriften, Gesinnungszensur, Medienmeinung vereinheitlicht, Verhöre im TV und in der Öffentlichkeit von nicht konformen Menschen/Vereinen….. ! Es ist nicht verwunderlich, dass der Postkartenmaler szt. in DEU auf so großen Zuspruch gestoßen ist. Alles kein Zufall…..

    36
  • Der Weinkauz sagt:

    Die sog. CDU ist offenbar auch eine Partei des Sozialismus.

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  • Ma sagt:

    In Österreich bereits bestehend : edu.digicard verknüpft mit id.austria.
    Aktuell – soweit ich weiß – noch freiwillig ?

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  • Die Zuständigkeiten sagt:

    haben das Bildungsniveau auf unterste Stufe gebracht. Und wollen jetzt Glauben machen, daß sie mit einer ID für Schulkinder etwas besser machen werden? Die haben’s einfach nicht drauf, bzw. sind denen die Kinder des Volkes aber sowas von egal. Die verstecken hinter dieser vorgeschobenen Argumentation nur ihre Absichten.

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  • B.G. sagt:

    Na endlich … aber bitte nur keine Aufregung, das ist ja nun wirklich eine ganz humane Form zur Identitäts feststellung. Vor knapp 90 Jahren hat man den Menschen die Nummern schließlich noch direkt in ihre Arme eintätowiert.

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