Am 23. Februar wählt Deutschland einen neuen Bundestag, doch die politische Debatte wird von einer Grundsatzfrage überschattet: der „Brandmauer“ gegen die AfD. Prof. Markus C. Kerber, Wirtschaftsprofessor an der TU Berlin, übt auf exxpressTV scharfe Kritik an diesem parteipolitischen Abwehrkampf – und warnt überdies vor den Folgen der Migrationspolitik.

„Deutschland wird fremdbestimmt“, sagt Kerber mit Blick auf die unkontrollierte Einwanderung. Doch er hält eine Kehrtwende für sofort möglich: Selbst das Europarecht erlaube unter den gegenwärtigen Bedingungen Grenzkontrollen und Rückweisungen an der Grenze.

„Man will Newcomer wie die AfD ächten“

Kerber, der selbst weder Mitglied noch Anhänger der AfD ist, hält von der „Brandmauer“ nichts: „Institutionenökonomisch erklärt sich das Brandmauer-Gerede durch nichts anderes als durch den Abwehrkampf eines etablierten Parteienkartells gegen parteipolitische Newcomer wie die AfD. Man will nicht mit ihnen über Inhalte diskutieren, man will sie ächten.“

„16 Jahre Merkel sind nicht mit einem Federstrich beiseite zu schaffen!“

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz leide vor allem unter den Folgen der Ära Merkel. „Ich glaube, die 16 Jahre Merkel sind die schlimmste Erblast für Herrn Merz. Diese 16 Jahre sind nicht mit einem Federstrich beiseite zu schaffen.“

CDU-Chef Friedrich Merz (Bild) hat vor allem ein Problem, sagt Prof. Kerber, und das ist Angela Merkel.GETTYIMAGES/Sean Gallup / Staff

Vor der gescheiterten Abstimmung im Bundestag, mit der Merz seine Asylwende durchsetzen wollte, mischte sich Angela Merkel nochmals ein, indem sie die Migrationspläne ihres Nachfolgers kritisierte. Kerber: „Wie Sie den Stellungnahmen von Frau Merkel entnehmen können, schickt sie sich ja geradezu an, Kanzlerkandidatin von SPD und Grünen zu werden, denn sie verteidigt ja die Nichtänderung der Migrationspolitik, die von diesen beiden Parteien besonders propagiert wird.“

„Die Asylkrise hat die AfD groß gemacht“

Das Scheitern der Abstimmung sei ein schwerer Rückschlag für den Unionsvorsitzenden: „Nachdem sich seine andauernde Rivalin Frau Merkel nochmal gemeldet hat, haben sich viele aus der FDP, aber auch aus der CDU an der Abstimmung gar nicht beteiligt. Jetzt müssen sich jene Wähler, die eine Asylwende wünschen, denken: Beim nächsten Mal wähle ich die AfD, denn bei CDU und FDP klappt es offensichtlich nicht.“

Die AfD hat in der Vergangenheit vom Migrationsthema profitiert – und das tut sie weiterhin. Im Bild: AfD-Chefin Alice Weidel. ´APA/APA / AFP

Wie die Wahl am 23. Februar ausgehen werde, könne er nicht prognostizieren, sagt Prof. Kerber, „aber es gibt sicherlich sehr, sehr viele Bürger unseres Landes, die eine radikale Asylwende wollen, die eine wirklich durchgreifende Änderung der Migrationspolitik befürworten und diese Invasion an den deutschen Grenzen beenden wollen.“

Das Migrationsthema habe die AfD stark gemacht. „Die AfD ist eine Anti-Einwanderungspartei geworden und hat mit dieser Haltung in der Wählerschaft erstaunlichen Erfolg.“

„Grenzkontrollen und Rückweisungen sind rechtlich möglich“

Auch Prof. Kerber fordert eine drastische Neuausrichtung der Migrationspolitik: „Alles ist sinnvoll, was die Änderung der Migrationspolitik einleitet.“ Möglich seien auch „radikale Maßnahmen unter Ausschöpfung des europäischen Rechts, also Grenzkontrollen und Rückweisungen an der Grenze unter Berufung auf Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.“

Dass eine rigorose Einwanderungskontrollpolitik möglich sei, zeige Frankreich, so der Ökonom: „In Frankreich wird von dem vorzüglichen neuen Innenminister eine rigorose Einwanderungskontrollpolitik durchgeführt. Hier kümmert man sich um die europäischen Regeln höchst subsidiär.“

Rückführungen von Migranten an der Grenze wären möglich, sagt Kerber. IMAGO/Christian Thiel

„Deutschland wird fremdbestimmt – durch unkontrollierte Einwanderung!“

Überdies habe der ehemalige Verfassungsrichter und Innenminister Peter M. Huber auf „die rechtliche Machbarkeit ständiger Grenzkontrollen und der Zurückweisung an der Grenze immer wieder hingewiesen. Es gibt keine europäische Rechtsregel, die Deutschland dazu zwingt, etwa 65 Prozent der Asylanten in ganz Europa aufzunehmen und damit die Sozialsysteme auf Dauer zu überlasten und die Kommunen vor unlösbare Probleme zu stellen. Fragen Sie bitte die Repräsentanten des Deutschen Städtetages, wie es in den Städten aussieht, wie die Wohnungssituation aussieht. Dies sind wirklich Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.“

Kerber warnt ebenso vor den langfristigen Folgen: „Deutschland wird von der Fremdbestimmung, die von dieser unkontrollierten Einwanderung ausgeht, geprägt.“ Er verweist auf die fehlenden Rückführungen: „2015 sind 550.000 Syrer nach Deutschland gekommen. Daraus wurde mittlerweile eine Million. Die Neigung dieser Bevölkerung, die nur zu einem knappen Drittel in Beschäftigung ist, nach Syrien zurückzugehen, ist grenzwertig.“

„Die parteiergreifende Berichterstattung wird auf die Medien zurückfallen!“

Ebenso kritisiert Prof. Kerber die parteiische Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien: „Die parteiergreifende Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien wird auf die öffentlich-rechtlichen Medien zurückfallen.“ Gleichzeitig verweist er darauf, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziell bestens ausgestattet sei: „Dennoch vertreten sie immer noch die These, sie seien unterfinanziert.“

„Unsere westlichen Demokratien stecken in einer Legitimitätskrise!“

Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen westlichen Demokratien sieht Prof. Kerber eine wachsende Kluft zwischen Bürgern und Politik. „Unsere westlichen Demokratien stecken aus unterschiedlichen Gründen in unterschiedlichen Ländern gleichwohl in einer Legitimitätskrise, weil die Repräsentanten, die man die politische Klasse nennt, von den Bürgern nicht länger als repräsentativ wahrgenommen werden.“ Das führe dazu, dass immer mehr Wähler sich von den etablierten Parteien abwenden.

Zu Österreichs Politik: „Respekt ist angesagt, kommentarloser Respekt!“

Darüber hinaus hat der Ökonom noch einen Rat an die deutsche Politik: Sich nicht in die österreichische Innenpolitik einzumischen. „Das österreichische Volk entscheidet für sich, wählt die Parteien, die seine Präferenz haben, und die Deutschen nehmen das bitte zur Kenntnis.“ Sein Appell: „Respekt ist hier angesagt, kommentarloser Respekt. Alles andere wäre eine Verachtung des Souveräns.“

Prof. Markus C. Kerber/Privat
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Kommentare

  • Wie viele von den 700 Milliarden Euro für die Ukraine muss Österreich zahlen ? sagt:

    Test.

  • GF 99 sagt:

    Eine Brandmauer gegen eine demokratisch gewählte Partei, hat in einer Demokratie nichts zu suchen. Und wer so etwas will ist ein Antidemokrat.

    10
  • M. sagt:

    Gibt es ein Notstandsgesetz wenn
    Systemparteien mit Unterstützung der Mainstreammedien zum Sicherheitsrisiko für den Wohlstand und die Sicherheit Bürger werden können?!
    Die Wirtschaft ist bald vor dem Kollabieren und die Sicherheitsstrukturen geraten immer mehr ins Wanken.
    5 Jahre ….. und kein Ende für Besserung in Sicht.
    Es scheint der Eindruck als stehe die Errichtung der Brandmauer gegen das Wohl der Bevölkerung. Bitte!!
    keine BRANDMAUER gegen das WOHL der Bevölkerung!
    Bietet unsere schöne Verfassung keinen Schutz vor Brandmauern die zum Sicherheitsrisiko für die Bürger entarten könnten?!

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  • MeinungsFreiheit sagt:

    DANKE Herr Prof.Kerber!
    Wie schön, soviel Wahrheit aus der sonst so verblendeten Berliner Politik Blase zu lesen!

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  • Giftzwerg sagt:

    Als AFD würde ich zu jedem schwachsinnigen Gesetzesantrag meine Zustimmung bekunden. Dann würden die “Guten” gleich wieder dagegen sein.
    So könnten die derzeit wütenden zerstörerischen Kräfte im Zaum gehalten werden.

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  • Lebertran Pepi sagt:

    Ich habe den Eindruck,dass es Geld aus Saudi Arabien und den Emiraten gibt,gewissermaßen der Judaslohn?

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    1
  • Jesusus Müller sagt:

    Braucht es wirklich die Mistgabeln, Äxte und Hämmer,bis die Herrschaften munter werden,die liegen in einem geistigen Winterschlaf,aus dem sie hin und wieder erwachen,um gleich wieder einzupennen!

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  • Das politische Versagen sagt:

    Danke für diese Analyse, aber ich würde meinen, für Österreich und Deutschland für ganz Europa, ist es bereits viel zu spät! In ganz Europa herrscht die Anarchie und diese etablierten Parteien, welche diese herbeigeführt haben, wollen das nicht erkennen! Die Parteien sind blind vor Macht und unbändiger Gier! Sie sind blind vor Hass auf jene, welche ihnen die Macht entwinden wollen und auch hoffentlich werden!

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  • Knuffi sagt:

    Der Teich ist bereits gekippt! Das wird nichts mehr mit Deutschland. Dito Österreich. Mehr als doof!

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  • Gültig „gegen“ Grün, ÖVP, SPÖ und NEOS wählen und Freundschaft mit Russland! 🤩 ÖXIT und der Weg wird frei für den Weltfrieden. ☮️ sagt:

    Ich hätte ein passendes Wort dafür.

    „Systemparteiendiktatur“

    Aus der „Systemparteiendiktatur“ kommt ein Staat nur raus, wenn er die „Systemdiktaturparteien“ abwählt.·

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