Chaotische Regierungsbildung: Jetzt greift auch Wiens Bürgermeister Ludwig die FPÖ an
Nach dem Platzen der Verhandlungen zur Austro-Ampel liegen die Nerven der Politiker blank. Alte Gräben werden aufgerissen, auf Diplomatie weitgehend verzichtet. Auf der Plattform X liefern sich nun die Spitzen der Wiener Politik ein Wortgefecht.
Wiens Bürgermeister und SPÖ-Schwergewicht Michael Ludwig hat offensichtlich Sorge, die Volkspartei könnte sich der Stimmung im Land beugen und doch noch mit der FPÖ statt der SPÖ in eine neue Regierung gehen. Daher richtet der mächtige Bürgermeister auf X das Wort an die Wähler.
„Die FPÖ ist keine rechtspopulistische, sondern eine rechtsextreme Partei! Daher kann es mit dieser Partei keine tragfähige Zukunft & Regierung für unser Land geben. Ich hoffe, dass das auch alle anderen konstruktiven, politischen Kräfte dieses Landes erkennen”, postet Michael Ludwig. Dass sich Ludwig, der üblicherweise nicht auf politische Mitbewerber schimpft, zu diesem Posting hinreißen hat lassen, ist äußerst ungewöhnlich und macht die aktuelle Lage der Sozialdemokraten deutlich.
Die Antwort von FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp folgt umgehend und deutlich. „Herr Bürgermeister Ludwig! Ihre jüngsten Aussagen zu den gescheiterten Koalitionsverhandlungen und die pauschale Verurteilung der FPÖ als rechtsextrem sind nicht nur unangebracht, sondern zeugen auch von einer bedenklichen Ignoranz gegenüber den Anliegen vieler Wienerinnen und Wiener”, beginnt Nepps Antwort an Ludwig.
Nepp kritisiert weiters die aktuelle Stadtpolitik scharf, insbesondere Gebührenerhöhungen und steigende Mieten, die er als Zeichen sozialer Kälte sieht. „Anstatt konstruktive Lösungen zu erarbeiten, diffamieren Sie politische Mitbewerber und ignorieren die realen Probleme der Menschen”, so Nepp.
„Als Bürgermeister sollten Sie Ihre Verantwortung ernst nehmen und im Sinne der Wienerinnen und Wiener handeln. Doch dazu scheinen Sie offensichtlich nicht bereit zu sein”, so Nepp, der seine persönliche Antwort an Ludwig mit einem formalen „Mit freundlichen Grüßen” schließt.
Koalition in Wien nur mit NEOS möglich
Tatsächlich wird Nepps FPÖ für den amtierenden Bürgermeister Ludwig in der kommenden Wien-Wahl im Herbst die größte Herausforderung. Setzt sich der Höhenflug der FPÖ weiter fort, werden die Freiheitlichen als Zweiter aus der Wiener Wahl hervorgehen. Dann wird es schwierig für die Wiener SPÖ, einen Koalitionspartner zu finden. Ob sich wieder eine Mehrheit mit dem aktuellen Partner NEOS ausgehen wird, ist unsicher.
Auch die Umfragewerte der Wiener ÖVP liegen hinter den Erwartungen zurück. Bereits 2015 ist eine geplante rot-schwarze Koalition aufgrund des schwachen ÖVP-Ergebnisses nicht zustande gekommen. Fix ist, dass die Wiener SPÖ kein gesteigertes Interesse an einer Neuauflage von Rot-Grün erkennen lässt. Zu sehr sind die Reibereien der einstigen Zusammenarbeit mit den Wiener Grünen unter Maria Vassilakou und Birgit Hebein noch in Erinnerung.
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