Scharfen Protest von Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) erntet die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) für ihren am Wochenende geschlossenen Kooperationspakt mit dem Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, einem islamistischen Einpeitscher von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

„Diese Einflussnahme aus dem Ausland geht sich in meinen Augen nicht aus. Ich kann das als Integrationsministerin weder gut finden, noch unkommentiert lassen, wenn mit einer Person wie Ali Erbaş eine Kooperation unterzeichnet wird“, sagt Ministerin Plakolm zum exxpress. Sie erwarte sich, „dass die Türkei ihre Landsleute, die in Österreich leben, dazu aufruft, sich zu integrieren und sich in ihrer neuen Heimat aktiv einzubringen“.

Diyanet-Chef Ali Erbas (Bild) – Erdogans oberster Religionsfunktionär – predigt gegen Juden, Christen und Homosexuelle. Jetzt kooperiert die IGGÖ mit ihm.APA/AFP/Adem ALTAN

„Nicht in Österreich willkommen“

Die Türkei befeuere den islamischen Antisemitismus, hetze gegen Israel und die LGBTIQ-Community: „Das widerspricht völlig dem, was ich mir als Integrationsministerin erwarte und auch einfordere“. Man habe auch gegenüber der IGGÖ klare Worte gefunden, versichert die ÖVP-Politikerin und wiederholt ihre Erwartungshaltung an Migranten: „Ich erwarte mir, dass die Menschen Deutsch lernen, arbeiten und unsere Gesetze und Werte nicht nur akzeptieren, sondern auch danach leben“.

Diyanet-Chef Ali Erbas erklärt sie quasi zur persona non grata: „Menschen, die derartige Werte vertreten und nach Österreich tragen wollen, sind in Österreich nicht willkommen.“

Landbauer kritisiert skandalösen Empfang

Ginge es nach Niederösterreichs FPÖ-Landesparteiobmann und LH-Stellvertreter Udo Landbauer, hätte Erbas „niemals ein Einreisevisum erhalten dürfen“. Er findet den Empfang für Erbas in Wien „skandalös“. Dieser sei eng mit dem Erdoğan-Regime verflochten und unterstehe dessen direkter Kontrolle. Dabei vertrete Erbas in rückwärtsgewandtes, autoritär-islamistisches Weltbild, das mit westlichen Grundwerten unvereinbar sei.

Landbauer: „Diese Leute sind der Inbegriff des politischen Islams und werden in Österreich mit offenen Armen empfangen. Damit stellt sich die IGGÖ selbst ins Abseits. Ihr Präsident Ümit Vural unterstützt somit, unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit, eine Parallelgesellschaft in unseren Reihen, die immer mehr zur Gegengesellschaft wachsen wird.“ Die FPÖ Niederösterreich fordert die sofortige Prüfung und Streichung aller öffentlichen Gelder für die IGGÖ sowie ein gesetzliches Verbot jeglicher Einflussnahme durch ausländische Religionsbehörden wie die Diyanet.

IGGÖ-Präsident Ümit Vural (Bild) unterzeichnete das umstrittene Abkommen mit Diyanet-Chef Erbas.APA/HELMUT FOHRINGER

Kooperation Teil einer Islamisierungsoffensive

Ob die IGGÖ die Kritik versteht, muss bezweifelt werden. Denn deren Präsident hatte am vergangenen Samstag in der Wiener IGGÖ-Zentrale mit Erbas ein Kooperationsabkommen unterzeichnet – der exxpress berichtete – und danach freudig erklärt: „Der Austausch mit internationalen Partnern wie der Diyanet bereichert unsere Arbeit und eröffnet neue Perspektiven für die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“. Das Abkommen sieht eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Kultur und Wissenschaft vor. Zum anderen ist ein Informations-, Erfahrungs- und Publikationsaustausch zwischen islamischen Institutionen sowie eine gemeinsame Haltung gegen extremistische Tendenzen und antiislamischen Rassismus geplant.

Islamistische Machtdemonstration in Köln? Präsident Erdogan und Diyanet-Chef Ali Erbas eröffnen die Ditib-Zentralmoschee – ein Symbol der Einflussnahme in Europa.APA/AFP/PATRIK STOLLARZ

Die Kooperation muss auch vor dem Hintergrund des von Erdogan in Auftrag gegebenen Diyanet-Strategieplanes 2024 bis 2028 (Stratejik Plan) gesehen werden, der eine Islamisierungsoffensive im Ausland, insbesondere in Europa vorsieht. Dafür sollen in den kommenden Jahren mehr Personal und Geld eingesetzt werden. Unter anderem sollen auch zum Beispiel türkischstämmige österreichische Staatsbürger für Diyanet rekrutiert werden. Auch türkische Botschaften und Konsulate sollen vor den Diyanet-Karren gespannt werden.

Zur Frage, wieviele der im Strategieplan als Diyanet-Mitarbeiter genannten 586 türkischen Diplomaten in Österreich stationiert sind, schweigt sich die türkische Botschaft in Wien aus. Das Außenministerium hatte sich auf exxpress-Anfrage für unzuständig erklärt. Auch Beate Meinl-Reisingers Vorgänger hatte sich nicht zu den Diyanet-Aktivitäten äußern wollen.

Keine Juden und Christen als Freunde!

Welche Ideologie Diyanet verbreitet, ist in zahlreichen Reden Erbas zu hören und in von der Religionsbehörde verbreiteten Büchern nachzulesen. Von Erbas sind zahlreiche homophobe Äußerungen überliefert. Auf der Diyanet-Webseite findet sich zudem eine lange Abhandlung über den Vers 51 in der Koransure 5, in der es heißt: „Oh, Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden…“

In der Diyanet-Exegese wird bekräftigt, „dass Ungläubige, Unterdrücker sowie Juden und Christen nur einander oder dem Satan als Freunde dienen können“. Nach der überwiegenden Meinung der islamischen Gelehrten führe eine Freundschaft mit Nichtmuslimen zwar nicht zum Abfall vom Glauben, solange man den Unglauben nicht billige. Doch, heißt es auf der Diyanet-Webseite, „liegt ein Irrtum vor“. Der Koran warne die Gläubigen in zahlreichen Versen, „dass andere Menschen, seien sie ungläubig oder wie Juden und Christen Angehörige der Schriftreligion, keine wahren Freunde sein können.“

IGGÖ-Präsident Ümit Vural spricht offiziell gegen Antisemitismus – nun kooperiert er ausgerechnet mit Diyanet-Chef Erbas, einem Verbreiter islamistischen Judenhasses.APA/GEORG HOCHMUTH

Anleitung zum Züchtigen der Frau

Eine Anfrage an SPÖ-Chef und Vizekanzler Andreas Babler zu den Diyanet-Aktivitäten in Österreich blieb bislang unbeantwortet. Möglicherweise rufen die nachfolgenden Informationen aber die rote Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner auf den Plan. Denn in der Diyanet-Bibliothek werden islamistische Bücher mit extrem frauenfeindlichen Inhalten angeboten.

So findet sich laut Online-Angebot in der Diyanet-Bücherei unter anderen die Werke „Büyük kadin ilmihali“ (zu deutsch etwa: Katechismus für Frauen) des Autors Rauf Pehlivan sowie das Buch „Izahli kadin ilmihali“ (zu deutsch etwa: Erläuterter Frauen-Katechismus) des türkischen Islamwissenschaftlers Asim Uysal und dessen 2020 an Covid verstorbener Frau Mürside. Von beiden Büchern gibt es auch deutschsprachige Ausgaben, die in türkischen Buchhandlungen in Österreich und Deutschland angeboten werden bzw. wurden.

Im Uysal-Buch etwa findet sich in der deutschen Ausgabe etwa auf Seite 51 eine Abhandlung über das islamkonforme Züchtigen der Ehefrau: „Leichtes Schlagen: Im Falle öffentlicher Schandtat der Frau ist leichtes Schlagen seitens des Ehemannes erlaubt. Nicht erlaubt ist auf den Kopf, ins Gesicht, auf die Brust oder den Bauch zu schlagen. … Auf dem Körper dürfen keine Zeichen oder Spuren durch das Schlagen entstehen.“ Auf Seite 52 heißt es wörtlich: „Brutalität jeder Art ist im Islam grundsätzlich verboten. … Sollte sich eine Frau jedoch gegen ihren Mann auflehnen und es darauf anlegen, die Harmonie und den Fortbestand der Familie zu zerstören, erlaubt der Koran dem Ehemann als letzte Maßnahme, seine Frau zu züchtigen“.

„Ilmihal für Frauen“, Seite 52: Züchtigung erlaubt.Ilmihal für Frauen/Screenshot
Ilmihal für Frauen/Screenshot

Islamische Weltherrschaft und Steinigung

Die deutschsprachige Ausgabe des „Erläuterten Frauenkatechismus“ wurde unter dem Titel „Grundwissen für Frauen“ auch schon in der Kölner Zentralmoschee des deutschen Diyanet-Ablegers Ditib verkauft. Darin wird die islamische Weltherrschaft und die Steinigung von Ehebrechern propagiert. So heißt es dort auf Seite 332: „Dschihad bedeutet, sich für die Herrschaft des Islams auf der Welt mit seinem Leben, Besitz und seiner Zunge auf das Äußerste anzustrengen.“

Auf den Seiten 468/469 steht geschrieben: „Der Gesandte Allahs sagt: … Allah hat den Frauen einen Weg geöffnet. Wenn ein Lediger mit einer Ledigen Zina (Unzucht, Anm.) macht, bekommen beide 100 Stockschläge und ein Jahr Exil. Wenn ein Verheirateter mit einer Verheirateten Zina hat (oder ein Witwer mit einer Witwe), gibt es 100 Stockschläge und die Steinigung zu Tode.“ Das Buch befindet sich übrigens im Online-Angebot des Muslime Life Style Shops Zahraa in Wien-Meidling, ist aber derzeit ausverkauft.

Mit einem Verein, der ein solches Weltbild verbreitet, hat die IGGÖ also gerade ein Abkommen geschlossen, das laut Präsident Vural „neue Perspektiven für die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ eröffnen soll. Organisiert die IGGÖ nun in Kooperation mit Diyanet Fortbildungskurse wie „Islamkonformes Züchtigen der Ehefrau“?

„Angriff auf Erbas ist Angriff auf Türkei“

Den Kritikern muss allerdings bewusst sein, mit wem sie sich anlegen, wenn sie den Diyanet-Chef kritisieren. Ein Angriff auf Ali Erbas, sei ein „Angriff auf den Staat“, hatte Präsident Erdogan vor fünf Jahren gesagt, als Erbas nach einer Ramadan-Rede gegen Homosexuelle auch in der Türkei heftig kritisiert worden war.