„Wiederbewaffnung Europas“ – so großspurig tönen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Doch sie werden mit einem Bauchfleck enden, hinter der Rhetorik steckt nicht viel mehr als ein Rohrkrepierer mit Ansage, warnt Ambrose Evans-Pritchard, langjähriger Brüssel-Korrespondent des Daily Telegraph. Von der Leyens 800-Milliarden-Euro-Paket basiere auf Illusionen, warnt er. Die Pläne scheitern an „Rekordverschuldung“, schwachem Wachstum, tiefen Gräben innerhalb der EU und „knallhartem Protektionismus“. Seine Prognose: ein krachendes Fiasko.

Macron und Von der Leyen scheuen keine großen Worte, wenn es um die EU-weiten Pläne geht. REUTERS/AFP/Dimitar DILKOFF

Brüssel ignoriert die harte fiskalische Realität

Nicht zum ersten Mal verliert sich Brüssel in Großmachtsphantasien, die allerdings irgendwo im Wolkenkuckucksheim angesiedelt sind. „Unterschätzen Sie niemals Europas Fähigkeit zu enttäuschen“, warnt der jahrzehntelange Redakteur des Telegraph. „Die Aufrüstungseuphorie und die explosive Aufholjagd der europäischen Industrieaktien im letzten Monat haben die harten fiskalischen Fakten verdrängt.“

Italien, Spanien, Frankreich, Belgien: kein Geld für Aufrüstung

Fakt ist: „Italien und Spanien haben keine glaubwürdigen Pläne, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, und Frankreich auch nicht. Der Club-Med-Block und Belgien befinden sich bereits in einer aufkommenden Zinseszinsfalle steigender realer Kreditkosten“. Das hat auch der italienische Finanzminister Giancarlo Giorgetti offen eingeräumt: „Es ist einfach nicht möglich, dass wir weitere 20 Milliarden oder 30 Milliarden Euro für Waffen aufbringen, wenn wir bereits enorme Anstrengungen unternehmen, um unsere Schuldenlast zu senken“.

Knallharte Abrechnung mit Brüssels Machtrausch im Daily TelegraphDaily Telegraph/Screenshot

Der Wirtschaftsmotor stottert

Gleichzeitig kommt die Wirtschaft nicht in Schwung. Evans-Pritchard erinnert an den Draghi-Bericht, dem zufolge die EU jährlich 800 Milliarden Euro investieren muss, um sich aus dem technologischen Niedergang zu befreien, und überdies eine „Deregulierungs-Schocktherapie“ dringend benötigt. Davon ist man zurzeit meilenweit entfernt.

Sven Jari Stehn von Goldman Sachs hat alle Konjunkturmaßnahmen in der Eurozone zusammengerechnet. Ergebnis: „Bis Mitte der 2020er Jahre werden sie kaum etwas bewirken.“ Zwar rechnet er mit einem kleinen Wachstum: 0,9 Prozent im Jahr 2025, 1,3 Prozent im Jahr 2026 und 1,5 Prozent 2027. Doch gleichzeitig machen Europas sich verschärfende Schuldenprobleme alles zunichte.

Berlins Schuldenpläne belasten auch die Südländer

Auch die teuren Pläne von CDU und SPD in Deutschland haben bereits Folgen. Um sie zu finanzieren wird Berlin Anleihen in großem Umfang ausgeben müssen, sprich: Schulden machen. Die künftigen Staatsanleihen Deutschlands werden daher höher verzinst werden – mit unangenehmen Folgen für die Südländer, denn „der Anstieg der Renditen deutscher Bundesanleihen hat die Renditen anderer Anleihen in die Höhe getrieben und die Schuldendynamik des Club Med weiter verschlechtert.“ Laut Sven Jari Stehn wiegt das „den Rückenwind für das Wachstum mehr als auf“.

Friedrich Merz lockert die Schuldenbremse. Seine Pläne bleiben auch für Italien und Frankreich nicht folgenlos. APA/AFP/RALF HIRSCHBERGER

Macrons Ankündigungen sind „haarsträubend“

Unter völliger Missachtung der wirtschaftlichen und budgetären Realität spricht Emmanuel Macron vollmundig von einer Wiederbewaffnung der EU – „aber ihm fehlt sowohl das politische Kapital als auch die finanzielle Schlagkraft, um seine Wirtschaft auf einen Kriegsfuß zu stellen.“ Das strukturelle Haushaltsdefizit seines Landes beträgt fünf Prozent des BIP, die Staatsverschuldung des vergangenen Jahres betrug 112 Prozent, bis 2029 wird sie auf 124 Prozent steigen, prognostiziert der Internationale Währungsfonds – und dabei sind die höheren Militärausgaben noch nicht einmal mitgerechnet!

Macron will die Verteidigungsausgaben um 0,8 Prozent des BIP bis 2030 anheben, „aber wie will er das zusätzlich zu all seinen anderen haarsträubenden Versprechen – KI-Dominanz, eine Flotte von Kernreaktoren usw. – finanzieren, während er gleichzeitig verspricht, das französische Sozialmodell zu bewahren?“

Woher kommen Von der Leyens 800 Milliarden Euro?

Den 800 Milliarden Euro schweren „Rearm Europe“-Plan, mit dem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Europa aufrüsten will, bezeichnet Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als „virtuelles“ Geld; überdies sei es „verrückt“, einen Alleingang ohne die USA zu versuchen. Näher besehen entpuppten sich die 800 Milliarden Euro als „theoretische Zahl, die von den Mitgliedstaaten kommen soll. Der harte Kern ist eine EU-Darlehensfazilität in Höhe von 150 Milliarden Euro zur Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie“.

Ministerpräsidentin Meloni hält nichts von einem europäischen Alleingang. GETTYIMAGES/Antonio Masiello

Brüssel und Paris hoffen noch immer auf eine Schuldenunion

Doch gegen solche Eurobonds regt sich bereits Widerstand in den Niederlanden und künftig wohl auch in Deutschland. In Wahrheit gehe es um anderes: „Wie immer haben Brüssel, Paris und andere Hintergedanken, wenn sie auf eine gemeinsame Schuldenaufnahme drängen. Sie nutzen jede Gelegenheit, um zu versuchen, die Fiskalunion durchzusetzen – oder um, prosaischer ausgedrückt, die Kreditkarte der ‚Sparsamen‘ in die Hände zu bekommen.“

Mit oder ohne die USA? Die EU ist uneins

Doch den Europäern fehlt nicht nur Geld, sondern in Wahrheit auch ein gemeinsames Interesse, auch wenn das seit Russlands Invasion laufend bemüht wird. Von der Leyens undurchdachte Aufrüstungsphantasien offenbaren nun die „tiefen Spaltungen innerhalb der EU, vor allem zwischen den Staaten, die immer noch versuchen, die USA an Bord zu halten, und den Europäern, die darin eine Chance sehen, sich zu befreien und Europa zu einer starken Großmacht zu machen.“

Am besten ohne Brüssel und seine Pläne weitermachen

Angesichts all der Luftschlösser empfiehlt der langjährige Telegraph-Journalist: „Europa sollte mit dem arbeiten, was es hat, und keine Zeit damit verschwenden, über neue Instrumente zu streiten, oder die Mission von Brüssel kapern lassen.“

Besonders verheerend: „Die Gespräche verkommen zu einer Aufteilung der Beschaffung, bei der jedes Land hofft, mit EU-Geldern seine eigenen Waffensysteme als eine Form der Industrie- und Beschäftigungspolitik voranzutreiben.“

Eurokratie: Großbritannien ist ausgeschlossen, Südkorea und Japan nicht

„Euro-Ideologie und knallhartem Protektionismus“ zeitigen überdies surreale Konsequenzen: Großbritannien ist ausgeschlossen, Südkorea und Japan nicht. Die beiden asiatischen Länder können sich „bis zu einem gewissen Grad um Verträge bewerben, britische Firmen jedoch nicht, weil das Vereinigte Königreich keinen formellen Verteidigungspakt mit der EU hat“. Gleichzeitig bemüht sich Berlin um britischen Nuklearschutz, und hinter den Kulissen werden „Gespräche über eine gemeinsame anglo-französische nukleare Abschreckung geführt“. Absurd.

Ein Fiasko – und die „Ukraine wird den Wölfen überlassen“

Der triste Ausblick des ehemaligen Korrespondenten in Washington und später in Brüssel: „Ich fürchte nun, dass die unverbesserlichen Pathologien der EU wieder zum Vorschein kommen werden und dass die halbherzige Wiederbewaffnung Europas in einem Fiasko enden wird. Ich fürchte auch, dass Europa die tapfere Ukraine den Wölfen (Mehrzahl) überlassen wird.“

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Kommentare

  • Semmerl sagt:

    Mich würde viel mehr die Corona Milliarden interessieren, wohin sind die versickert? Wer hat da wie und wo die Hand aufgehalten!
    Und das für dieses Geld nicht die Rüstung finanziert wird liegt ja wohl auf der Hand. Raus aus der EU sofort!

  • piffge sagt:

    der Name von der Leyen ist doch eine Ableitung von den Laien,
    noch Fragen.

    1. Die alte hat einen absoluten Knall. sagt:

      KI ist super super.

  • CLT sagt:

    Von der Leyen sollte lieber mal im europäischen Parlament aufräumen. Hausdurchsuchungen, Bestechung und Korruption, sie hätte da wirklich genug zu tun.

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    1. dabin sagt:

      @CLT, das wäre nichts weiter als einen Bock zum Gärtner machen. 😉

  • 3.VERSUCH sagt:

    Komisch irgendwie.
    Es kommt mir in diesen Zeiten und der Krie-gsre-thorik so vor als würde man es schon nicht mehr erwarten können den russ. Unte–rm-enschen eine gehörig vor den Latz kn-allen zu wollen.
    Hier wird ein Kon-flikt herbeigeredet wie vor den vergangenen We-ltk-riegen.
    Warum muss ich hier den Text so verunstalten bitte !!!!!!!!!

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  • GÄNSEBLÜMCHEN sagt:

    Denkt mal ein bisserl nach.
    Wer glaubt das Gänseblümchen den Herrn Putin abschrecken werden ist wohl auf dem Holzweg.
    Überall auf der Welt zeigt sich dass Abschreckung noch immer am effektivsten ist egal was manche hier glauben.

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    1. @Rotstrichler sagt:

      Alle die hier “rotstricheln” haben militärisch wenig Ahnung oder wollen unser schönes Leben hier auf ewig aufgeben.
      Einatmen,nachdenken und nicht nachplappern !

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  • GF 99 sagt:

    @Sepp Laimer. Sie meinten eigentlich, Vdl führte die EU in die Krise?

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  • herbert sagt:

    Die Kanonenuschi mit den Staatsoberhäupter aus maroden Nationen wie Frankreich tun da natürlich mit !! Die wollen ihre Versagerpolitik mit neuem Geld der Anderen vertuschen. Gerade Frankreich kämpft auf allen Ebenen um Geld !! Die haben schon 120 % Verschuldungsgrad. Nun sollen die EU-Staaten herhalten. Leider hat DE einen Wahnsinnigen zukünftigen Kanzler an der Backe. Dieser Herr wird der Wirtschaft endgültig die Luft abdrehen.
    Sollten die Industriebosse diesen Wahnsinnigen nicht zur Vernunft bringen, dann werden 100.000tausende Arbeitsplätze in DE verschwinden.
    Dann ist es mit 1000 Milliarden Einnahmen vorbei !! Wo ist das im Haushalt sichtbar ??

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  • Sheila sagt:

    Entlich ein experte der das auch erkannt hat. Bravo !!!!

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  • eu eigentor tor tor sagt:

    …eu_fussball_verein schiest sich ein eigentor tor tor ,die oreschnik kommt in windeseile und nimmt des natod quartier gleich dem eu_parlament als trippelgag mit ….
    bussi nach brüssel !

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  • Toni Krammer sagt:

    Habe gerade 2 SMS an VdL geschickt mit der Bitte, die geheimen Informationen sofort zu löschen. Das macht sie sehr gut.

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