Grundsteuer-Erhöhung: Nehammer bricht mit ÖVP-Linie – Gemeindebund begrüßt Vorstoß
Es kommt einem Tabubruch gleich: Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich für eine Grundsteuererhöhung ausgesprochen. Während sich zahlreiche Österreicher darüber beschweren, begrüßt der Gemeindebund höhere Abgaben auf Grundbesitz. Doch könnte dies nicht dazu führen, dass Menschen künftig auf Eigentum verzichten werden?
Bis Anfang der Woche hatten ÖVP-Wähler geglaubt, die Linie der Schwarzen stehe felsenfest, was das Thema Budgetsanierung betrifft: Man wolle keine neuen Steuern einführen, um die Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen, und setze auf eine Ausgabenbremse. Doch das ist nun Geschichte. Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich jetzt für eine mögliche Steuererhöhung ausgesprochen. Damit möchte die ÖVP der SPÖ entgegenkommen, um bei dem schwierigen Koalitionsthema Finanzen eine Einigung zu erzielen.
Im Gespräch steht eine Anhebung der Grundsteuer. Diese ist eine Abgabe auf Grundbesitz. Laut dem „Österreichischer Gemeindebund“ zahlt ein Gemeindehausbesitzer etwa 200 bis 240 Euro pro Jahr an Grundsteuer an die Gemeinde.
„Die Grundsteuer ist eine 100-%ige Gemeindesteuer“
Während sich zahlreiche Österreicher darüber beschweren und auch Stimmen aus der ÖVP der Länder ob dieses Vorstoßes alarmiert sind, begrüßt der Gemeindebund, die kommunale Interessensvertretung von 2.082 der insgesamt 2.093 österreichischen Gemeinden und Städte, eine Erhöhung der Grundsteuer. Gegenüber exxpress erklärt ein Sprecher, warum: „Die Grundsteuer ist eine 100-%ige Gemeindesteuer. Seit Jahren fordert der Gemeindebund bereits eine Reform der Grundsteuer ein, da sie seit vielen Jahrzehnten nicht valorisiert wurde.“ Durch die bisherige Nicht-Anpassung entgingen den Gemeinden rund 380 Millionen Euro pro Jahr.
Das Geld werde von den Gemeinden verwendet, um Infrastruktur zu schaffen. „Damit werden eine Straße, die Straßenbeleuchtung oder der Regenwasserkanal finanziert. Und wenn das nach 35 Jahren zu sanieren ist, dann gibt es dafür keine Sondereinnahme mehr. Das ist unsere Kritik. Wir erwarten uns, dass auch bei der Grundsteuer eine Valorisierung zustande kommt“, erklärt der Gemeindebund-Sprecher. Gezahlt werde die Steuer von Liegenschaftsbesitzern, Hausbesitzern im Wohnbau, von der Industrie oder dem Gewerbe.
Werden Menschen auf Eigentum verzichten?
Doch besteht nicht die Gefahr, dass Menschen auf Eigentum verzichten werden, wenn die Grundsteuer erhöht werden würde? Der Sprecher verneint das. „Diese Summe – selbst wenn sie in einzelnen Schritten um 30 Prozent erhöht wird – wird sicher nicht dazu führen, dass sich Menschen weniger Eigentum leisten werden“, denkt er. Auch für Unternehmen sei die Grundsteuer-Belastung nicht die größte finanzielle Last.
Bisher habe es vonseiten des Bundes „eher wenig Interesse“ an einer Reform der Grundsteuer gegeben, da sie ausschließlich den Gemeinden zugute komme, meint der Sprecher. „Bis Ende des Jahres sollten sich Städte- und Gemeindebund auf ein gemeinsames Reformpapier zur Grundsteuer einigen und dann dem Finanzminister vorlegen. Wenn sich nun aber die Regierungsverhandler auf Bundesebene bereit für eine Reform zeigen, können wir das nur begrüßen.“
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