Der Politik-Erklärer des Landes, Peter Filzmaier, gab in der „ZIB2“ vom gestrigen Montag ein über achtminütiges Interview zu Österreichs derzeitiger politischen Lage. Exxpress fasst hier seine wichtigsten Aussagen zusammen:

Filzmaier über die zähen Koalitionsverhandlungen:

„Wenn man sich im Laufe des Jänners nicht einigt, fehlt mir jedwede Fantasie, wann, wie und warum man sich später noch einigen sollte. Der eine Knackpunkt ist die Budget-Misere und die Gefahr, ein völlig unpopuläres Regierungsprogramm beschließen zu müssen, zum Beispiel neue Steuern, Sparpakete, Steuererhöhungen.“

Über zwei „Schlüsselfragen“:

„Es gibt zwei Schlüsselfragen, die ungeklärt sind: Wie viel an Macht ist die ÖVP bereit, abzugeben, nur damit sie den Kanzlersessel behält?“ Und: „Sehen die über 300 Verhandler das große Ganze oder machen sie Klientelpolitik?“

Peter Filzmaier mit "ZIB2"-Moderator Tarek Leitner.ORF / ZIB2

Über die Dreierkoalition:

„Es gibt keine Studie oder Statistik, die belegt, dass Dreierkoalitionen kürzer halten als Zweierkoalitionen. Der Druck wird aber steigen, aufgrund schlechter Wahlergebnisse. 2027 wählt Oberösterreich, da liegt die FPÖ, ähnlich wie bei der Steiermark, vor der ÖVP, obwohl das ein ÖVP-Kernland ist. Wenn da die Umfragedaten nicht besser werden, dann ist das auch ein gewaltiger Druck auf die Bundesregierung“.

Über ein mögliches Scheitern der Koalitionsverhandlungen:

„Halten Sie es noch für möglich, dass diese Regierungsverhandlungen scheitern?“ Filzmaier antwortet mit einem klaren „Ja“. Es sei die „unwahrscheinlichere Variante“, aber durchaus möglich, weil „Abtauschgeschäfte“ nicht funktionieren. „Die Voraussetzung dafür ist das Budget. Man müsste dafür genug Geld haben. Genau das hat man nicht.“

Über die FPÖ:

„Kickl möchte weiterhin Kanzler sein. (…) Bei einer FPÖ-Kanzlerschaft müssten die Politiker den undankbaren Job übernehmen, an den Stammtischen zu erklären, warum jetzt eine unpopuläre Sparmaßnahme von der FPÖ-Regierung eingeführt wurde. Das macht viel weniger Spaß als eine Wahl nach der anderen zu gewinnen. (…) Die FPÖ wird vor allem bei den bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Niederösterreich, aber auch im März in der Steiermark und in Vorarlberg, deutlichst dazu gewinnen.“

Über die Burgenland- und Wien-Wahl:

„Im Burgenland könnten die Grünen aus dem Landtag fliegen, die NEOS den Einzug nicht schaffen und dann bleiben 3 Parteien im Landtag, in dieser Reihenfolge: SPÖ, FPÖ, ÖVP. Dann droht Doskozil eine blau-schwarze Mehrheit gegen ihn. Die könnte realisiert werden. (…) Für Bürgermeister Ludwig ist es bequemer, weil in Wien die NEOS und Grünen sicher wieder den Einzug schaffen. Dann geht sich blau-schwarz nicht aus als Mehrheit.“

Über die schwarz-grüne Koalition:

„Dass die Grünen und die ÖVP so weitertun wie bisher nach dem Wahlverlust grenzt an Realitätverweigerung. Man kann zurecht auf die großen Krisen der letzten Jahre verweisen, aber das Krisenmanagement und -kommunikation waren teilweise mäßig bis schlecht bis grottenschlecht. (…) Man hat die Budgetmiseren zumindest mit-verschuldet.“

Über die schlechte Stimmung im Land:

„Die hat sich über Jahre hinweg so entwickelt und hat sich längst verfestigt. Das ändert sich nicht innerhalb von paar Wochen. Sie wird bestimmt von externen Faktoren, die sich ändern müssten: bessere Weltwirtschaft, Ende der Kriege in Nahost und der Ukraine; das kann man von Österreich aus nicht bewirken. Die Herausforderung lautet: Österreich krisenfit zu machen! Krisenpläne, die halbwegs tauglich sind, hatten wir nicht. Daran könnte man arbeiten.“