Ahmad Mansour weiß von was er spricht: Der arabische Israeli hat einen gelungenen Integrationsprozess in das europäische Werte- und Rechtssystem am eigenen Leib erfahren. „Ich bin in Europa emotional angekommen. Deutschland ist meine Heimat“, sagt der 48-Jährige. 2017 erhielt der Psychologe die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Botschaft: „Europa muss für die Leute nicht nur ein Ort der Einbürgerung sein, sondern ein Traum“.

Doch wie kann der „Traum Europa“ erfolgreich an die hunderttausenden Migranten, die aus Kulturen kommen, in denen Gewalt, patriarchale Strukturen, Unterdrückung der Frauen und Ablehnung von Homosexualität den Alltag und das Denken prägen, erfolgreich vermittelt werden? Auf diese Frage weiß der Islamismus- und Migrationsexperte, der in Deutschland durch Medienauftritte einer großen Öffentlichkeit bekannt ist, Antworten.

„Integration ist Bringschuld der Menschen“

Bei einem Pressegespräch, zu dem Stadtrat und Landesparteiobmann Karl Mahrer und Wiener Gemeinderätin Caroline Hungerländer (beide ÖVP), am Donnerstag eingeladen hatten, appelliert Mansour, der nur mit Personenschutz auf die Straße kann: „Weniger Leute aufnehmen, aber richtig integrieren. Nicht auf Zahlen setzen!“. Integration sei ein langer Prozess. Die Staatsbürgerschaft sollte die Krönung einer gelungenen Einbürgerung sein, nicht deren Ausgangspunkt. Die deutsche, wie auch die österreichische Migrationspolitik, sei von Naivität gekennzeichnet. „Unsere Werte müssen attraktiver und selbstbewusster kommuniziert werden. Wir haben etwas anzubieten“, lautet der Lösungsansatz des Bestsellerautors. Er spricht aber auch Klartext: „Integration ist die Bringschuld der Menschen, die zu uns kommen“.

4-Punkte-Plan für Einbürgerung

Bei einem weiteren Vortrag in Wien, zu dem Hungerländer am Mittwoch einlud, präsentiert Mansour vier zentrale Punkte, die für eine gelungene Integration unumgänglich seien:

Das Wichtigste sei, vor allem in großen Städten wie Wien, eine „gesunde Durchmischung“. Der Migrationsanteil in einzelnen Schulen und Bezirken dürfe nicht höher als 35 Prozent sein. Damit könnten Brennpunkte vermieden werden. Hier solle sich die österreichische Politik an Dänemark orientieren. Schon 2018 beschloss die dänische Regierung unter dem damaligen konservativ-liberalen Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen einen „Ghettoplan“, der ein „Dänemark ohne Parallelgesellschaften“ anstrebt. Die amtierende sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen führt den „Law and Order“-Ansatz in der Migrationspolitik fort. Bis 2030 sollen in keinem Stadtbezirk mehr als 30 Prozent „nicht-westliche Ausländer“ leben.

Der zweite Punkt Mansours betrifft den Bereich Schule. Dort müsse Empathie und Ambiguitätstoleranz, das Aushalten und Tolerieren anderer Meinungen, gelehrt werden. Der Psychologe gibt den Schulschließungen während Corona und der massiven Handynutzung die Schuld an der fehlenden Empathiebildung bei Kindern und Jugendlichen. „Vereinsamung fördert Radikalisierung“, sagt er.

Größtes Problem: Patriarchale Denkweise

Auch müssten Asylberechtigte emotional abgeholt werden. Deutsch- und Integrationskurse seien nicht ausreichend, um sich in der neuen Kultur zu integrieren. „Integration ist mehr als Sprache, Wohnung und Arbeit“, meint Mansour. Viele Araber kämpften mit Identitätsverlustängste, weil sie ganz anders sozialisiert seien, weiß er aus eigener Erfahrung. Diese könnten abgebaut werden allein durch Begegnungen und Freundschaften mit Österreichern. Als letzten Punkt nennt der Islamismusexperte Onlinekampagnen, die über Extremismus aufklären. Viele Jugendliche finden zum Islamismus durch TikTok und Instagram.

Der zentrale Hindernisgrund für gelungene Integration sei die radikal andere Weltanschauung von Syrern, Afghanen oder auch Türken, die nach Europa kommen. „Die Leute kommen nicht als Tabula Rasa zu uns“, stellt Mansur fest. Kennzeichnend für die andere Kultur seien die patriarchalen Strukturen, die eine Unterdrückung des Individuums bedeuten. „Europa ist zu Europa geworden, weil das Individuum im Mittelpunkt steht“, sagt er. Mansour selbst kam nach Europa, weil der Freiheit, Wohlstand und Sicherheit suchte.

Diskussion vergiftet durch linke Kräfte

Die Migrationsdebatte sieht der Psychologe vergiftet vor allem durch postkolonialistische und identitätspolitische linke Kräfte. „Die linken Ideologen haben die Diskurshoheit gewonnen. Ihnen haben wir die Debatte überlassen“, kritisiert er. Doch zwischen „Refugees welcome“ und „Ausländer raus“ gebe es Grautöne.

Mansour spricht sich klar für Abschiebungen, auch nach Syrien und Afghanistan, aus. „Wer sich nicht integrieren will, darf hier nicht bleiben“, bemerkt er.

Zum Schluss der Veranstaltungen warnt Ahmad Mansour: „Jetzt ist die Zeit zu handeln! Ich merke eine massive Verunsicherung in der Bevölkerung, die subjektive Sicherheit ist kaum vorhanden, die Ängste der Menschen sind real. Die Politik bekommt jetzt eine allerletzte Chance, zu handeln. Wenn die demokratischen Parteien das nicht schaffen, gewinnen Akteure, die aus diesen Ängsten politisches Kapital schlagen, aber keine Lösungen anbieten“.