Keine EU-Gelder für Grenzzäune: Grüne, Sozialdemokraten, Linke legen sich quer
Im EU-Parlament tobt ein Streit. Hunderte Milliarden Euro fließen jährlich in den EU-Haushalt. Künftig sollen damit auch Mauern an den Außengrenzen finanziert werden, fordern konservative und rechte EU-Abgeordnete. Doch die linken Parteien wehren sich dagegen.
Mit Geldern des EU-Haushaltes werden bis heute milliardenschwere Projekte in sämtlichen EU-Staaten finanziert – aber keine Grenzzäune zum Schutz der Außengrenzen. Ein Vorschlag der konservativen EVP-Fraktion, dem sich rechte Parteien angeschlossen haben, hätte das ändern sollen: Künftig sollten Gelder auch für Mauern und Zäune ausgegeben werden. Begründet wird das mit der Migrationskrise.
Doch für linke Parteien ist das ein Tabu. Grüne, Sozialdemokratien und Linke sperren sich dagegen. Deshalb kann sich das EU-Parlament zurzeit auch auf kein gemeinsames Budget für das kommende Jahr einigen.
EU-Haushalt: 311,3 Milliarden Euro für das Jahr 2023
Der EU-Jahreshaushalt für das kommenden Jahr soll 167,8 Milliarden Euro betragen. Das schlägt die Europäische Kommission vor. Das ist aber noch nicht alles. Hinzu kommen sollen Finanzhilfen in Höhe von schätzungsweise 143,5 Milliarden Euro im Rahmen des Aufbauinstruments „NextGenerationEU“. Hierbei geht es um Corona-Hilfen. Österreich gehört zum Nettozahler. Viele sehen die EU dadurch auf den Weg zur Schuldenunion. Allein die Werbe-Aktion für das EU-Instrument, die EU-Kommissarin Ursula von der Leyen startete, kostete 66 Millionen Euro – der eXXpress berichtete.
Zurzeit stellt die EU rund 3 Milliarden Euro zur Stärkung des Außengrenzschutzes bereit, darunter Fahrzeuge, technische Ausrüstung, Überwachungsmittel und Personal. Dass mit Geldern des EU-Haushalts auch Grenzzäune gebaut werden, wollen linke Parteien aber verhindern.
„Weltfremd“: Scharfe Kritik an Linken von EVP
Nachdem sich die Linken gegen den EVP-Vorschlag quer legen, hagelt scharfe Kritik. „Trotz des rasanten Anstiegs der Ankünfte von Migranten weigern sich die SPD und Grünen zu sehen, dass die EU-Staaten Gefahr laufen, in eine neue Migrationskrise zu schlittern“, warnt der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU). ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig erklärte, es sei „weltfremd, wenn ein effektiver Außengrenzschutz als integraler Bestandteil eines sicheren Europas von politischen Mitbewerbern abgelehnt wird“.
Klar hinter die Linie der EVP stellt sich auch der ÖVP-Sprecher für Europa- und Außenpolitik Reinhold Lopatka: „Die Mehrheit im Europaparlament muss zum Wohle der Europäer über ihren Schatten springen und ihren sachlich unbegründeten Widerstand gegen wirksame Grenzinfrastruktur endlich aufgeben. Ein funktionierender Außengrenzschutz hebelt weder das Recht auf Asyl aus, noch würde es die Menschenrechte beeinträchtigen. Es würde Europa allerdings sicherer machen.“ Grenzzäune dürften kein Tabu sein. „Es braucht physische Barrieren, die hoch sind, tief in den Boden reichen und konsequent überwacht werden. Vorbild hierfür kann der Grenzzaun zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten sein. Damit könnte die Flut an illegalen Grenzübertritten eingedämmt werden.“
Ursprüngliche Parlamentsposition gegen Grenzzäune und Mauern
Zuvor hatte die EVP-Fraktion einen Änderungsantrag eingebracht, der die Unterstützung der rechten ID-Fraktion fand, zu der unter anderem die FPÖ, die deutsche AfD und die französischen Rechtsnationalen gehören. Demnach hätte sich die Parlamentsposition mit Blick auf den Schutz der Außengrenzen gegen unerwünschte Migration deutlich verschärfen soll. Gefordert wurde darin unter anderem mehr Geld für die Sicherung des Außengrenzen gefordert.
Der ursprüngliche Entwurf der Parlamentsposition trug noch eine ganz andere Handschrift. Grenzzäune und Mauern dürften auf keinen Fall aus dem EU-Haushalt finanziert werden, hieß es darin. Man sei äußert besorgt, wie manche EU-Länder die Beschlüsse des EU-Gipfels vom Februar interpretierten. Abgeordnete der Grünen, der Sozialdemokraten und der Linken ließen die Parlamentsposition aufgrund des Änderungsantrags der EVP daraufhin durchfallen.
Mehrheit der EU-Staaten für besseren Außengrenzenschutz
Auch die EU-Staaten streiten seit langem über die Frage, ob Grenzzäune aus EU-Mitteln finanziert werden dürfen. Mittlerweile ist mehr als die Hälfte der Staaten dafür, so wie Bundeskanzler Nehammer.
EVP-Chef Weber kritisierte gegenüber dem italienischen Sender Rai 3: „Wir erleben eine große Migrantenkrise. Derzeit nimmt sie niemand auf europäischer Ebene ernst, wir hören keine klaren Aussagen aus Paris oder Berlin.” Kritik erntete er dafür von Italiens linken Oppositionsparteien. „Weber sagt, dass wir bereit sein müssen, Zäune und Mauern mit Geldern aus dem europäischen Haushalt zu errichten. Das sind beunruhigende und inakzeptable Worte. Es scheint, dass Webers Vorbilder jetzt Erdogan und Orban sind”, erklärte der Leiter der Delegation der italienischen Sozialdemokraten (PD – Partito Democratico) im Straßburger Parlament, Brando Benifei.
Ähnlich argumentierte der deutsche grüne Haushaltspolitiker Rasmus Andresen: „Das Scheitern des Berichts zu den Richtlinien für den EU-Haushalt 2024 ist das direkte Ergebnis von Manfred Webers Anbiederung an Rechtsextreme und Nationalisten.“
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