„Keine Liebesheirat“: Hitzige ORF-Diskussion über FPÖ-Chef Kickl und die ÖVP
In der ZIB2 diskutierten Andreas Mölzer und Gernot Bauer über Herbert Kickls Weg an die FPÖ-Spitze und die Zukunft einer möglichen Blau-Schwarzen Koalition.
Gleich zu Beginn der Sendung fragt ZIB-2-Moderator Armin Wolf, ob Herbert Kickl bereits vor 30 Jahren als FPÖ-Parteichef erkennbar gewesen sei. Der freiheitliche Publizist Andreas Mölzer erklärt, dass es damals nicht abzusehen war, dass Kickl einmal an der Spitze der Freiheitlichen Partei stehen würde. Doch unter dem späteren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache habe sich dies bereits angedeutet. Besonders die Corona-Pandemie habe Kickl den Weg geebnet, meint Gernot Bauer, Journalist beim „profil“ und Autor einer Biografie über Herbert Kickl: „Ein Parteiobmann Kickl wäre ohne Corona nicht denkbar.“
Auf die Frage von Moderator Armin Wolf, wie eine vertrauensvolle Koalition zustande kommen könne, wenn Kickl als „extrem misstrauisch gegenüber der ÖVP“ gilt, erklärt Mölzer, dass die jüngsten Äußerungen von Christian Stocker nicht ohne Wirkung bleiben werden. Dennoch müsse man persönliche Empfindungen zurückstellen, um eine tragfähige Regierung zu bilden. „Es wird zwar keine Liebesheirat sein, wie sie Strache und Kurz 2017 signalisiert haben, und auch kein Freundesbund“, so Mölzer. Er hofft jedoch auf eine professionelle Zusammenarbeit.
Dass Kickl als „misstrauische und einsame Persönlichkeit“ gilt, bezeichnet er als ein „Klischee“, das von dem „profil“-Journalisten Bauer konstruiert wurde. Es stimmt zwar, dass Kickl sein Privatleben stark verdeckt hält und im Gegensatz zu anderen Politikern nicht ständig im Rampenlicht steht: „Er ist eine Persönlichkeit, die einen anderen Stil pflegt“, erklärt Mölzer.
Kickls starke Position
Bauer erklärt, dass Kickl nun in einer starken Position sei, was ihm ermögliche, seine Forderungen zu erhöhen. „Ihm bleibt immer die Möglichkeit, in Neuwahlen zu gehen.“ Allerdings könne Kickl sich dabei nicht ganz sicher sein, fügt Bauer hinzu.
Der Wahlslogan der FPÖ bei der Nationalratswahl lautete „Mit uns gegen das System“, erinnert Moderator Wolf. Wie werde Kickl gemeinsam mit der ÖVP „das System“ bekämpfen, wenn die Volkspartei wie niemand anderes dieses System darstellt, fragte Moderator Armin Wolf nach – „Und was soll das überhaupt heißen?“. Der Begriff stehe „allegorisch für das etablierte politische Gefüge“, die Leute wüssten, „was gemeint ist“, so Mölzer, der überzeugt ist, dass die FPÖ, wenn sie Teil der Regierung ist, ihre Taktik „Wir da unten, gegen euch da oben“ auf Dauer nicht aufrechterhalten kann.
Bauer: „FPÖ strebt illiberale Demokratie an“
Laut Bauer strebe Kickl eine „illiberale Demokratie“ an. Das Prinzip der Demokratie bleibe zwar erhalten, jedoch wolle Kickl „andere grundlegende Prinzipien unseres Landes, wie den Rechtsstaat und die Freiheitsrechte, aufweichen“, behauptet der „profil“-Journalist. Bauer beobachte in Europa zunehmend Tendenzen, die gegen ein gemeinsames Europa gerichtet seien. Mölzer konterte jedoch scharf: Niemand in der FPÖ habe je behauptet, eine illiberale Demokratie anstreben zu wollen, und kein Mitglied der Freiheitlichen habe den Rechtsstaat infrage gestellt.
Wolf fragte auch, ob die unterschiedlichen Haltungen der beiden Parteien, FPÖ und ÖVP, zur EU einen Streitpunkt darstellen könnten. Mölzer antwortete, dass die FPÖ nicht für die europäische Integration oder einen „Öxit“ sei, sondern gegen den Zentralismus eintrete. Bauer hingegen betonte, dass Kickl innerhalb der EU bereits „Brüder und Schwestern“ in Italien, der Slowakei und Ungarn habe. Er fügte hinzu, dass Kickl Europa jedoch nicht aus einer europapolitischen Perspektive, sondern als innenpolitisches Instrument betrachte.
„Es hängt vor allem von der Qualität der Koalition ab“
Zum Abschluss stellte Wolf die Frage, wie lange die Blau-Schwarze Koalition bestehen bleiben könnte. Bauer ist der Ansicht, dass eine Regierung mit FPÖ-Beteiligung nicht fünf Jahre überstehen wird. „Herbert Kickl ist, glaube ich, niemand, der auf Dauer zusammenführt, sondern eher trennt.“ Mölzer hingegen sieht das anders: „Es hängt vor allem von der Qualität der Koalition ab und auch davon, ob die ÖVP in der Lage ist, Koalitionstreue zu entwickeln“.
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