Kickl, der Unberechenbare: So tickt die Blaue Nummer Eins
Rechts jubelt, Links wütet: Schon in wenigen Wochen könnte erstmals ein Freiheitlicher als Kanzler angelobt werden. Für Herbert Kickl erfüllt sich damit sein größter Traum. Doch sein Weg ins Zentrum der Macht war steinig …
Als vor wenigen Tagen in Österreich die geplante Ampel-Koalition krachend gescheitert ist, bekam FPÖ-Chef Herbert Kickl nichts davon mit. Wie Wegbegleiter beschrieben, war er just zu dem Zeitpunkt beim Eisklettern und stundenlang nicht erreichbar. Regelmäßig sucht der FPÖ-Chef die Herausforderung am Berg, beim Klettern an der Steilwand oder am Gletscher. Dort, in der Stille der Natur, kann der 56-Jährige abschalten und Kraft tanken, denn wer Herbert Kickl kennt, der weiß: Es gibt ihn in zwei Ausführungen.
Auf der politischen Bühne ist Kickl laut, wählt bisweilen brachiale Rhetorik. Unerbittlich. Ein Hardliner. Im Privaten ist er ruhiger, spricht fast leise. Es gibt nur wenige Menschen, denen der FPÖ-Chef vertraut. Seine Währung heißt Loyalität.
Über das Privatleben von Herbert Kickl ist wenig bekannt. Kein Wunder, der FPÖ-Chef trennt die beiden Sphären strikt. Gemeinsame Fotos mit seiner Ehefrau Petra, eine Juristin bei der Volksanwaltschaft, haben Seltenheitswert. Die beiden sind seit mehr als 20 Jahren ein Paar, haben einen erwachsenen Sohn. „Sie unterstützt mich voll und ganz in meinen politischen Projekten. Sie hat in vielen Bereichen zurückgesteckt und sich um die Erziehung unseres Sohnes gekümmert und mir den Rücken freigehalten“, schwärmte er einst in einem Radio-Interview.
Kennengelernt haben sich die beiden auf einer FPÖ-Veranstaltung in Tirol. Sie berate ihn auch in Modefragen, verrät Kickl, der seinen eigenen Stil als „nicht aufdringlich“ beschreibt. „Sie sorgt jedenfalls dafür, dass ich meistens eine Krawatte trage.“ Über sich selbst sagt er: „Der große Romantiker bin ich wahrscheinlich weniger.“
Herbert Kickl sieht sich selbst als Stimme der "schweigenden Mehrheit"
Was Kickl in gewisser Weise auszeichnet, ist seine brutale Offenheit. Er lässt sich nichts vom Zeitgeist diktieren und sucht auch den Kontakt mit jenen, von denen die meisten Menschen eher Abstand halten. Die rechtsextremen Identitären lobte er als „NGO von rechts“. Seine Waffen sind seine Worte, sorgfältig geschärft und kalkuliert eingesetzt, manchmal ein Dolch, manchmal ein Florett. Kickl selbst sieht sich als Stimme der „schweigenden Mehrheit“, die seiner Meinung nach von der etablierten Politik übergangen wird.
Während der Coronapandemie spazierte er ganz vorne mit bei den Protesten. Sein Weltbild ist streng unterteilt nach Freunden und Feinden und das wirkt sich auch auf seine Rhetorik aus, die bisweilen übers Ziel hinausschießt. Nicht wenige ÖVPler haben deswegen auch Bauchschmerzen angesichts der bevorstehenden Regierungsverhandlungen.
Doch Kickl hat ein Ass im Ärmel, das ihn als unbesiegbar erscheinen lässt: Er ist de facto unangreifbar. Keine privaten Skandale, keine Mauscheleien, kein Schwarzgeld, kein ausschweifender Lebensstil, keine Spur von Korruption. Kickl, der Asket, hat stets penibel darauf geachtet, dass er nicht angreifbar wird. Ein Mann, der sich voll und ganz der Sache verschreibt, ohne Raum für Ablenkungen.
Jetzt, wo er kurz davor ist, Österreichs erster FPÖ-Bundeskanzler zu werden, zahlt sich das aus. Ordnung und Kontrolle sind für ihn das oberste Prinzip. Kickl geht es nicht nur um Macht. Es geht ihm darum, das Land nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Das sind Kickls politische Positionen
Einwanderung und Asylpolitik
Kickl vertritt eine strikte Haltung gegenüber Einwanderung und Asyl. Er fordert eine drastische Reduzierung der Zuwanderung und setzt sich für eine konsequente Abschiebepolitik ein. In einer Rede betonte er: “Und wenn jemand tausend Mal ‘Asyl’ sagt, dann haben wir es tausend Mal nicht gehört.”
Europäische Union und Souveränität
In Bezug auf die Europäische Union zeigt sich Kickl skeptisch. Er kritisiert die EU-Regelungen, die seiner Meinung nach die Abschiebung illegaler Einwanderer erschweren, und sieht das Vetorecht einzelner Staaten bedroht. Am Nationalfeiertag erklärte er dazu: “Alles hat sich um den Souverän, das Volk, zu drehen.”
Klimapolitik
Kickl lehnt Maßnahmen gegen den Klimawandel ab und bezeichnet sie als “linke Ideologie”. Er sieht in der EU-Kommission ein “Politbüro”, das diese Ideologie durchsetzt.
Corona-Pandemie
Während der Corona-Pandemie positionierte sich der FPÖ-Chef als deutlicher Kritiker der staatlichen Maßnahmen. Er hat regelmäßig an den Protesten teilgenommen und bezeichnete die Maßnahmen als “Machtspielchen” der Regierung. Seine Haltung hat dazu beigetragen, dass er von seinen politischen Gegnern als “Sicherheitsrisiko” bezeichnet wurde.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Kickl fordert eine Reform des ORF, um mehr Objektivität und Ausgewogenheit in der Berichterstattung zu gewährleisten. Dabei spricht er sich unter anderem für eine Abschaffung der Zwangsgebühren aus. Zudem betont er die Notwendigkeit einer stärkeren Kontrolle und Transparenz innerhalb des Senders, um sicherzustellen, dass der ORF seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht wird.
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem deutschen Partner-Portal NIUS erschienen.
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