Lagarde will Einstimmigkeit kippen – FPÖ warnt vor „Ende der Demokratie“
EZB-Chefin Lagarde fordert mehr Mehrheitsentscheidungen in der EU und wirbt für den digitalen Euro. FPÖ-Delegationsleiter Vilimsky hält dagegen: Nur das Einstimmigkeitsprinzip schütze Staaten vor einer linken EU-Agenda.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat ihre Forderung erneuert, in der EU mehr Entscheidungen mit qualifizierten Mehrheiten zu fällen statt nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Dies sei keine Schwächung der Demokratie, sagte Lagarde am Montagabend auf einer Veranstaltung in Paris. “Es ist vielmehr die einzige Möglichkeit, sie in vollem Umfang auszuüben.” Ressourcen und Kapazitäten müssten gebündelt werden, um in strategischen Bereichen die erforderliche Größe zu erreichen.
Kritik von der FPÖ
Den Bürgern werde dadurch ihre Fähigkeit zurückgegeben, Ereignisse zu gestalten. Für Europa bedeute das Unabhängigkeit in einer Welt rivalisierender Mächte, in der Größe und Skaleneffekte von entscheidender Bedeutung seien. “So werden Entscheidungen bei der EZB getroffen – und es funktioniert”, sagte Lagarde.
„Diese Forderung nach einer Aushebelung der Demokratie muss entschieden zurückgewiesen werden“, reagierte heute Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europäischen Parlament, auf Lagardes Aussagen.
Das Einstimmigkeitsprinzip bei EU-Ratsbeschlüssen gilt vor allem noch in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, bei der Aufnahme neuer EU-Mitglieder, bei den EU-Finanzen und bei bestimmten Beschlüssen im Bereich Justiz und Inneres und der Harmonisierung der Sozialgesetze.
„Eine Aufweichung des Einstimmigkeitsprinzips darf nicht zur Debatte stehen. Frau Lagarde wäre gut beraten, sich auf ihre eigentliche Aufgabe in der EZB zu konzentrieren – dort gibt es wahrlich genug zu tun – anstatt den Menschen in Europa ihre demokratischen Rechte zu entziehen“, so Vilimsky.
Kritische Größen als Hauptproblem?
Nationale Politik könne keine global wettbewerbsfähigen Unternehmen in Branchen hervorbringen, in denen kritische Größe das Hauptproblem sei. Damit befinde sich Europa aber in einer Sackgasse. “Entweder sind wir gezwungen, uns auf teure, zweitklassige inländische Produkte zu verlassen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit untergraben, oder wir bleiben genau den Abhängigkeiten verhaftet, die wir eigentlich abbauen wollen.” Der einzige Ausweg sei ein neuer europäischer Ansatz in der Wirtschaftspolitik, verbunden mit einer neuen Art der Entscheidungsfindung.
„Das Einstimmigkeitsprinzip stellt sicher, dass alle Mitgliedsstaaten gleichberechtigt mitentscheiden. Nur so kann verhindert werden, dass die EU ihre links-ideologische Agenda den Staaten aufzwingt, ohne dass sich ein Land dagegen wehren kann“, betonte Vilimsky. „Wer die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips fordert, stellt auch die Demokratie in Europa infrage.“
Lagarde wies in diesem Zusammenhang auf Schätzungen des Europäischen Rechnungshofs hin, der es für sehr unwahrscheinlich hält, dass Europa sein Ziel erreichen wird, bis 2030 einen Anteil von 20 Prozent an der weltweiten Halbleiterproduktion zu erreichen. Bei Batterien halte die EU nur zehn Prozent der weltweiten Kapazität, während allein das chinesische Unternehmen CATL 40 Prozent kontrolliere, sagte die EZB-Chefin. Und 2024 hätten im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) US-Institutionen 40 bemerkenswerte Modelle produziert, Europa indes nur drei.
🇪🇺 ECB President Christine Lagarde calls for the acceleration of the digital euro, with testing phases set to end by October 2025. It's coming, and the results will be interesting to see.$RLUSD $USDC $EURC pic.twitter.com/qnb2dUC3W3
— ALLINCRYPTO (@RealAllinCrypto) September 15, 2025
Für digitalen Euro
Lagarde erwähnte auch das Projekt eines digitalen Euro. Dieser biete eine Alternative zu ausländischen Zahlungssystemen und habe das Potenzial, die Reichweite des Euro bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu vergrößern. “Dieser Fortschritt wird jedoch durch Unentschlossenheit behindert”, kritisierte sie. Der digitale Euro warte noch immer auf einen Rechtsakt. Die EU-Kommission hatte im Juni 2023 ihren Gesetzesvorschlag für einen digitalen Euro vorgelegt. Danach hatte die EU-Wahl 2024 die Arbeiten des EU-Parlaments am digitalen Euro verzögert. Viel ist seitdem noch nicht passiert. Ursprünglich war erwartet worden, dass die nötige EU-Gesetzesgrundlage bis diesen Herbst steht.
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