“Die budgetäre Situation ist mehr als ernst zu nehmen, keine Frage”, betonte Brunner vor Journalisten und übte gleichzeitig Kritik an den Experten, indem er forderte, die Situation “seriös” und “sachlich” zu analysieren. Eine Einschätzung, ob er mit einem EU-Defizitverfahren rechnet, ließ er jedoch offen. Anfang Oktober, nur vier Tage nach der Nationalratswahl, räumte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ein, dass das massive Budgetloch größer ist als bisher bekannt.

Das Finanzministerium hatte die Defizitprognose für das Budget 2024 auf 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angehoben, was die Maastricht-Obergrenze von drei Prozent überschreitet. Vor der Wahl hatte Brunner hingegen behauptet, Österreich sei auf einem guten Weg und könne die EU-Defizitgrenze einhalten. Nach der Wahl stellte sich jedoch heraus, dass die Realität anders aussieht: Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS rechnen mittlerweile mit Defiziten von 3,7 bzw. 3,5 Prozent des BIP.

FPÖ-Kritik: "Er seilt sich nach Brüssel ab und die nächsten Generationen zahlen"

Die FPÖ kritisiert den scheidenden ÖVP-Finanzministers Magnus Brunner scharf und bezeichnet seinen Auftritt im Budgetausschuss als “Mächenstunde”. “Dass er sich jetzt auf die Experten ausredet, ist peinlich und erinnert an die verfehlte Coronapolitik, für die ja angeblich auch die Experten verantwortlich waren“, betont Fuchs. Selbst Brunners Optimismus können nicht darüber hinwegtäuschen, dass unter seiner Aufsicht die Republik in eine rekordverdächtige Schuldenlage geraten sei, mahnen die Freiheitlichen. FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs bezeichnete in einer Aussendung seine Amtszeit als eine Serie “falscher Hoffnungen” für die Bevölkerung. Er wirft der schwarz-grünen Regierung vor, eine Politik zu verfolgen, die den Staatshaushalt weiter belaste, anstatt ihn zu entlasten, so Fuchs. Während Brunner nach Brüssel wechselt, müssen die “Rechnung dafür die nächsten Generationen zahlen”, so Fuchs.

FPÖ-Abgeordnete und Ökonomin Barbara Kolm: Die schwarz-grüne Regierung hat "Wahlzuckerl" verteilt.APA/GEORG HOCHMUTH

FPÖ-NAbg. und Ökonomin Barbara Kolm warnt: “Unser Land steckt in einer Rezession, damit einhergeht ein Wohlstandsverlust. Von Optimismus ist in der Wirtschaft weit und breit keine Spur”, so Kolm. Die schwarz-grüne Regierung habe während des Jahres erheblich in den Budgetvollzug eingegriffen, um “Wahlzuckerl” und “Klientelpolitik” zu fördern – darunter die nicht im Budget eingeplante Erhöhung des Klimabonus, Ausgaben für den ökologischen Verkehr, Landwirtschaftsförderungen und den Reparaturbonus. “Die meisten außerplanmäßigen Ausgaben für das Hochwasser sind aktuell noch nicht budgetwirksam”, warnte FPÖ-Budgetexperte Fuchs, dass die Endabrechnung für 2024 noch schlechter ausfallen könnte als bislang angenommen. Um eine Trendumkehr in der Budgetpolitik einzuleiten, fordern die FPÖ-Abgeordneten Fuchs und Kolm unter anderem die Abschaffung der CO2-Steuer und des Klimabonus.

Brunner will keine Fehler eingestehen

Brunner verteidigt weiterhin vehement seine Standpunkte – Einsicht weit und breit keine. Die Erstellung solcher Prognosen sei laut Brunner “ein äußerst aufwendiger Prozess”. Er wies darauf hin, dass es klare Vorgaben dafür gibt, wie und wann diese Prognosen erstellt und veröffentlicht werden – dieser Ablauf bleibe unabhängig von Wahlen stets gleich. Die Krisen der letzten Jahre hätten in den Haushalten Europas deutliche Spuren hinterlassen, und Brunner räumte ein: “Die budgetäre Situation ist mehr als ernst zu nehmen, keine Frage”. Dennoch betonte er die Notwendigkeit einer “seriösen” Analyse.

Es sei wichtig, “seriöse Experten” zu haben, auf die man sich verlassen könne, die als Impulsgeber für die Politik fungieren. Brunner äußerte sich offen für sachliche Diskussionen, stellte jedoch klar, dass viele Themen oft komplexer seien, als es auf den ersten Blick erscheine – so die Botschaft an seine Kritiker. Zudem verwies er darauf, dass auch die Prognosen der Wirtschaftsforscher, die die Grundlage für politische Entscheidungen bilden, häufig angepasst und nach unten korrigiert werden mussten. In unsicheren Zeiten sei es nun mal schwierig, verlässliche Vorhersagen zu treffen, rechtfertig sich so der Finanzminister.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Montag, 12. August 2024, anl. des Hauptausschusses des Nationalrats mit geplanter Nominierung von Finanzminister Brunner als EU-Kommissar in Wien.APA/EVA MANHART

Brunner stellte fest, dass der budgetäre Ausnahmezustand der letzten Jahre nicht zum neuen “Normalzustand” werden dürfe. Kurz vor seinem Ausscheiden aus der Regierung hatte der Finanzminister auch einige Ratschläge für seinen Nachfolger parat: Man müsse sich “dringend den Status quo ansehen”, wie man das bestehende System “effizienter” gestalten, Steuergeld “treffsicher” einsetzen und “Doppelgleisigkeiten” abbauen könne. Auf die Frage, warum er als Finanzminister diese Maßnahmen nicht selbst umgesetzt habe, betonte Brunner, dass bereits Schritte zur Effizienzsteigerung unternommen worden seien.