Es war ein denkwürdiger Moment in der ZiB2: Moderator Armin Wolf konfrontierte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) mit der Frage, warum er ausgerechnet Karl Nehammer (ÖVP) für einen Spitzenjob bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) nominiert hat. Immerhin war ja Nehammer der Kanzler eben jener Regierung, die auch nach Marterbauers Meinung das Budgetfiasko zu verantworten hatte, es aber bis zur Nationalratswahl im Herbst bestritten hat.

ZiB2 mit Armin Wolf: Marterbauer gibt sich Mühe, die Nehammer-Nominierung zu erklären – und liefert unfreiwillig den Beweis für Postenschacher.ORF/ZiB2/Screenshot

Der Regierung hat sich darauf geeinigt – still und heimlich

Marterbauer wich zunächst aus und erklärte, die Besetzung sei „argumentierbar“ – schließlich säßen auch Ex-Politiker anderer Länder im EIB-Direktorium. Doch dann kam das Eingeständnis: „Die Regierung hat sich darauf geeinigt, in welcher Form die Posten, die dieser Staat zu vergeben hat, vergeben werden.“

Auf die Frage, ob es sich also um einen parteipolitischen Deal handle, antwortete Marterbauer unmissverständlich: „Das ist Teil des Regierungsübereinkommens gewesen.“

Das Problem: Im Regierungsprogramm steht davon nichts – im Gegenteil. Dort ist von „Transparenz, Qualifikation und Objektivität“ die Rede. Was hier stattgefunden hat, ist das Gegenteil – und entspricht exakt dem, was viele befürchtet haben: klassischer Postenschacher, nun vom Finanzminister selbst bestätigt.

Luxus-Job für den Krisenkanzler

Karl Nehammer soll ab September Vizepräsident der EIB werden – mit einem Monatsgehalt von 31.536 Euro brutto, mehr als der Bundespräsident. Seine Zuständigkeit: Milliardenvergaben für die Ukraine und Südosteuropa. Finanzielle Expertise? Fehlanzeige. Nehammer hat weder ein Wirtschaftsstudium noch Erfahrung im Finanzwesen.

Während Österreich den Gürtel enger schnallen muss, kassiert er in Luxemburg – steuerfrei und mit Rückendeckung des neuen Finanzministers.

Ein Land im Budget-Desaster – und Nehammer steigt auf

Unter Nehammers Kanzlerschaft rutschte Österreich 2024 in ein Rekorddefizit von 22,5 Milliarden Euro (4,7 Prozent des BIP). Die Staatsverschuldung näherte sich der 100-Prozent-Marke. Selbst Marterbauer übte deutliche Kritik: „Diese Sanierung wäre so nicht notwendig, hätte die letzte Regierung besser gearbeitet.“

Doch statt Konsequenzen für den Hauptverantwortlichen folgte der Karrieresprung. Nehammer wurde nicht abgewählt – er wurde befördert.

Statuten missachtet – undurchsichtig durchgesetzt

Laut den Statuten der EIB hätte Marterbauer Nehammer gar nicht nominieren dürfen – das Vorschlagsrecht liegt beim Verwaltungsrat, nicht beim Finanzminister. Doch Österreichs Vertreterin im Verwaltungsrat ist – wenig überraschend – eine Beamtin aus Marterbauers Ressort. Die Folge: Der „Vorschlag“ des Ministers ist zwar rechtlich irrelevant, wurde aber offenbar politisch durchgesetzt.

Der Europarechtsexperte Stefan Brocza dazu im Kurier: „Ein Minister darf das gar nicht.“

Die Österreicher durchschauen das Spiel

Die Farce bleibt der Bevölkerung nicht verborgen. Laut aktueller OGM-Umfrage sprechen sich 62 Prozent gegen Nehammers EIB-Posten aus, 65 Prozent orten klassischen Postenschacher.

Ein Ex-Kanzler, der mit Aussagen wie „Gewinnabschöpfung“ Milliarden an Börsenwert vernichtete, soll nun Milliarden in der EU verteilen? Kaum jemand hält das für eine gute Idee.

Nehammer versprach: „Keine geheimen Vereinbarungen“

Noch 2023 verkündete Nehammer im Parlament: „Mit mir wird es keine geheimen Vereinbarungen geben. Korruption ist ein Gift.“

Heute wirkt das wie blanker Hohn. Denn genau solche Vereinbarungen wurden nun offengelegt – hinter verschlossenen Türen, ohne Ausschreibung, ohne Qualifikation.

Die Koalition versorgt sich selbst – und Nehammer, Kanzler des Rekorddefizits, wird nun EU-Banker mit Luxus-Gehalt.