„Als Bürgerin“ habe Merkel „natürlich mit Wohlgefallen“ gesehen, dass die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen werden konnten, so die Altkanzlerin am Donnerstag auf einer Veranstaltung des Deutschlandfunk Kultur im Berliner Humboldt Forum. Zudem fände sie es „schön“, dass „wenig nach außen gestochen wurde“.

Als das Thema auf Migration zu sprechen kommt, erklärt sie: Dass „in Absprache mit unseren Nachbarn Zurückweisungen möglich sind, das ist genau das, was ich immer wollte.“

Noch im Januar hatte sie Merz heftig kritisiert

Noch im Januar hatte Merkel ihren Nachfolger Friedrich Merz heftig kritisiert, weil er bei seinem sogenannten Fünf-Punkte-Plan zur Migration im Bundestag zusammen mit der AfD abgestimmt hatte. Nach dem zweifachen Messermord von Aschaffenburg durch einen abgelehnten Asylbewerber hatte der CDU-Chef angekündigt, dass es im Fall seiner Kanzlerschaft ein „faktisches Einreiseverbot“ nach Deutschland geben werde. „Das gilt ausdrücklich auch für Personen mit Schutzanspruch“, so Merz. Im Koalitionsvertrag ist nun nur noch von Zurückweisungen „bei Asylgesuchen“ die Rede. Die Zurückweisung von Personen mit Schutzanspruch scheint damit vom Tisch.

Auch der Moderator im Humboldt Forum schien zu spüren, dass Merkel mit ihrer Aussage einmal mehr Merz in den Rücken fällt. Auf seine Frage, ob sie etwa immer genau das gewollt habe, was die SPD nun in den Vertrag verhandelt habe, sagte sie, dass sie immer das gewollt habe, „was das Europarecht erfordert“.

Schon 2018 habe sie „solche Abkommen“ „in Einvernehmen mit den Nachbarländern gefordert“, erklärt sie. „Es ist ja nicht so, dass wir vor die Zeit vor 2015, wie Markus Söder das jetzt gesagt hat, zurückkehren wollen.“ Der CSU-Chef hatte kürzlich erklärt, dass man einen „Zustand wie vor 2015“ erreichen wolle und es ein „Zurückdrehen all dessen“ geben müsse, „was ab 2015 passiert ist“.

Merkel: Wir haben uns nicht genung um Flüchtlinge gekümmert

Auch die Grenzöffnung von 2015 verteidigt Merkel. Was man falsch gemacht habe, sei nicht etwa gewesen, die Grenzen nicht zu schließen, „was gar nicht geht“, behauptet sie, sondern: „Wir haben uns nicht genug gekümmert um die Situation der Flüchtlinge in Syrien, um die Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern in Jordanien und Libanon“. Man habe das Welternährungsprogramm und die Weltflüchtlingsprogramme nicht genug unterstützt.

„An der deutsch-österreichischen Grenze“ lasse sich „das Migrationsthema“ nicht lösen, so Merkel, sondern es müsse an den europäischen Außengrenzen gelöst werden. Deshalb habe sie während ihre Amtszeit das EU-Türkei-Abkommen getroffen, dies sei „unser Interesse gewesen, und auch das Interesse der Flüchtlinge“.

Dass Merkel mit ihren Antworten – wie der Forderung nach einer Absprache mit Nachbarstaaten oder der Behauptung, dass eine Grenzschließung nicht möglich sei – am Ende doch die SPD-Position zur Migration wiedergab, brachte der Moderator des Deutschlandfunks nicht mehr zur Sprache.

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