Nehammer zu EU-Entscheidung zur Ukraine: "Kandidatenstatus heißt nicht Beitrittsverhandlungen"
Die Ukraine und Moldau haben seit Donnerstagabend offiziell EU-Beitrittskandidatenstatus. Hierzu habe es bei den skeptischen Ländern – und auch bei ihm – einen “Meinungsumschwung” gegeben , erklärte der Kanzler, der zuvor noch dagegen war.
Ob Österreich bei der Entscheidung um den Kandidatenstatus der Ukraine (und Moldau) “einknicken” wird, hatte der eXXpress in der ersten Tageshälfte am Donnerstag noch gefragt, bevor in den Abendstunden dann feststand: Ja, wird es – und ist es. Die anfängliche “Skepsis” und den Widerstand, für den nicht nur Nehammer selbst, der sich zunächst für eine Art Zwischenlösung ausgesprochen hatte, sondern auch einige andere EU-Länder waren, schien sich aufgelöst zu haben, nachdem Charles Michel am Abend per Twitter verkündete, dass die Ukraine und Moldau ab sofort offiziell Kandidaten für einen EU-Beitritt sind (der eXXpress berichtete). Doch woher kam der Sinneswandel – vor allem auf österreichischer Seite?
Nehammer: "Es gab einen Stimmungsumschwung - nicht nur bei mir selbst"
Diese Frage beantwortete Bundeskanzler Karl Nehammer noch am Donnerstagabend selbst. In einem Statement räumte der Kanzler ein ein, dass es im Fall der Ukraine einen “Stimmungsumschwung” in der Europäischen Union gegeben habe – “nicht nur bei ihm selbst”. Auch Deutschland und Frankreich seien anfänglich “mehr als skeptisch” gewesen. Der Bericht der EU-Kommission habe aber gezeigt, dass die Ukraine und Moldau “reif” für den EU-Beitrittskandidatenstatus seien. Nachsatz: “Beitrittskandidatenstatus heißt noch nicht Beitrittsverhandlungen”, so Nehammer.
In Hinblick auf die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der EU-Erweiterung sagte Nehammer, es sei wichtig, den Österreichern Sicherheit zu geben. Es gebe die Sorge, dass man durch den Kandidatenstatus in den Krieg in der Ukraine hineingezogen werde, “das bedeutet es nicht”. Auch laufe schon parallel in der EU eine Diskussion darüber, dass man im Zuge der Erweiterung über eigene Strukturreformen nachdenken müsse.
Nehammer: Auch Bosnien könnte noch heuer EU-Kandidat werden
Weiters sah Nehammer auch die Möglichkeit, dass Bosnien-Herzegowina noch heuer ebenfalls den offiziellen EU-Beitrittskandidatenstatus bekommen könne. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass es wichtige Wahlrechts- und Verfassungsreformen umsetze, so der Bundeskanzler. Nehammer sprach von einem “Paradigmenwechsel”. Es sei gelungen, dass Bosnien “wieder in den Fokus zurückgekommen ist”, obwohl die Ukraine mit dem Krieg das dominierende Thema sei.
Nehammer erinnerte an die frühere Forderung, wonach Bosnien 14 Reformpunkte abarbeiten müsse. Bisher sei da wenig passiert, so der Kanzler. Wenn Bosnien-Herzegowina jetzt die Wahlrechts- und Verfassungsreform erfülle, habe das Land die klare Möglichkeit für den EU-Beitrittskandidatenstatus. Sobald alle 14 Punkte erfüllt sind, wären auch EU-Beitrittsverhandlungen möglich.
"Intensive Diskussionen" hinter den Kulissen
Nehammer berichtete von intensiven Diskussionen beim Gipfel über die EU-Erweiterung über dreieinhalb Stunden. Beim vorangegangenen Westbalkan-Gipfel habe sich gezeigt, dass die Frustration groß und die Fortschritte nach wie vor gering seien. Deshalb sei es wichtig gewesen, auch Bosnien eine Perspektive zu geben.
Die EU-Kommission sei vom Gipfel aufgefordert worden, den Prozess für den Beitrittskandidatenstatus zu beschleunigen. “Das wird dieses Jahr noch Ergebnisse zeigen.”
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