Von Lucas Ammann

Gerade einmal 22 Prozent aller wahlberechtigten Studenten in Österreich beteiligten sich dieses Jahr an den Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). 80 Prozent interessierten sich nicht für die aktivistische Vertretung und gingen deshalb nicht zur Wahl – zahlen müssen trotzdem alle: Wer in Österreich an einer Hochschule bzw. Universität studieren möchte, muss jedes Semester einen Zwangsbeitrag entrichten, der kürzlich auf 25,20 Euro angestiegen ist.

Immer wieder stellt sich daher die Frage, welche politische Legitimation die ÖH als Zwangsvertretung hat, wenn 80 Prozent der Studenten ganz offenkundig an ihr kein Interesse haben. In der Bundesvertretung der ÖH haben jedenfalls seit der vergangenen Wahl der „Verband Sozialistischer Student_innen“ (VSStÖ) sowie die „Grünen & Alternativen Student_innen“ (GRAS) gemeinsam eine Mehrheit. Vor kurzem veröffentlichten die beiden weit links stehenden Gruppen daher auch einen Koalitionsvertrag, der es in sich hat.

ÖH will Klassenkampf

Gleich in der Präambel malen die Verfasser des Programms den Teufel an die Wand: „Wir leben in einer Zeit massiver rechter, antifeministischer und wissenschaftsfeindlicher Backlashes – das sehen wir bei Extremfällen wie den USA, aber genauso in europäischen Staaten wie Ungarn und Polen“, heißt es dort. Aufgrund der Klimakrise stünden außerdem „die Lebensgrundlagen von Hunderten Millionen Menschen auf dem Spiel“. Aufgrund der Wahlerfolge von FPÖ und AfD will die ÖH „gegen queeerfeindliche und rassistische Narrative“ auftreten.

Besonders absurd wird es jedenfalls unter dem Kapitel „Politisches Selbstverständnis“, in dem die ÖH das Ziel aussteckt, den Kapitalismus abzuschaffen. Die Formulierungen erinnern an düstere Zeiten des Klassenkampfs: Der Kapitalismus beruhe auf „Ausbeutung von Menschen und ihrer Arbeitskraft“, der Staat würde „ausbeuterische Systeme wie den Kapitalismus oder das Patriachat aktiv stützen und aufrechterhalten“. Die ÖH will den „Kapitalismus und den Neoliberalismus an den Hochschulen bekämpfen“ – studentische Arbeitskräfte beim wissenschaftlichen Personal sowie „un- oder unterbezahlte“ Pflichtpraktikanten würden „ausgebeutet“. Die ÖH erklärt sich in dem Papier sogar mit „Arbeitskämpfen solidarisch“. Ziel sei „eine klassenlose Gesellschaft und die Überwindung des Kapitalismus“. Dass der Kapitalismus Grundlage unseres Wohlstands ist, findet freilich keine Erwähnung in dem Programm.

14 teure Referate

Neben einigen studienbezogenen Forderungen wie zum Beispiel jener nach mehr Studienbeihilfe findet sich auch ein eigenes Kapitel über „Klimapolitische Projekte“ im Koalitionsabkommen von VSStÖ und GRAS. Die ÖH will Professoren dazu „anhalten“, in einer eigenen Aktionswoche ihre fachspezifischen Inhalte mit der „Klimakrise zu verknüpfen“. Dafür soll es ein eigenes Umwelt- und Klimareferat geben.

Weiters geplant sind eigene Referate für „feministische Politik“, für „ausländische Studierende“, ein Referat für Sozialpolitik, ein „Queer-Referat“, ein Referat für Öffentlichkeitsarbeit, ein Referat für „antifaschistische Gesellschaftspolitik und Menschenrechte“, ein Referat für Bildungspolitik, ein Referat für Barrierefreiheit, ein Referat für pädagogische Angelegenheiten, ein Referat für internationale Angelegenheiten, ein Referat für wirtschaftliche Angelegenheiten, ein Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten sowie ein Referat für Studien- und Maturantenberatung.

Zusammenarbeit mit NGOs

Insgesamt kosten die 14 Referate für den Zwangsbeitrags- und Steuerzahler laut Jahresvoranschlag der ÖH alleine im Studienjahr 2025/26 insgesamt 407.862 Euro. Das ist ein Plus von rund 30.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Im gesellschaftspolitischen Bereich plant die ÖH eine „feministische Kampagne zu FLINTA*“ an Hochschulen (die Bezeichnung „FLINTA*“ soll für „Frauen, Lesben, inter-Personen, nicht-binäre Personen, trans- und agender Personen“ stehen, Anm.), eine „Anti-Rassismus-Konferenz“ und möchte mit NGOs wie „SOS Balkanroute“ oder „Zara“ zusammenarbeiten.

Millionen an Zwangsbeiträgen

Die ÖH steht immer wieder unter Kritik, weil sie mit Millionen an öffentlichen Geldern finanziert und gefördert wird und dieses Geld für ihre politische Agenda zweckentfremdet. Die ÖH ist eigentlich die gesetzliche Interessensvertretung von Studierenden in Österreich – sie soll laut Gesetz die allgemeinen und studienbezogenen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber staatlichen Organen vertreten. Der Kampf gegen den Kapitalismus oder den Klimawandel findet sich nicht als Aufgaben der ÖH im Gesetz – und sind wohl auch nicht studienbezogen.