Nicht länger Europas starker Mann: Schwere Wahl-Schlappe für Macron
Blamage für Frankreichs eben erst gewählten Präsidenten Emmanuel Macron bei der Parlamentswahl: Erstmals seit mehr als 30 Jahren steht der französische Präsident ohne absolute Mehrheit da. Die radikale Linke und besonders das rechte Rassemblement National legten kräftig zu.
Als großen Reformer Frankreichs und Europas will sich Macron (44) nach wie vor sehen. Das wird nun wesentlich schwerer, denn ohne Unterstützung eines anderen Lagers im Parlament wird er keinen seiner Pläne durchsetzen können. Bei der Parlamentswahl hat Macrons Zentrums-Lager die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung klar verfehlt. In der Endrunde am Sonntag kam es nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 245 der 577 Sitze.
Spektakuläre Erfolge für Rechts und Links
Das in Rekordzeit geschmiedete linke Bündnis des alt-linken Populisten Jean-Luc Mélenchon erzielte 131 Sitze im Parlament und wird damit stärkste Oppositionskraft. Spektakulär ist der Zuwachs des rechten Rassemblement National von Marine Le Pen, dass die Anzahl seiner Parlamentssitze auf 89 steigerte – gut elf Mal so viel wie bisher.
Die bisher stärkste Oppositionskraft im Parlament und traditionelle Volkspartei der konservativen Republikaner plus Verbündete kamen auf nur noch 74 Sitze, ein kräftiger Verlust. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 46,23 Prozent einen Tiefpunkt.
Die EU und Berlin werden voraussichtlich an Paris festhalten
Der eben erst für eine zweite Amtszeit wiedergewählte Politiker muss sich nun auf eine Beschränkung seiner Machtfülle einstellen. Um seine Reformvorhaben in Frankreich und Europa voranzutreiben, braucht er fortan die Zustimmung eines anderen Lagers – und Macrons gestärkte Gegner werden keine Möglichkeit ungenutzt lassen, Einfluss zu gewinnen. Eine solche Regierung nur mit einfacher Mehrheit gab es in Frankreich zuletzt unter Präsident François Mitterrand (1988-1991).
Berlin und Brüssel dürften auch künftig auf Frankreich bauen. Die deutsch-französische Achse ist für den Präsidenten eine Priorität. Gerade in der Ukraine-Krise rückten er und Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen. Gerne inszenierte sich Macron als Mittler im Ukraine-Krieg, der eine diplomatische Brücke zu Kremlchef Wladimir Putin aufrecht hält. Ob die Achse Berlin-Paris auch noch künftig so einflussreich sein wird, ist nun ungewiss.
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