Erst herrschte Frust, dann Wut – jetzt folgt die aus der Hüfte geschossene Reaktion: Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) lockert plötzlich 50 Millionen Euro für die heimischen Medien, deren Finanzierung ebenso nebulös ist wie die Vergabekriterien. Der Eindruck einer überhasteten Maßnahme drängt sich auf. Ohne transparente Regeln ist überdies klar: So macht man sich Medien gefügig. Aber der Reihe nach.

Zahlreiche Medienhäuser zücken den Sparstift

Österreichs Redaktionen stehen unter massivem Druck: Bei der Kleinen Zeitung sollen mehr als 30 Jobs fallen, der Standard streicht bis zu 25 Stellen, PULS 24 hat die neunköpfige Online-Redaktion geschlossen, und auch bei Die Presse steht ein Personalabbau bevor.

Bereits 2024 traf es den Kurier – bis zu 40 Stellen wurden gestrichen – und ebenso die Kronen Zeitung mit rund 40 Arbeitsplätzen weniger. Insgesamt rechnet die Gewerkschaft heuer mit rund 300 wegfallenden Jobs, rund 1.000 Medienschaffende sind beim AMS gemeldet.

Viel Geld ins Silicon Valley: Die Regierung macht sich unbeliebt

Parallel zu den Kündigungen hatte die Bundesregierung ihre Inserate im ersten Halbjahr 2025 um drastische 83 Prozent reduziert – auf nur noch 3,2 Millionen Euro. Was allerdings für böses Blut sorgte: Gleichzeitig flossen Millionen nach Übersee. Google und YouTube kassierten 7,6 Millionen Euro, Facebook und Instagram 6,7 Millionen Euro aus öffentlichen Werbebudgets – der exxpress berichtete.

Genau dieser Spagat – Sparflamme bei heimischen Medien, Millionen für US-Plattformen – löste massiven Ärger aus. Einen Tag später kündigt Babler plötzlich rund 50 Millionen Euro für neue Förderungen an. Geld jetzt – Regeln später.

Hintergrundgespräch im Parlament

Praktisch nahtlos anschließend an den „Weckruf“ der Journalistengewerkschaft lud Babler zu einem Hintergrundgespräch ins Parlament. Dabei übernahm er unhinterfragt die Klagen von der Medienkrise und versprach Rettung, finanziert – wie immer – vom Steuerzahler. „Zunehmend mehr Medien können sich nicht mehr aus eigenen Einnahmequellen finanzieren. Bestehende staatliche Förderungen können das nicht abfangen“, warnte er zunächst. Damit drohe ein „demokratiepolitisches Problem“.

Babler verwies auf die bestehenden Förderungen von rund 80 Millionen Euro jährlich. „Das ist keine kleine Summe. Aber offensichtlich funktioniert es trotzdem nicht“, meinte der SPÖ-Vizekanzler. Ziel sei es, diese Förderungen „neu aufzustellen“ und „treffsicherer“ zu machen. Gleichzeitig betonte er, dass eine „Grundabhängigkeit“ der Medien von Förderungen nicht erstrebenswert sei. Spannend.

Plötzlich Millionen – trotz „knappen Budgets“

Von einer Vertriebsförderung von 25 Millionen Euro ist nun die Rede: Sie soll Medienhäuser bei der kostspieligen Zustellung von Zeitungen unterstützen, aber erst ab 2026 greifen – und braucht davor noch die Zustimmung der EU-Kommission.

Hinzu kommt das Projekt „Meine-Zeitung-Abo“ mit rund 30 Millionen Euro. Damit sollen Medienhäuser eigene Inhaltspakete für Jugendliche „am Sprung zum Erwachsenwerden“ entwickeln, um sie langfristig an seriöse Marken zu binden und ihre Medienkompetenz zu stärken. Auch dieses Projekt ist noch völlig offen – „komplex“, ohne Starttermin, wie Babler selbst einräumte.

SPÖ-Spin: 105 Millionen ab 2026 – plus 30 Millionen extra?

Laut einer SPÖ-Presseaussendung steigt die staatliche Medienunterstützung durch die Vertriebsförderung 2026 auf 105 Millionen Euro. Zusätzlich sollen jährlich 30 Millionen Euro in das Jugend-Abo fließen. In Summe wären das mehr als 135 Millionen Euro – ohne veröffentlichte Scorecards, Jury-Regeln oder nachvollziehbare Kriterien. Politisch mag das großzügig klingen, praktisch bleibt es ein Blankoscheck.